32 Wohnkabinen sind in der Erwin-Ammann-Turnhalle in Karlstadt aufgebaut: An den Seiten stehen Bauzäune, im Inneren vier bis sechs Feldbetten. An den Zaunelementen hängt weißer Vlies, um ein wenig Privatsphäre zu schaffen. Hier sollen im Laufe dieser Woche zunächst 54 Personen einziehen, fast ausschließlich Familien und zum Großteil aus der Türkei. "In einer Notunterkunft zu sein, ist für die Geflüchteten die anstrengendste Situation überhaupt", sagt Denise Dörner. Sie war vonseiten des Landratsamts hauptsächlich für den Aufbau in der Halle verantwortlich. Damit das Leben in der Notunterkunft und in der Umgebung gut funktioniert, bereitet ein ganzes Team aus verschiedenen Bereichen die Halle vor und begleitet nach dem Einzug das Leben dort weiter.
Bereits vergangene Woche wurde ein provisorischer Boden verlegt, um den Hallenboden zu schützen. Am Wochenende bauten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer von THW, Feuerwehr und dem Roten Kreuz die Wohnkabinen auf. Und bereits jetzt ist der Sicherheitsdienst im Einsatz. Das zeigt sich direkt am Eingang: Dort liegt eine Liste aus, in die sich alle eintragen müssen, die die Halle betreten.
Die Schulmensa muss nicht genutzt werden
Das muss vor allem auch aus Brandschutzgründen erfolgen, erklärt Nenad Kunst. Er ist als Gesellschafter des Mainfranken Reinigungs- und Sicherheitsdienstes mit seinem Team für die Verwaltung der Notunterkunft zuständig. Dazu gehört die Sicherheit und die Versorgung, aber beispielsweise auch die Unterstützung der Geflüchteten bei Arztterminen. Kunsts Unternehmen ist auch für die Notunterkünfte in Marktheidenfeld zuständig und betreute in der Vergangenheit ebenfalls die Unterkünfte in Gemünden und Arnstein.
In das Foyer der Turnhalle sollen demnächst noch Biertischgarnituren kommen, um eine Art Speisesaal zu schaffen. Das Catering konnte über das Klinikum Main-Spessart organisiert werden, sodass die Schulmensa nicht genutzt werden muss. Selbstständiges Kochen ist aus Brandschutzgründen nicht möglich. Eine Mikrowelle und einen Wasserkocher gibt es allerdings – damit die Familien Babys und Kleinkinder mit der passenden Nahrung versorgen können, erklärt Dörner.
Zwischen den festen Essenszeiten und der Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr können die Geflüchteten ihren Tag ein wenig selbst gestalten. "Die komplette Infrastruktur kann außerhalb der Ruhezeiten genutzt werden", sagt Kunst. Gemeint sind damit Waschmaschinen und Trockner sowie die Duschen und Umkleideräume der Turnhalle. Einen überdachten Hofbereich können die Geflüchteten nutzen und sich sonst in der Umgebung frei bewegen. Etwas Platz ist in der Halle übrig, damit die Kinder auch im Innenbereich spielen können.
Das geht derzeit noch, weil die Halle nicht bis zum Maximum von 200 Personen belegt werden soll. Sowohl in der Main-Spessart-Halle in Marktheidenfeld als auch in der Erwin-Ammann-Halle sollen, wenn möglich, nicht mehr als 180 Personen einziehen, so Dörner. Doch wann weitere Geflüchtete ankommen sollen und wie viele, kann sie nicht sagen. "Normalerweise wissen wir das vier bis fünf Tage vorher", sagt Dörner.
Schulsport mit Vereinshallen und Schwimmunterricht organisiert
Den Zutritt zur Halle überwacht der Sicherheitsdienst auch, um die Privatsphäre im Gebäude zu schützen. Besucherinnen und Besucher sind beispielsweise nicht im unteren Bereich mit den Wohnkabinen erlaubt. Auch wenn die Privatsphäre eingeschränkt ist, soll sie soweit möglich erhalten bleiben, so Kunst. Bei seinen Mitarbeitern im Sicherheitsdienst achte er auf die soziale Einstellung. So entstehe ein freundschaftlicher Umgang und gegenseitiger Respekt. "Wichtig ist für uns auch, dass die Geflüchteten zur Ruhe kommen", sagt Dörner. Beide Seiten, innen und außen, sollen sich mit der Notunterkunft wohlfühlen.
Zur Schule hin ist aus diesem Grund auch Sichtschutz aufgebaut. "In Karlstadt haben wir eine sehr einfache Logistik, es ist schön abgetrennt", sagt Kunst. Sebastian Gehret, Sachgebietsleiter für Schule, Sport und Kultur am Landratsamt, zeigt sich zufrieden mit den gefundenen Lösungen. "Man kann sich begegnen, das ist auch voll in Ordnung so", sagt er. Der Pausenhof sei nutzbar, der Schulsport zu 100 Prozent sichergestellt – durch eine Vereinshalle in Stetten, die Halle der Turngemeinde in Karlstadt und mehr Schwimmunterricht im Hallenbad. Auch für den Vereinssport seien Zeiträume in den Ausweichhallen gefunden worden und die Bahn für Leichtathletik auf dem Freisportgelände in Karlstadt werde nun beleuchtet.
Hilfsangebote brauchen eine Struktur
Auch Kreativangebote zwischen Schule und Geflüchteten wie in Marktheidenfeld könnten sich entwickeln, glaubt Dörner. Insgesamt gelte für alle Hilfsangebote: "Es ist wichtig, dass es eine Struktur hat." Wer etwa mit den Kindern malen oder spielen oder Kleidung vorbeibringen möchte, solle sich zunächst an die Integrationslotsin des Landratsamts (integration@lramsp.de) wenden. Etwas direkt an der Halle abzugeben, ist nicht möglich.
Dass am Ende alles läuft, wie es sich die Verantwortlichen vorgestellt haben, überlässt Kunst nicht dem Zufall: "Ich übernachte in so einer Unterkunft immer die ersten zwei Tage", sagt der Chef des Sicherheits- und Reinigungsdienstes.
Dort stehen gerade hundertausende, wenn nicht Millionen Hotelzimmer leer.