Die wichtigste Regel der Woche lautet: Trauen Sie nichts und niemandem – erst recht nicht ihren Augen! Was Menschen in Main-Spessart im Laufe der letzten Woche gesehen haben – oder meinen, gesehen zu haben – geht wirklich auf keine Netzhaut.
Gerade die etwas dünnere Luft der alpinen Höhe am Gemündener Zollberg scheint dem ein oder anderen die Sicht leicht vernebelt zu haben. Ein älterer Herr nutzte dort die herbstlichen Windstöße, um einen Flugdrachen steigen zu lassen. "Abschalten. Freiheit genießen. Kindliche Freude wecken. Mal wieder Zeit für mich", soweit der Plan.
Dass rund 50 alarmierte Einsatzkräfte von Feuerwehr, Notarzt und Bergwacht haufenweise Drohnen losschickten, wie auf dem Filmset der neuen Staffel der Bergretter, muss für den Drachenzähmer wie der reinste Fiebertraum gewesen sein. Einige Beobachter hatten das Seil des Drachen nicht gesehen und diesen für einen trudelnden Gleitschirmflieger gehalten.
Man mag sich den Aufruhr gar nicht ausmalen, wenn jemand den Drohnenschwarm fälschlicherweise für den nächsten Kampfjet gehalten hätte, der gnadenlos über Main-Spessart donnert.
Versprochener Eisenriese taucht nicht auf
Für vergrößerte Pupillen sorgte auch ein historischer Sonderzug aus den 70ern. Die E-Lok kam aus Nürnberg und machte auf ihrem Weg ins Rheintal auch in Gemünden Station. Doch die vielen begeisterten Zugfanatiker sahen nicht die alte Dame aus Metall, die ihnen eigentlich versprochen wurde. Angekündigt war – alle Trainspotter auf Position – eine historische Dampflok aus dem Jahr 1940.
Der Veranstalter "Nostalgie-Zug-Reisen" musste von einem Achs-Schaden berichten. Der Name dieser Arbeitsgemeinschaft könnte so manchen Zugultra schon über den Verlust hinweggetröstet haben, ist aber noch nichts gegen den Verein, der die beschädigte Dampflok betreibt – "Faszination Dampf".
Die Suche nach dem Stadtslogan mit Rizz
Apropos pfiffige Namen und Sprüche: Das Karlstadter Stadtmarketing ist gerade auf der Suche nach einem lyrischen Schmankerl, denn auch Städte brauchen schließlich Slogans. In Main-Spessart weiß jeder: "Lohr macht Laune", "In Marktheidenfeld, da geht's dir gut" und früher wollte man "Aus guten Gründen nach Gemünden". Doch was ist mit Karlstadt, der MSP-Metropole?
Eigentlich wäre der Saupurzel mit seinem Flugplatz schon erste Wahl: "Karscht – da hebste ab!". Gut wäre auch der Spruch: "Karlstadter Therme mit Zementwerk-Wärme". "In Karscht kriegst du alles – auch Knöllchen vom Herrn B." wäre schon etwas vermessen.
Das gesuchte Sprüchle sollte auch die jungen Leute ansprechen. Allerdings sind heute auch Mittzwanziger für die aktuellen Ausdrücke schon wieder viel zu alt. Dass Karscht "cool" oder "lit" sein soll, würde bei den Youngstern nur ein abschätziges Lächeln hervorrufen. "Karscht hat Rizz" oder "Karscht machts auf Lock" wären da als Jugendworte schon zeitgemäßer – vom Gewerbeverein versteht das aber vermutlich niemand.
Sollten alle Stricke reißen, könnte man auch eine verstaubte Notlösung aus dem Aktenschrank holen, die alle Franken verstehen: "Karscht – passt scho".