
In Wertheim (Lkr. Main-Tauber) könnte es in absehbarer Zeit einen Ersatz für die im Juni geschlossene insolvente Rotkreuzklinik geben. Entstehen soll dort ein "Bürgerspital Wertheim" mit drei Standbeinen: Eine Grund- und Regelversorgung mit rund 70 Betten, ein Zentrum für bariatrische Chirurgie (Adipositas-Behandlungen) und eine zentrale Notaufnahme. Zusätzlich ist eine stationäre neurologische Reha geplant. Der Wertheimer Gemeinderat hat am Montag in einer nicht-öffentlichen Sitzung den Beschluss gefasst, das Areal des ehemaligen Krankenhauses kaufen zu wollen.
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez zeigte sich am Mittwoch in einem Pressegespräch gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden zuversichtlich, dass damit die Versorgung in Wertheim und Umgebung in naher Zukunft wieder deutlich verbessert werden könne. "Wir alle merken und bekommen das auch gespiegelt, dass das Krankenhaus fehlt", so Herrera Torrez. Zwar seien die Kapazitäten des Bayerischen Roten Kreuzes verstärkt worden, doch es sei vor allem schwierig, für Notfallpatienten einen Platz in einer Notaufnahme zu finden.
Stillschweigen über den Kaufpreis vereinbart
Der Erwerb des Gebäudes wurde bereits mit dem Insolvenzverwalter der Rotkreuzklinik verhandelt, über den Kaufpreis habe man "Stillschweigen vereinbart", so der Oberbürgermeister. Dieser solle aber langfristig über Mieteinnahmen erwirtschaftet werden. Die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages könnte laut Herrera Torrez voraussichtlich noch im August erfolgen. Eigentümerin des Gebäudes soll vorerst die Stadtentwicklungsgesellschaft Wertheim sein, eventuell werde in Zukunft noch eine eigene Gesellschaft gegründet.
Um dieses Konzept realisieren zu können, brauche es Partner, wie Herrera Torrez immer betont hatte. Denn die Stadt soll lediglich Vermieter und Vermittler sein, nicht aber Betreiber. Zwei Partner hat die Stadt nun gefunden: Die Westfalenklinikgruppe und die Mediclin AG.
Die Westfalenklinikgruppe möchte an dem Standort das "Bürgerspital Wertheim" errichten. Die Gruppe betreibt vier Privatkliniken und drei Fachzentren in Deutschland und ist spezialisiert auf die Behandlung von Adipositas-Patienten. In Wertheim will die Gruppe in Kooperation mit der lokalen Ärzteschaft eine Grund- und Regelversorgung mit rund 70 Betten für Innere Medizin und Chirurgie etablieren. Etwa 25 weitere Betten sollen für die Adipositas-Chirurgie vorgehalten werden. Auch eine Notaufnahme soll es geben.
Gerade für den Erhalt der Notfallversorgung hatten sich die Wertheimer Bevölkerung und Ärzteschaft seit Bekanntwerden der Klinik-Insolvenz mit vielen Aktionen stark gemacht.
Notfallversorgung soll mit 2,75 Millionen Euro jährlich bezuschusst werden
Hier kommt aber wieder die Stadt Wertheim ins Spiel: Es sei kein Geheimnis, dass gerade die Notfallversorgung in dieser Größenordnung kaum ohne Defizit zu betreiben seien, so Herrera Torrez. Die Stadt sichert dem Betreiber deshalb eine jährliche Unterstützung von 2,75 Millionen Euro zu.

Diese Summe könne die 23.000-Einwohner-Stadt jedoch nicht allein stemmen, so Herrera Torrez. Man hoffe auf die Unterstützung von Nachbar-Kommunen, wie zum Beispiel dem Markt Kreuzwertheim (Lkr. Main-Spessart), der bereits in der Vergangenheit seine Unterstützung angeboten hatte. Große Erwartungen hat die Stadt außerdem an eine finanzielle Unterstützung durch den Landkreis Main-Tauber, da dieser für die Sicherstellung einer Notfallversorgung verantwortlich sei, so der Oberbürgermeister.
Mediclin AG will in Wertheim eine neurologische Reha einrichten
Geld bringen soll außerdem die Vermietung von Flächen an die Mediclin AG, die in dem Gebäude eine stationäre neurologische Reha betreiben will. Der medizinische Dienstleister mit Sitz in Offenburg will dort 88 Betten vorhalten.
Bei aller Freude über das erarbeitete Konzept machte der Oberbürgermeister klar, dass noch Hürden zu meistern seien: Voraussetzung für ein "Bürgerspital" sei die Aufnahme in den Landeskrankenhausplan, die Neu-Zulassung der Klinik und die Finanzierung der Leistungen durch die Krankenkassen. Von diesen habe man aber bereits positive Signale erhalten. Entscheidend sei natürlich auch, genügend Fachpersonal zu finden.
Wenn jedoch alles nach Plan verlaufe, könnte das "Bürgerspital" laut Herrera Torrez noch im vierten Quartal dieses Jahres eröffnen.