Nach dem Millionen-Schock für die daraufhin abgeblasene Sanierung der Scherenberghalle gab es am Montag im Gemündener Stadtrat die nächste böse Überraschung: Aus den zunächst geschätzten 5,7 Millionen Euro für den Neubau des städtischen Kindergartens St. Martin wurden nach einer detaillierteren Kostenberechnung nun 12,5 Millionen brutto. "Die Kosten haben sich exorbitant geändert", sagte Planer Andreas Härder (Bad Kissingen). FWG-Fraktionsvorsitzender Gerhard Thumes, von Beruf Tierarzt, kommentierte in Richtung Presse: "Da müsste ich noch viele Kühe besamen, um die Kosten aufzubringen." Aufgrund der hohen Kosten müssen die Bauleistungen und weiteren Planungen, die auf den bisherigen aufbauen sollen, nun europaweit in einem sogenannten VgV-Verfahren ausgeschrieben werden.
Die Planer stellten am Montag noch einmal den Entwurf des Neubaus, an dem sich gegenüber dem Stand vor einem Jahr kaum etwas verändert hat, und die aktuellen Kostenberechnungen vor. Das neue Bauwerk an sich, das auf dem Sportplatz zwischen dem Hallenbad und dem Bahndamm im Hofweg entstehen soll, soll gut fünf Millionen Euro Kosten, hinzu kommen 3,8 Millionen Euro für die technischen Anlagen Heizung, Lüftung, Sanitär, Elektro und die beschlossene Regenerationsküche, 1,6 Millionen für die Außenanlagen und Freiflächen sowie 1,9 Millionen Baunebenkosten.
Bürgermeister Jürgen Lippert sagte, dass die Erstellung des Raumprogramms und das Einarbeiten der Wünsche des Personals seine Zeit gedauert habe. Aber man habe bezüglich der förderfähigen Flächen eine "Punktlandung" erzielt. Die Stadt hofft auf einen Millionenzuschuss vom Staat. Der förderfähige Betrag beträgt laut Bauamtsleiter Jörg Breitenbach 6300 Euro pro Quadratmeter förderfähiger Fläche, insgesamt betrage die Fläche 1250 Quadratmeter, was eine förderfähige Summe von knapp 7,9 Millionen Euro mache. Der erhoffte Zuschuss soll sich in einer Höhe von 50 Prozent plus x dieses Betrages bewegen.
Neubau könnte aus Beton, Holz oder auch Stahl sein
Zweiter Bürgermeister Werner Herrbach (FW-FB) forderte, dass in der Ausschreibung eine modulare Bauweise vorgesehen sein sollte und auch eine mögliche Alternative in Holzbauweise, um vielleicht die Kosten doch noch drücken zu können. Letzteres hofft auch der Bürgermeister. Planer Härder sagte, dass die Planung eine modulare Bauweise vorsehe. Es könne dann sowohl konventionell gebaut werden als auch mit Holz oder Stahl. Die Ausschreibung solle da keine Vorgaben machen. "Der Markt soll entscheiden, wo es langgeht mit den Kosten." Matthias Risser (CSU) sprach erneut an, dass man ja auch Holz aus dem Stadtwald nehmen könnte. Das, so Lippert, komme auf den Markt und den Bieter an.
Robert Lampert (CSU) merkte an, dass ja auch die an das Kommunalunternehmen Stadtwerke zu zahlenden Herstellungsbeiträge hinzukämen und dass die aus Kapazitätsgründen am bisherigen Kindergarten aufgestellten Container pro Jahr 70.000 Euro Miete kosten. Er gehe davon aus, dass der Kindergarten am Ende sogar 15 Millionen kosten werde. "Wir müssen da jetzt Dampf machen", forderte Lampert. "Jedes halbe Jahr Verzögerung verteuert diese Maßnahme enorm." Lippert nahm das persönlich: "Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass wir getrödelt haben." Baukostensteigerungen und die Coronazeit könne man ihm nicht anlasten. So wollte es Lampert aber nicht gemeint haben.
Lippert beschwerte sich zudem, dass einem erste Kostenschätzungen und Zeitpläne "immer wieder aufs Brot geschmiert" würden. Dann werde man solche frühen Schätzungen künftig eben nicht mehr nennen. Stadtrat Risser sagte dazu, dass solche Daten für den Stadtrat als erster Orientierungspunkt wichtig seien.
Kindergarten dorthin, wo jetzt die Scherenberghalle steht?
Wenn jetzt eh neu geplant werden müsse, könne man den Kindergarten ja auch gleich da bauen, wo jetzt die Scherenberghalle stehe, meinte Hans-Joachim Schüßler (Öko-Kreis). "Da steht aber die Scherenberghalle", entgegnete der Bürgermeister. Es müsse auch nicht neu geplant werden. "Wenn ich Haare hätte: haarsträubend", so Lipperts Kommentar.
Die 79-Kilowatt-Peak-Anlage auf dem Dach des Kindergartens ist laut Technik-Planer Stephan Paulus vom Würzburger Planungsbüro REA für den Eigenverbrauch ausgelegt. Ein Stromspeicher sei nicht vorgesehen, weil der eine lange Amortisationszeit habe und – etwa bei Abendterminen – nur selten gebraucht werde, sagte er auf Nachfrage von Hubert Fröhlich (Öko-Kreis). Und ob für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ladestationen für E-Autos vorgesehen seien, wollte Fröhlich wissen. Bisher nicht, so die Antwort von Paulus. Auch Lampert fände Ladestationen für die dann 35 bis 40 Mitarbeiterinnen sinnvoll. Lippert dankte für die Idee, die er als Anreiz für das Personal interpretierte.
Haushaltsplanung bildet neuere Kosten nicht ab
Auf Vorschlag des Bürgermeisters wurde die Haushaltsplanung für 2023 in Sachen Kindergarten nicht verändert. Bisher sind über den gesamten Zeitraum Kosten von sieben Millionen Euro und eine Förderung von 4,4 Millionen vorgesehen. Vielleicht habe man Ende des Jahres belastbarere Zahlen für den nächsten Haushalt, so Lippert. Mit der Gegenstimme von Robert Lampert, der gerne die aktuellen Zahlen im Haushalt gesehen hätte, beschloss der Stadtrat die Planungs- und Bauleistungen für den Ersatzneubau dem Wettbewerb zu unterstellen und die Haushaltsaufstellung für 2023 und die Folgejahre so zu belassen, wie sie ist. Lippert verkündete, dass der Haushalt voraussichtlich in der ersten Sitzung nach den Pfingstferien beschlossen werden soll.