zurück
Arnstein
Diskussion zur Werntalbahn: Reaktivierung wäre laut Verkehrsclub Deutschland ein "Riesengewinn"
Der Wunsch, dass dort wieder Personenzüge fahren, ist bei vielen Menschen vorhanden. Die Umsetzung ist jedoch nicht ganz einfach, zeigte sich bei einer Veranstaltung des VCD in Arnstein.
Der Bahnübergang der Werntalbahn in Stetten: Warum es bei der Reaktivierung der Werntalbahn hapert, war Thema einer Veranstaltung des VCD in Arnstein.
Foto: Björn Kohlhepp | Der Bahnübergang der Werntalbahn in Stetten: Warum es bei der Reaktivierung der Werntalbahn hapert, war Thema einer Veranstaltung des VCD in Arnstein.
Wolfgang Dehm
 |  aktualisiert: 29.06.2024 02:50 Uhr

Könnte die eingleisige, 39 Kilometer lange Werntalbahn (WTB), die das südwestlich von Schweinfurt gelegene Waigolshausen mit Gemünden verbindet, für den Personenverkehr reaktiviert werden? Der Wunsch dazu ist vorhanden, allerdings gibt es auch Hürden, die eine Umsetzung erschweren. Das ist kurz zusammengefasst das Ergebnis einer Veranstaltung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), die vergangene Woche in der Arnsteiner Stadthalle stattfand.

Die Folgen der bisherigen Verkehrspolitik seien für jeden tagtäglich spürbar, durch Verbrennermotoren werde die Atmosphäre immer weiter aufgeheizt, sagte VCD-Mann Manfred Röder vor dem rund 100-köpfigen Publikum.

Deshalb wäre für seinen Kollegen Julian Glienke die Reaktivierung der elektrifizierten WTB "ein Riesengewinn". Auf der Stecke verkehren derzeit 10.828 Züge im Jahr und damit durchschnittlich 30 am Tag. Zum größten Teil seien dies Güterzüge, lediglich am Wochenende werde die Strecke auch von wenigen Personenzügen genutzt – allerdings nur zur Durchfahrt ohne Halt. Laut Glienke könnte man auf der Strecke durchaus noch zwei Züge pro Richtung und Stunde fahren lassen.

Anzahl der erwarteten Reisenden nicht hoch genug

Glienke zufolge wird eine Reaktivierung der WTB derzeit durch eine Studie der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ausgebremst. Laut dieser Studie seien auf der Strecke pro Tag lediglich 823 Reisende zu erwarten, statt der für Streckenreaktivierungen festgelegten 1000.

Dieser Maßstab sei aber aus Sicht des VCD nicht sinnvoll, sagte Glienke, denn auf mehr als der Hälfte der bayerischen Bahnnebenstrecken seien weniger als 823 Reisende pro Tag unterwegs. Außerdem brächte ihm zufolge die Einbindung der Werntalbahn bei der Verbindung des Rhein-Main-Gebiets mit Oberfranken 30 Minuten Zeitgewinn. Bahnstrecken seien leiser und klimaschonender als Autobahnen, so Glienke, und forderte ein Umdenken.

Er schlug vor, auf der WTB zunächst einmal mit wenigen Haltestellen zu beginnen: in Arnstein, Eußenheim und Thüngen. Der von den Kommunen zu leistende Bau der notwendigen Bahnsteige und Parkplätze an den Haltestellen werde mit bis zu 90 Prozent bezuschusst.

Landkreise haben eigenes Gutachten in Auftrag gegeben

Er sei "ein großer Befürworter" der WTB, betonte der CSU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab. Er ging davon aus, dass mittlerweile aufgrund geänderter Rahmenbedingungen das Kriterium von 1000 Fahrgästen pro Tag zu schaffen sein müsste; die Landkreise Main-Spessart und Schweinfurt hätten diesbezüglich ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.

Schwabs Landtagskollege Paul Knoblach (Grüne) meinte, eine Reaktivierung der WTB "wäre eine enorme Bereicherung" und böte die Möglichkeit, "das eine oder andere Auto stehen zu lassen".

Im ländlichen Raum sei immer noch das Auto das Hauptverkehrsmittel, sagte Susanne Keller, Managerin der kommunalen Allianz ILE Werntal. Allerdings müsse man das Ziel verfolgen, die Anzahl der Autos pro Familie zu reduzieren, beispielsweise durch Radwege, Parkplätze an den Bahnhöfen, Car-Sharing und Miet-Lastenräder. Wichtig sei, dass Buchung und Bezahlung für Nutzer einfach sein müssten.

Für Arnstein sei der ÖPNV eine große Herausforderung, sagte Bürgermeister Franz Josef Sauer. Bei der Finanzierung der Verkehrswende brauche man die Unterstützung von Bund und Land. Es gebe viele Gründe, für die WTB zu kämpfen, meinte auch Lorenz Strifsky, Bürgermeister von Thüngen. Wichtig sei, dies gemeinsam zu tun.

Benötigte Flächen oft in Privatbesitz

Die Diskussion mit den Besuchern der Veranstaltung – die meisten outeten sich als Befürworter einer Reaktivierung der WTB – verlief konstruktiv und harmonisch. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als ein Mann, nach eigenen Angaben Mitglied der Arnsteiner Grünen, die geplante B 26n ins Spiel brachte und diese als nicht mehr zeitgemäßes "Wahnsinnsprojekt" bezeichnete.

