Horst Wirth und sein Gasthaus "Zum Löwen" sind durch seine Freude an exotischen Speisen eine Institution weit über Rieneck hinaus. Bei ihm kamen schon mal Krokodil, Hai oder Dachs auf den Tisch. Weil sie kommendes Jahr beide 60 werden, wollen die Wirtsleute Horst und Ingeborg Wirth nun Ende Januar in Ruhestand gehen. Aber mit dem "Löwen", einem der ältesten Gasthäuser Deutschlands (erstmals urkundlich erwähnt 1547), soll es weitergehen. Nach fünf Generationen im Besitz der Familie Wirth wollen nun Susanne Klaus, 37, und Bastian Laschet, 33, die zuletzt in Berlin tätig waren, übernehmen.
Die Wirths und die künftigen Pächter verstehen sich blendend. Seit September vergangenen Jahres wohnt das junge Paar in Rieneck. Drei Tage die Woche arbeiten beide bereits im Löwen mit. Bastian Laschet war bis zur coronabedingten Schließung des "Markthallen Restaurants" in der "Markthalle Neun" (Wirth: "ein Muss in Berlin") in Berlin-Kreuzberg dort Chefkoch, Susanne Klaus Restaurantleiterin. "Ich habe mich zuerst in sein Kartoffelpüree verliebt und dann in ihn", sagt sie. Es sei klar gewesen, dass es nicht mehr aufmachen werde, also mussten die beiden sich etwas Neues suchen.
Der künftige Wirt, dessen Mutter aus Rieneck stammt, ist aufgewachsen in Flörsbach (Main-Kinzig-Kreis), seine Partnerin in der Oberpfalz. Seine Mutter habe mitbekommen, dass die Wirths den Löwen in Rieneck nicht mehr weiterführen wollen, also hat das Paar mal vorbeigeschaut und sich vorgestellt. Die Töchter der Wirths hätten nicht übernehmen wollen. "Plötzlich saß ein junges Paar vor uns", erinnert sich Horst Wirth. Susanne Klaus hofft, dass sich mit dem Löwen ihr Traum eines kleinen Familienunternehmens verwirklichen lässt. Der Löwen solle nicht nur Arbeitsplatz, sondern Lebensort sein, die Kinder könnten mit der Gastwirtschaft aufwachsen.
Das junge Paar steckt aber im Moment noch voll in der Sanierung des Häuschens von Bastian Laschets Großeltern. Das stand damals gerade zum Verkauf. Die beiden zeigen sich angetan vom zugehörigen Garten. Und weil auch das Gasthaus etwas umgestaltet werden soll, gerne "gemütlich-urig", wird es kommendes Jahr eine Pause geben. "Es soll ihrs sein, nicht unsers", sagt Horst Wirth.
Wenn die Wirths Ende Januar gehen, macht der Löwen deshalb zunächst einmal zu. Im Mai oder Juni soll dann wieder aufgemacht werden. Exotische Tiere wird es dann nicht mehr geben. Kochen wollen sie saisonal und frisch mit regionalen Produkten. "Es soll nix Abgehobenes geben", sagen sie, sondern "regionale Wirtshausküche". Weil Bastian Laschet viele Köche kenne, soll es womöglich ab und an Küchengastspiele von Bekannten und deren Spezialitäten geben. Er selbst habe auch schon in Brasilien, Russland, Australien und Kanada in renommierten Hotels und Restaurants gekocht.
Auch Horst Wirth war als Koch jahrelang auf "Wanderschaft", deutschlandweit und auch in der Schweiz, seine Frau Ingeborg zog einst als Hotelfrachfrau durch die Lande. Der Rienecker hatte Möglichkeiten, so erzählte er es einmal, international in der besten Hotelbranche zu arbeiten oder ein gut geführtes Haus im Taubertal zu übernehmen.
Generalsanierung in den 90ern
Als Mutter Trudel, die damalige Wirtin, 1993 anfragte, ob sie den Löwen übernehmen wollen, entschieden sich die beiden dafür, das inzwischen seit 165 Jahren in Familienbesitz befindliche Gasthaus weiterzuführen. Er und seine Frau hätten sich aber ein Jahr gegeben, um zu entscheiden, ob es ihnen und ob es den Rieneckerinnen und Rieneckern gefällt. Wirth: "Wir haben vollen Erfolg gehabt und jede Menge Spaß." Allerdings hat seine Mutter Trudel damals noch mit Holzkohle gekocht. Also machte Wirth 1996/97 eine Generalsanierung, riss den wohl von den Grafen von Rieneck erbauten Löwen bis auf die Grundmauern aus dem 12. bis 17. Jahrhundert ab und baute ihn wieder auf.
Auch Susanne Klaus und Bastian Laschet wollen zunächst einmal schauen, wie es läuft, ob die Leute kommen. Sie geben sich drei Jahre. Ihr Konzept sieht auch vor, dass der Saal im ersten Stock, der momentan nur für Familienfeiern geöffnet hat, freitags und samstags auf sein soll. Sie könnten sich auch vorstellen, vor der Gaststätte einen kleinen Biergarten zu betreiben. Das hatten die Wirths auch mal versucht, nach vier Wochen allerdings mussten die 40 Plätze wieder weg wegen der Feuerwehrdurchfahrt. Horst Wirth kann ein Lied von Auflagen singen, die einem Wirt auferlegt werden.
Sollte es laufen, könnten sich die Neuen einen erneuten Umbau vorstellen. Horst Wirth will sich nicht ganz verabschieden und weiterhin ein paar Tage die Woche in der Küche helfen. Ein Catering wie bei den Wirths soll es zunächst nicht geben, aber vielleicht längerfristig. Schon vor der richtigen Wiedereröffnung im Frühling wollen die neuen Wirtsleute einmal ihre Türen öffnen: An Faschingsdienstag wollen sie aufmachen.
(Jaja, ich weiß schon: Rieneck ist eine Stadt…)