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Lengfurt
Gegen den Fachkräftemangel am Beckenrand: Bädergesellschaft Wertheim übernimmt Betriebsleitung im Waldbad Lengfurt
Fachkräfte für Freibäder sind rar. Triefenstein holt sich deshalb ab kommender Saison Unterstützung aus Wertheim. Das könnte auch ein Modell für andere Bäder sein.
Das Waldbad in Lengfurt (Archivbild): Die technische Betriebsführung übernimmt ab kommender Saison die Bädergesellschaft Wertheim.
Foto: Sophia Scheder | Das Waldbad in Lengfurt (Archivbild): Die technische Betriebsführung übernimmt ab kommender Saison die Bädergesellschaft Wertheim.
Katrin Amling
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:57 Uhr

Gleich 17 Sechs-Tage-Wochen hatte Miro Andonovic im zurückliegenden Sommer als Betriebsleiter im Lengfurter Waldbad in seinem Kalender stehen – eine Vertretung hatte er nicht, sein einziger freier Tag in der Woche war der Montag, an dem das Bad geschlossen war. Jetzt hat er eine Anstellung als Sportlehrer an der Marktheidenfelder Mittelschule gefunden. Was für ihn ein Glücksfall ist, stellte die Gemeinde Triefenstein erneut vor die Herausforderung, eine Fachkraft für das Freibad zu finden.

Ab der kommenden Saison übernimmt deshalb die Bädergesellschaft Wertheim die technische Betriebsleitung im Waldbad. Die Triefensteiner Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock hatte bereits vor zwei Jahren Kontakt mit den Stadtwerken, als es so aussah, als könnte die Stelle nicht besetzt werden. Dann fand die Gemeinde mit Andonovic aber doch eine Fachkraft.

Den Kontakt von damals habe sie nun reaktiviert. "Ich möchte, dass dieses Schwimmbad offen bleibt", sagte Deckenbrock im Gespräch mit dieser Redaktion. Und das sei nun durch die Kooperation gesichert. Am Mittwoch hat die Triefensteiner Bürgermeisterin den Vertrag mit der Bädergesellschaft in Wertheim unterzeichnet.

Förderverein hat viel Arbeit in das Waldbad gesteckt

Dank des Fördervereins pro Waldbad, der die Gemeinde beim Betrieb tatkräftig unterstützt, ist das Bad heute laut Deckenbrock in einem guten Zustand. Der Verein hat sich 2017 gegründet, als die Schließung aus finanziellen Gründen drohte, und seitdem viel Zeit in die Sanierung gesteckt. Vor allem an den Becken musste einiges getan werden, da diese nicht dicht waren. In diesem Jahr steht außerdem noch ein Austausch der Pumpen bevor. Auch Klaus Scheller, Vorsitzender des Fördervereins, freut sich deshalb über die Kooperation mit der Bädergesellschaft: "Sonst wäre unsere Mühe umsonst gewesen", sagte er bei der Vertragsunterzeichnung.

Die Bädergesellschaft Wertheim übernimmt die Betriebsleitung des Lengfurter Waldbades. Bei der Vertragsunterzeichnung mit dabei (von links): Ingo Ortel (Betriebsleiter der Bädergesellschaft), Thomas Beier (Geschäftsführer), Wolfgang Stein (Aufsichtsratsvorsitzender), Birgit Tschöp (Geschäftsleitung Markt Triefenstein), Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock und Klaus Scheller (Vorsitzender des Fördervereins).
Foto: Katrin Amling | Die Bädergesellschaft Wertheim übernimmt die Betriebsleitung des Lengfurter Waldbades. Bei der Vertragsunterzeichnung mit dabei (von links): Ingo Ortel (Betriebsleiter der Bädergesellschaft), Thomas Beier ...

Scheller verspricht sich von der Zusammenarbeit vor allem technisches Know-How, da die Bädergesellschaft über qualifizierte Fachkräfte verfüge und so bei den Vorschriften auf dem neuesten Stand sei. Hier hätten sich die Ehrenamtlichen des Vereins mühsam einarbeiten müssen und nicht immer Zugang zu allen gesetzlichen Richtlinien gehabt. Die Vereinsmitglieder kümmern sich auch um die Reinigung und den Kassenbetrieb und sie sorgen dafür, dass das Bad nach Saisonende bereit für den Winter gemacht wird.

Kooperationen wichtig für den Erhalt kleiner Bäder

Generell wird es für kleine Gemeinden immer schwieriger, Personal für ihre Freibäder zu finden. "Der Fachkräftemangel ist auch am Beckenrand zu spüren", sagt Deckenbrock. Und ohne einen Betriebsleiter darf die Gemeinde das Bad nicht öffnen. Zu dessen Aufgaben gehören vor allem Kontrollen im technischen Bereich. Er überprüft zum Beispiel den Chlor-Gehalt und ph-Wert des Wassers, aber auch die Funktionsfähigkeit der Pumpen. Für den täglichen Betrieb stellt die Gemeinde zusätzlich einen Mitarbeiter, der dann aber keine Fachkraft sein muss. Auch ein Rettungsschwimmer muss immer vor Ort sein.

"Ich möchte, dass dieses Schwimmbad offen bleibt."
Kerstin Deckenbrock, Triefensteiner Bürgermeisterin

Wie groß der zeitliche Aufwand im Waldbad sein wird, lässt sich laut Ingo Ortel, Betriebsleiter der Bädergesellschaft, noch nicht genau sagen. Sein Team wird die neue Aufgabe zusätzlich übernehmen, ohne neues Personal einzustellen. Das werde jedoch gut machbar sein, vermutet Ortel, da das Waldbad ja auch bisher den technischen Anforderungen entsprochen habe und regelmäßig überprüft wird. Auch in Wertheim sei man auf der Suche nach weiterem Personal, das habe aber nichts mit der neuen Kooperation zu tun. Die Bädergesellschaft betreibt in Wertheim ein Freibad und ein Hallenbad. Für das Freibad in Wenkheim stellt sie die Betriebsleitung, so wie nun in Lengfurt.

Angesichts der finanziellen und personellen Probleme vieler kleiner Bäder hält Ortel Kooperationen wie diese für sehr wichtig. "Mir geht es um den Erhalt der Bäder", sagte er. "Vom einzigen Zukunftsmodell für den Erhalt der Bäderlandschaft" sprach auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Bädergesellschaft, Wolfgang Stein.

Für den Markt Triefenstein wird der Betrieb vermutlich günstiger

Abgerechnet wird durch den neuen Dienstleistungsvertrag auf Stundenbasis. Das ist laut Kerstin Deckenbrock eine gute Nachricht für die Triefensteiner Steuerzahlerinnen und -zahler, denn für die Gemeinde werde der Betrieb dadurch aller Voraussicht nach günstiger. Bisher wurde ein Betriebsleiter für zwölf Monate im Jahr bezahlt, was deutlich teurer sei als die Abrechnung nach Stunden.

Das Defizit, das Triefenstein durch das Waldbad hat, sei in den vergangenen Jahren bereits zurückgegangen. 2016 lag es bei 380.000 Euro jährlich, damals wurden noch zwei Betriebsleiter beschäftigt. 2020 lag es noch bei 180.000 Euro und zuletzt bei 130.000 Euro. Dass der Fehlbetrag für diese "freiwillige Aufgabe einer Kommune", wie Deckenbrock betonte, künftig noch geringer ausfallen könnte, freue sie. 

Für die Besucherinnen und Besucher des Waldbads wird sich durch die Kooperation nichts ändern, auch die Zusammenarbeit mit dem Förderverein bleibt bestehen. Ein Eröffnungstermin für die kommende Saison steht auch schon fest: Am Vatertag, 18. Mai, will das Waldbad die Freibadsaison einläuten.

 
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