Wenn Jasmin Preising aus Zellingen "ihre Mädels" besucht, trägt sie Gummistiefel und jetzt im Sommer einen stylischen Hut, der sie vor der Sonne schützt. Die "Mädels" sind etwa 300 Legehennen und fünf Hähne, die zwischen hochgewachsenen Gräsern und Blumen viel Auslauf haben. Denn Preising (35) ist Erlebnisbäuerin auf dem Hof ihres Mannes Johannes (39).
Sie hat sich zur Erlebnisbäuerin qualifiziert, um die erlebnispädagogischen Angebote auf professionelle Füße zu stellen. Der mehrwöchige Kurs zielt darauf ab, andere für die Landwirtschaft zu begeistern und eine zusätzliche Einkommensquelle aufzubauen (siehe Infokasten).
"Wenn ich andere Menschen, die nichts mit einem Bauernhof zu tun haben, mit Kleinigkeiten beeindrucken kann, dann macht mich das stolz", sagt die 35-Jährige. Sie zeigt Kindern zum Beispiel, dass man ein hartgekochtes Ei schnell und gleichmäßig drehen kann, fast wie einen Kreisel. Ein rohes Ei hingegen ist schwerfälliger. "Die Kids sind stolz, wenn sie zu Hause mit ihrem Wissen beeindrucken können."
Jasmin Preising will Teams stark machen
Dieses Verhalten kennt sie von ihren eigenen Kindern, die fünf und zwei Jahre alt sind. Der Große lernt auf dem Hof nebenbei zählen: "Eins, zwei, drei Strohballen." Doch der Bauernhof solle nicht nur Lernort sein, findet Preising: "Für mich ist es interessanter, Menschen wachsen zu sehen."
Sie will Teams stark machen: indem sie Kinder und Jugendliche dabei unterstützt, ihr Selbstbewusstsein zu fördern und indem sie Trainings für Erwachsenengruppen anbietet. Bevor die Kinder kamen, war Preising im Vertrieb tätig. Sie habe in diesem Job gelernt, wie sie auf andere wirkt und wie man jemanden dazu bringt, etwas zu kaufen. Das habe ihr zwar Spaß gemacht – doch rückblickend nicht erfüllt. Sie habe dann überlegt, Verkaufstrainings anzubieten. Doch: "Ich bin sehr empathisch." Es habe ihr widerstrebt, Menschen auszubilden, die nur Profit machen wollen.
Frische Luft hilft, Gedanken schweifen zu lassen
Den Seminarort Bauernhof findet Jasmin Preising ideal: "Draußen kann man freier denken als in einem geschlossenen Raum." Ablenkung bieten auf dem Biohof höchstens Vogelgezwitscher, Hühnergackern oder das Blätterrascheln der Bäume.
"Hätte mir vor zehn Jahren jemand gesagt, dass ich meine Pumps gegen Gummistiefel eintausche, hätte ich sicher nur laut gelacht", sagt sie. Mit der Landwirtschaft hatte sie nichts zu tun, bevor sie ihren Mann Johannes kennenlernte. Anfangs habe sie für ihn Büroarbeiten übernommen, später dann ihre Ideen mit der Direktvermarktung, den Hühnerpatenschaften oder Veranstaltungen umgesetzt. Was auf dem Hof und bei "den Mädels" los ist, zeigt sie regelmäßig auf dem Instagram-Profil des Biohof Preising.
Kinder helfen gerne beim Ernten von Wassermelonen und Kartoffeln
Schon seit einiger Zeit kommen Familien auf den Hof, um dort Kindergeburtstage zu feiern oder die Kinder laden Freunde ein, die bei der Ernte der Wassermelonen oder beim Kartoffelklauben helfen. Viermal im Jahr kommen die Hennen-Paten auf den Hof, um gemeinsam zu basteln und zu spielen.
16 Tage lang war Preising an unterschiedlichen Seminarorten in ganz Bayern. Im Anschluss hatte sie eine Prüfung, bei der sie ein Teamtraining für Erwachsene anleitete. Das will sie auch zukünftig schwerpunktmäßig machen.
Jasmin Preising: Landwirtin klingt zeitgemäßer als Bäuerin
Preising wählte für ihre Prüfung eine Gruppe junger Frauen aus – die meisten kannten sich untereinander nicht. Mit dabei waren Mütter, die neben ihrer Tätigkeit als "Familienmanagerin" in Teilzeit arbeiten, ebenso wie kinderlose Vollzeit-Führungskräfte. "Es war toll zu beobachten, wie sich die Gruppendynamik entwickelte", erinnert sich die 35-Jährige.
Auch wenn sie jetzt Erlebnisbäuerin ist: Preising findet den Begriff "Bäuerin" sehr veraltet. Damit könne sie sich nicht identifizieren. Landwirtin klinge zeitgemäßer. Den Biohof hat Johannes Preising im Jahr 2016 als reinen Ackerbaubetrieb von seinem Vater im Nebenerwerb übernommen.
Obligatorischer Besuch bei den Hühnern
Nach und nach haben die beiden mit Unterstützung von Familie und Freunden den Hof umgestellt und bauen jetzt auch Früchte wie Amaranth, Linsen, Kidneybohnen, Zuckerrüben, Soja, Wassermelonen oder Kartoffeln an. Seit etwa 1,5 Jahren verkaufen sie unter anderem Blumensamen, Mehl, Nudeln aus eigenen Eiern, Hühnerbrühe, Eis oder Marmelade.
Familie Preising möchte nicht nur die Produkte weitergeben, sondern auch die Erlebnisse auf dem Hof mit anderen teilen. "Ich fühle mich dazu sogar verpflichtet. Unser Hof ist so groß, warum sollten wir das alles alleine nutzen?" Wie auf Bestellung fährt in diesem Moment eine Frau mit ihren beiden Enkeln mit dem Fahrrad vor. Sie kaufen eine Packung Eier und zwei Eis. Dann schauen sie nach den Hühnern – so wie es die meisten der Besucherinnen und Besucher des Hofs machen, sagt Preising.