Als daraufhin die Stimmung im Saal zu kippen drohte, griff Thorsten Schwab ein. Es gehe hier um die WTB und es sei nicht fair, das Nebenthema B 26n aufzumachen. Damit kehrte wieder Ruhe ein.

Ein Mann, der sich als Befürworter der WTB bezeichnete, mahnte an, realistisch zu bleiben. Für den Bau von Bahnsteigen und Parkplätzen an den künftigen Bahnhaltestellen müsse man nicht nur mit Kosten von zig Millionen Euro rechnen, sondern auch mit Umsetzungsproblemen, da die meisten der benötigten Flächen privat seien.

Das bestätigte Eußenheims Bürgermeister Achim Höfling, der sich als Fan einer Reaktivierung der WTB bezeichnete. In Thüngen hingegen sieht es anders aus. Dort habe die Gemeinde geeignete Flächen, sagte Bürgermeister Strifsky.

"Das wird alles nicht einfach", räumte VCD-Mann Röder ein. Dennoch appellierte er an die Lokalpolitik, nach geeigneten Flächen für Parkplätze zeitnah Ausschau zu halten.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Arnstein
Eußenheim
Stetten
Thüngen
Gemünden
Wolfgang Dehm
Allianz Würzburg
Bundesstraße 26n
Güterzüge
Lorenz Strifsky
Parkplätze und ruhender Verkehr
Paul Knoblach
Personenzüge
Stadthalle Schweinfurt
Thorsten Schwab
VCD Kreisverband Aschaffenburg-Miltenberg
Verkehrsclub Deutschland
Verkehrswende
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Marita Schwab
    Die Bahnstrecke Gemünden - Würzburg ist mitnichten die meistbefahrene Bahnstrecke Deutschlands, das könnte sie vielleicht in den 1980er Jahren gewesen sein, als die IC-Züge noch über die Strecke fuhren. Es gibt etliche Strecken, die stärker belastet sind, weil sie zusätzlich zu ähnlich vielen Güter- und Regionalzügen noch zahlreiche ICEs zu verkraften haben, z. B.: Hamburg-Hannover, Köln-Bonn, Frankfurt-Fulda, Frankfurt-Mannheim, Offenburg-Freiburg. Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Transport-Verkehr/Unternehmen-Infrastruktur-Fahrzeugbestand/Publikationen/Downloads-Betriebsdaten-Schienenverkehr/betriebsdaten-schienenverkehr-2080210207004.html , Karte S. 19.
    Marita Schwab (VCD Mainfranken/Rhön)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Marita Schwab
    Noch einmal für die, die bei der Veranstaltung nicht dabei waren, zum Mitschreiben: Der begrenzende Faktor für die Kapazität ist der größte Abstand zwischen zwei Kreuzungsbahnhöfen, das sind die 10 km zwischen Arnstein und Thüngen. Bei 10 Minuten Fahrzeit und jeweils wechselweise fahrenden Zügen könnte pro Richtung alle 20 Minuten ein Zug fahren. Mit etwas Toleranz kann man auf jeden Fall zwei Züge pro Richtung und Stunde, also insgesamt 4, unterbringen. das wären in 24 Stunden 96 Züge. Zurzeit fahren aber nur im Schnitt 30 pro Tag. Güterzüge fahren überwiegend nachts, Personenzüge am Tag, Also könnte man ohne Probleme einen Personenzug pro Stunde und Richtung unterbringen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Manfred Röder
    Im Bericht steht die Meinung eines Zuhörers "Mann, der sich als Befürworter der WTB bezeichnet" , der über Kosten von angeblich zig Millionen für Bahnsteige und Parkplätzen sprach. Wer selber in der Veranstaltung war und aufgepasst hat, konnte die Erläuterung dazu von H. Glienke verfolgen, der von ca. 800.000 Euro bei einer zweigleisigen Strecke (Schonungen) sprach. Und dass bei der bislang eingleisigen Strecke auch nur ein Bahnsteig ohne teure Unterführungen nötig ist. Ebenfalls wurden die 90% Zuschüsse für die Gemeinden deutlich dargestellt. Schade, dass der Autor diese Details wohl nicht erfasst hat, die aber zur Einschätzung wichtig sind.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    wann ist der Unsinn endlich ad acta? Für alle Unwissenden: das Teil ist zum größten Teil eingleisig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Buechner
    Dafür gibt es so komische Lichter, die abwechselnd rot und grün (manchmal auch gelb) leuchten, landläufig als "Signale" bezeichnet......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steffen Cyran
    Eine herablassende Antwort, die aber von krasser Unkenntnis zeugt.

    Die Werntalbahn dient als Entlastung der Strecke GEM-WÜ, der meistbefahrenen Bahnstrecke Deutschlands (!) und ist mit Güterzügen nahezu voll ausgelastet. Die Güter sollen ja bekanntlich auch runter von der Straße.

    Da kann Herr Buechner gerne mal mit seiner Modelleisenbahn zuhause ausprobieren, wieviele Personenzüge man da noch zusätzlich fahren lassen kann und wo auf der eingleisigen Strecke an den wenigen Begegnungsstellen man die Güterzüge "parken" will.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    aha! und wenn ihr Milchkannenzug dann in jedem Kaff anhalten soll, was macht dann der andere Zug, der in die Gegenrichtung ihre tausende Passagiere transportieren will?
    Tolle Lichter, ich lach mich schief
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten