
Das Regionalwerk Main-Spessart ist aktuell in aller Munde. Jede Woche wird in mehreren Stadt- und Gemeinderäten im Landkreis darüber abgestimmt, ob man der GmbH als Kommune beitreten möchte oder nicht. Die Verantwortlichen im Landratsamt sind seit zwei Jahren mit dem Thema beschäftigt. Im Mai 2024 wurde erstmals von einer GmbH-Lösung gesprochen, wie Sebastian Kühl, Leiter der Regionalentwicklung, und Philipp Mähler, Projektmanager Energiewende, im Gespräch mit dieser Redaktion erklären.
Von den 40 in Frage kommenden Kommunen im Landkreis konnten sich 39 bereits im vergangenen Jahr vorstellen, einem Regionalwerk Main-Spessart beizutreten, um von Projekten mit Erneuerbaren Energien im Landkreis finanziell zu profitieren. Jetzt müssen die Kommunen final entscheiden, wer mitmacht und wer nicht. Aktuell liegen laut Kühl 14 positive und fünf negative Beitrittsbeschlüsse vor (Stand: 1. April). Gut die Hälfte der Beschlüsse steht noch aus.
Doch welche Konsequenzen hat ein Beitritt und mit welchen Investitionen ist er verbunden? Wir klären die wichtigsten Fragen rund um Flächensicherung, Aufbau oder Finanzierung des Regionalwerk Main-Spessart.
Was ist die Grundidee des Regionalwerks?
Das Regionalwerk Main-Spessart soll der Förderung der Energiewende im Landkreis dienen. Dafür sollen Windenergie- und Photovoltaikanlagen gemeinschaftlich projektiert und realisiert werden. Die GmbH, die hinter dem Regionalwerk steht, tritt als Partner der Kommunen auf. Gleichzeitig ist sie Dienstleister, um Wertschöpfung in der Region zu halten. "Die Leute sollen auf ein Windrad schauen, das sich dreht, und denken: 'Davon habe ich jetzt auch was und es profitieren nicht nur Externe'", fasst es Kühl zusammen.
Wie setzt sich das Regionalwerk zusammen?
Die Regionalwerk Main-Spessart GmbH fungiert als Dachgesellschaft, der drei Gesellschaftergruppen unterstehen. Sechs Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind mit insgesamt 26 Prozent dabei, der Landkreis Main-Spessart mit 15 Prozent. Die Mehrheit liegt aber bei den Kommunen. Städte und Gemeinden werden paritätisch mit 59 Prozent beteiligt. Das bedeutet: Je weniger Kommunen beitreten, desto größer ist die prozentuale Beteiligung der einzelnen Kommune.
In erster Linie versteht sich das Regionalwerk als Projektentwickler. Wenn entsprechende Flächen für Windenergie- oder Photovoltaikanlagen für die Region gesichert sind, kümmert sich das Regionalwerk um die Vorentwicklung einzelner Projekte. Das kann – um finanzielle Risiken zu minimieren – auch über externe Projektentwickler laufen, denen die Projektrechte verkauft werden. Betrieben werden die Projekte dann in Tochtergesellschaften verschiedenster Art, an denen sich auch Kommunen oder Bürger beteiligen können. Dass der Betrieb von untergeordneten Gesellschaften abgewickelt wird, ist laut Kühl rechtlich so vorgesehen.

Wem stehen welche Anteile zur Verfügung?
Im Regelfall liegen bis zu 15 Prozent der Anteile beim Regionalwerk. Auf das örtliche EVU entfallen bis zu 25 Prozent. Die Ortsgemeinde sichert sich mit bis zu 35 Prozent den größten Anteil, von dem wiederum mindestens 15 Prozent über eine Bürgerbeteiligung laufen müssen. Allen anderen Gesellschaftern – darunter Kommunen ohne eigene Flächen oder der Landkreis – stehen insgesamt 25 Prozent zuzüglich zuvor nicht abgerufener Anteile zu.
Dürfen Kommunen ohne eigene Flächen für Windkraft oder Photovoltaik beitreten?
Ja, dürfen sie. Dem Regionalwerk können auch Kommunen beitreten, die kein eigenes Flächenpotenzial haben oder dieses bereits voll ausgeschöpft haben. Finanzieller Profit ist trotzdem möglich. "Eine Kommune, die von Windenergieanlagen umzingelt ist und kein Flächenpotenzial mehr hat, kann sich beispielsweise trotzdem an einem Windpark auf der Gemarkung einer anderen Kommune beteiligen", sagt Kühl.
Wie läuft die Finanzierung?
Es gibt eine Stammkapitaleinlage von insgesamt 25.000 Euro. Je nach Geschäftsanteilen teilen alle beigetretenen Kommunen sich diesen Betrag auf. Bei 35 Kommunen im Regionalwerk wären das zum Beispiel 421 Euro pro Kommune, bei 30 Kommunen sind es 500, was auch dem maximal zu zahlenden Betrag entspricht. Zudem ist eine jährliche Zuzahlung für die ersten zehn Geschäftsjahre vorgesehen, die bei jährlich maximal 6400 Euro liegt.
Laut den Verantwortlichen sei jedoch nicht davon auszugehen, dass eine Kommune über den Zeitraum von zehn Jahren tatsächlich 64.000 Euro zahlen muss. "Je nachdem, wie viele Kommunen sich beteiligen, liegt die Summe, mit der sich eine einzelne davon jährlich einbringt, vermutlich zwischen 2700 und 4000 Euro", so Kühls Einschätzung. Im Schnitt rechnet er mit 3000 Euro im Jahr pro Kommune. Das sei sozusagen der Preis, den man für die Dienstleistung des Regionalwerks zahlt, um am Ende von den Erträgen zu profitieren. Die GmbH soll sich im Idealfall irgendwann selbst tragen.
Auch wird es eine Ausstiegsoption nach fünf Jahren geben. "Wer dann die Reißleine zieht, bekommt einen Teil des eingebrachten Geldes wieder zurück. Je nach Unternehmenswert des Regionalwerks, werden der Kommune beim vorzeitigen Austritt 70 Prozent ihres Anteils ausgezahlt", erklärt Philipp Mähler. Unterm Strich verpflichtet man sich also nach Schätzungen des Landratsamts mit dem Beitritt dazu, mindestens 15.000 Euro (fünf Jahre mit jeweils 3000 Euro) einzuzahlen.
Welche Gremien gibt es im Regionalwerk?
Drei wesentliche Organe sind vorgesehen. Eine Person stellt die hauptamtliche Geschäftsführung und soll als Ansprechpartner für bis zu 48 Gesellschafter zur Verfügung stehen.
Auch wird es einen vierzehnköpfigen Aufsichtsrat geben. Ihm gehören die Landrätin, zwei weitere Mitglieder aus dem Landratsamt, sieben von den Städten und Gemeinden und vier von den EVU gewählte Mitglieder an. Diese Zahlen spiegeln grob die Beteiligungsquoten der einzelnen Gesellschaftergruppen wider. Zusätzlich wird es eine Gesellschafterversammlung geben, in der alle Beteiligten vertreten sind.
Eine zusätzliche Regelung wird sein, dass kommunale Gesellschafter der EVU nur dann unter den sieben gewählten Mitgliedern im Aufsichtsrat sein können, wenn der entsprechende Energieversorger nicht unter den vier gewählten EVU-Mitgliedern vertreten ist. "Interessenverflechtungen zwischen EVU und deren Gesellschaftern liegen in der Natur der Sache. Wir wollen mit dem Passus vermeiden, dass daraus Interessenkonflikte werden", so Kühl.
Wie sieht der weitere Zeitplan beim Regionalwerk Main-Spessart aus?
Bis Ende April will Kühl ein vollständiges Bild aller Kommunen und Energieversorger haben, was den Beitritt betrifft. "Strammen Schrittes" soll es dann an die Gründung des Regionalwerks gehen, auch im Hinblick auf die Flächensicherung.
Mähler hofft darauf, Anfang 2026 mit rechtskräftigen Windenergiegebieten arbeiten zu können. Allerdings gebe es eine "positive Vorwirkung". Das bedeutet, dass das Regionalwerk oder die Kommunen schon vor dem rechtskräftigen Beschluss über eine Fläche in die Planung einsteigen können. "Das Rennen ist längst eröffnet. Seitdem die Flächen für Energieanlagen veröffentlicht sind, haben Projektierer ein Auge darauf geworfen und stellen bereits Anfragen", so Mähler.