An ihre ersten Monate als neue Wirtin des Sylvan? An die erinnert sich Diana Kühhirt noch gut. Unter Dauerstrom gestanden habe sie da. "Ich habe nächtelang nicht schlafen können, weil in meinem Kopf die Gedanken kreisten: Was machst du, wenn das Essen aus geht? Was passiert, wenn der Strom weg ist?", erzählt sie.
In ihrem siebten Jahr ist Diana Kühhirt in solchen Dingen gelassen. An diesem sonnigen Montag sowieso: Knapp drei Wochen Betriebsurlaub liegen hinter ihr.
2017 hat sie das Ausflugslokal als Unterpächterin übernommen. Die Gaststätte sowie die angrenzende Übernachtungs-Hütte sind im Besitz des Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Hauptpächter ist seit zirka 1972 die Sektion Main-Spessart des Deutschen Alpenvereins.
"Der Wald, die Abgeschiedenheit, das hat mich damals gereizt", erzählt Diana Kühhirt. Zusammen mit ihren Mitarbeitern ist sie immer mittwochs bis sonntags vor Ort. Sie kocht und kümmert sich um ihre Gäste. In der ersten Zeit erfuhr sie aber auch, welche herausfordernden Seiten das Leben ab vom Schuss haben kann. Sei es der alte Stromgenerator, der immer wieder mal streikte. Oder das Zittern, ob es der Saugwagen zur Leerung der Sickergrube bei Eis und Schnee zur Hütte schafft – oder nicht.
Der alte Generator ist mittlerweile ersetzt. Dafür gibt es neue Situationen, die zu bewältigen sind, wie zum Beispiel Starkregenfälle. "Uns ist das Wasser teils bis in die Gaststube gelaufen", erinnert sich die Wirtin. Also musste eine Ablaufrinne her, ebenso wie eine Hangstütze gegen Geröll. "Du lebst eben mit einem alten Gebäude und musst dich manchmal überraschen lassen, was als nächstes passiert", beschreibt Diana Kühhirt.
Zum Beispiel 2020: Durch Corona und die Auflagen für Gastronomie war schnell klar, dass der urige Gastraum nicht mehr zur Bewirtung genutzt werden konnte. In der gemütlichen, aber auch engen Stube waren die Abstände einfach nicht einhaltbar. Damit der Betrieb weiterlaufen konnte, entstanden auf dem Vorplatz, zusätzlich zu den Tischen und Bänken unter freiem Himmel, sechs überdachte Sitznischen, jeweils durch eine Bretterwand getrennt.
Musikantenstadl, Mosthütte, Heinrichsbachhütte – mittlerweile hat jede Hütte auch einen eigenen Namen und kann von Gästen reserviert werden. Weitere 50 Sitzplätze entstanden in der Holzhalle gegenüber vom Forsthaus. Lange Holzbänke und Tische stehen hier nun, die Bänke mit Fellkissen ausgestattet, die Wände holzgetäfelt. Nach wie vor gibt es die Sitzplätze auf der unteren Terrasse mit Blick in den Weihersgrund.
Auch die Abläufe im Gaststättenbetrieb mussten an die Hygienemaßnahmen angepasst werden. Und so wurde der ehemalige Gastraum zum Orga-Raum – und ist es immer noch. Sehr zum Leidwesen einiger treuer Sylvan-Fans, die das Sitzen in der gemütlichen Stube mit dem grünen Kachelofen und den Hirschgeweihen an der Wand vermissen. "Wir würden den Raum gerne wieder aufmachen, derzeit geht es aber noch nicht", erklärt die Pächterin.
Grund seien Standards, die sich etabliert hätten und von denen man auch nicht wieder ablassen möchte, wie zum Beispiel beim Thema Besteck. "Früher hatten wir Bottiche, in die jeder gegriffen hat, um sich etwas zu nehmen", so Kühhirt. Seit Corona wird das Besteck in Servietten gewickelt und jedem Gast in die Hand gegeben. "Das möchte ich auch nicht mehr rückgängig machen", sagt die Wirtin. Aber um das vorzubereiten, brauche es eben Platz.
Platz, der zukünftig vielleicht an einer anderen Stelle geschaffen werden könnte. "Wir sind im Gespräch mit unserem Pächter, dem Alpenverein Main-Spessart, ob wir eine andere Lösung finden", so Kühhirt. Und auch der DAV bestätigt, dass sowohl er als auch die fürstliche Verwaltung dem Anliegen positiv gegenüber stünden. Konkretes könne aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden.
Nimmt man alle Sitzmöglichkeiten zusammen, gibt es mittlerweile mehrere hundert Sitzplätze rund um die Sylvan-Hütte. "Wir haben Tage, da kommen fünf Stammgäste und dann wieder welche, da kommen 400 Leute", so Diana Kühhirt. Sind es unter der Woche eher Rentner, die zum Sylvan wandern, kommen am Wochenende mehr Familien und junge Menschen.
"Was stark zugenommen hat, sind Radfahrer, vor allem E-Bike-Fahrer", erzählt die Wirtin. Mittlerweile hat sie Schilder aufgestellt, mit der Bitte, das Rad auf dem Platz zu schieben. Ebenfalls merklich: Die Leute sind seit Corona auf den Hund gekommen. Vor allem am Wochenende tummeln sich die Vierbeiner unter den Tischen. Deswegen gibt es mittlerweile eine Hundebar, an der es Metallnäpfe für Wasser gibt. "Und wir haben auch Hundesnacks", erzählt sie, selbst Besitzerin von Hund Lieselotte, die an dem ruhigen Montag noch den leeren Vorplatz genießt.
"Die muss sich erst mal wieder daran gewöhnen, wenn es voll wird", so Kühhirt. Und sie selbst? Sie genießt am Sylvan sowohl die Ruhe des Waldes, als auch, wenn es quirlig und voll wird. "Ich mag das Gespräch und den Austausch. Ich habe Stammgäste, die kommen jede Woche. Und wenn sie nicht kommen, dann rufen sie vorher an und erzählen mir, warum."
Schön sei auch, wenn Gäste kommen und ihr erzählen, dass sie vor 60 Jahren schon einmal da waren und wie es damals aussah. Beschwerden? Die gibt es natürlich auch schon mal, wenn es zu lange dauert oder etwas aus ist. "Hier hilft, zu erklären, warum es in einer abgeschiedenen Waldschänke alles ein bisschen anders läuft", erzählt die Wirtin von ihren Erfahrungen.
Zweimal im Jahr gibt es tagsüber auch Live-Musik, ebenso kämen Gruppen zum Wirtshaussingen. Für alle, die selbst Musik machen wollen, hat Diana Kühhirt ein Akkordeon und eine Gitarre parat, die sie gerne ausleiht. Klar ist, ab 18 Uhr ist Ruhe im Wald – für das Tierwohl. Und wer lieber nur den Vögeln zuhören will, kommt am besten unter der Woche.
Wie es weitergeht? Bis 2027 läuft Diana Kühhirts Unterpachtvertrag. Momentan würde sie diesen auch gerne verlängern. Denn "die meisten Leute schätzen, dass die Gaststätte noch da ist und freuen sich immer wieder, etwas Neues zu entdecken."