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Trennfeld
Zwischen Naturschutz und Sicherheitsrisiko: Biber im Klostersee bei Trennfeld schreckt vor Badegast nicht zurück
Die Anpassungsfähigkeit der Nagetiere stellt den Sportfischerverein vor enorme Herausforderungen. Biber verursachen erhebliche Schäden.
Am Triefensteiner Klostersee in Trennfeld haben sich mehrere Biber angesiedelt – sehr zum Unmut von Helmut Gesell vom Vorstandsteam des Sportfischervereins Trennfeld.
Foto: Dorothea Fischer | Am Triefensteiner Klostersee in Trennfeld haben sich mehrere Biber angesiedelt – sehr zum Unmut von Helmut Gesell vom Vorstandsteam des Sportfischervereins Trennfeld.
Dorothea Fischer
 |  aktualisiert: 02.05.2024 02:45 Uhr

Von Mai bis Oktober schwimmt Helmut Gesell mehrmals wöchentlich im Klostersee in Trennfeld. Er wohnt direkt hinter der Uferböschung. Bei einer seiner Runden im vergangenen Frühsommer bemerkte er plötzlich, dass er auf einen Biber zu schwamm. "Aus 15 Meter Distanz ging er mich direkt an", so Gesell. Auch als er zweimal die Richtung geändert habe, sei ihm das Tier gefolgt. "Ich wurde dann sehr schnell."

Biber gebären im Frühling. Während der ersten Wochen bleiben die Jungen im Bau. Kommt man dem zu nahe, werden Elterntiere aggressiv, um den Nachwuchs zu verteidigen. Da Biber sehr große, breite Zähne haben, können sie tief beißen. Treffe der Biss etwa eine Beinarterie, könne dieser potenziell tödlich sein.

Biber schreckt vor Badegästen nicht zurück

"Der Biber hat hier am See jegliche Scheu vor dem Menschen verloren. Ein Fluchtverhalten ist nicht gegeben", will Gesell, der im Vorstandsteam des Sportfischervereins Trennfeld für die Kommunikation zuständig ist, beobachtet haben. "Im Sommer wird der See täglich von bis zu mehreren hundert Badegästen besucht. Das sorgt nicht dafür, dass sich der Biber nicht im Badebereich aufhält."

Dort, wo heute der Klostersee ist, hat in den 1970er Jahren ein Unternehmen Kies entnommen. Danach hat es die ausgebeutete Grube an den Markt Triefenstein übergeben. Die Erteilung der Abbaugenehmigung war mit der Auflage verbunden, dass der See danach zum Baden sowie als Freizeit- und Erholungsgebiet genutzt werden kann, so Gesell. Was aber, wenn das Badevergnügen zur Gefahr wird?

Biber finden am Klostersee ein Paradies vor: einen großen Lebensraum und viel Nahrung. Doch für Badegäste und den Sportfischerverein Trennfeld werden die Tiere zur Gefahr und zur Plage.
Foto: Dorothea Fischer | Biber finden am Klostersee ein Paradies vor: einen großen Lebensraum und viel Nahrung. Doch für Badegäste und den Sportfischerverein Trennfeld werden die Tiere zur Gefahr und zur Plage.

Biberbiss sind keine offensichtlichen Gefahren am Badesee

Der Markt Triefenstein als Eigentümer des Klostersees habe eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht, erklärt Geschäftsleiterin Birgit Tschöp auf Anfrage. Das bedeute, dass offensichtliche Gefahren abgewehrt werden müssen. Biberbiss gehören dazu jedoch nicht. Sie verweist auf die Seeordnung. Dort steht, dass die Benutzung des Erholungsgebietes auf eigene Gefahr erfolge und für Sach- und Personenschäden keine Haftung übernommen werde.

Der Sportfischerverein Trennfeld hat zwischen 1974 und 1980 die ehemalige Kiesgrube und deren Umgebung zum Erholungsgebiet für Menschen und Lebensraum für Tiere umgestaltet. Damals wurden vom Verein zum Beispiel etwa 5000 Bäume gepflanzt. Auch ein Vogelschutzgebiet wurde mithilfe der örtlichen Naturschutzgruppe angelegt. "Wir als Verein kümmern uns um die Pflege des Gewässers und sehen uns als verlängerten Arm der Naturschutzbehörde", so Gesell. Der Verein mit seinen 250 Mitgliedern nutzt den See zum Angeln.

Biberschäden haben seit 2023 massiv zugenommen

Seit einigen Jahren fühlen sich am Klostersee auch Biber wohl. Der See beherbergt eine Familie, die je nach Jahreszeit bis zu sechs Bibern zählt, so Gesell. Die Schäden an Bäumen, die sie am Seeufer verursachen, hätten seit 2023 enorm zugenommen.

Im vergangenen Jahr waren mehrmals Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde vom Landratsamt Main-Spessart sowie die ehrenamtliche Biberberaterin Berit Arendt vor Ort. "Das Einzige, was uns immer wieder gesagt wurde: dass wir die gefällten Bäume liegen lassen sollen, bis die Rinde abgefressen ist, und dass wir die bestehenden Bäume mit Drahtgeflecht schützen sollen." Bei mehreren Hundert Bäumen sei das mit enorm viel Aufwand verbunden.

Auf Anfrage heißt es von der Pressestelle des Landratsamts, dass man die Fläche des Sees samt Umfeld in verschiedene Bereiche, in denen die Biber leben dürften oder nicht erwünscht sind, unterteilen könne. Es wäre hilfreich, die unkritische Zone für Biber attraktiver zu gestalten.

Die Baumschäden am Ufer des Trennfelder Klostersees sind enorm. An der östlichen Seite steht fast kein Baum mehr, weil die Biber im Winter auf Nahrungssuche waren.
Foto: Dorothea Fischer | Die Baumschäden am Ufer des Trennfelder Klostersees sind enorm. An der östlichen Seite steht fast kein Baum mehr, weil die Biber im Winter auf Nahrungssuche waren.

Der Klostersee sei jedoch nicht als Sonderfall oder gar kritischer Standort einzustufen. Angesprochen auf die Schilderung Gesells, er sei beim Schwimmen im Klostersee von einem Biber verfolgt worden, schreibt das Landratsamt: "Der Biber ist ein reiner Pflanzenfresser. Beim geschilderten Verhalten handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen Angriff, sondern möglicherweise um eine Fluchtsituation, beispielsweise vor einem Hund." Die Verteidigung von Revieren komme bei Bibern nur unter Artgenossen vor.

Sollte allerdings ein Biber nachweislich auffällig werden, sei gegebenenfalls über eine Vergrämung oder Entnahme des Tiers zu entscheiden. Dafür habe er kein Verständnis, so Gesell. Er wirft der Naturschutzbehörde vor, dass der Schutz des Bibers Vorrang vor dem des Menschen habe. Von Bibermanagement könne keine Rede sein, wenn nur auf die Bedürfnisse des Bibers geschaut werde, nicht aber auf andere Teile des Ökosystems, geschweige denn auf Menschen. "Wir möchten, dass der See gefahrlos genutzt werden kann – sowohl von Erholungssuchenden als auch von unserem Verein."

Gefahr: vermehrt Blaualgen und Fischsterben

Ein anderes Problem für die Sportfischer: Im Februar, als das erste Grün der Seerosen spross, haben die Biber deren sämtliche Triebe abgefressen. Etwa 200 Pflanzen sind betroffen. Auch diese hat der Verein vor Jahren gepflanzt und gepflegt, um Unterstände für die Fische zu schaffen und die Wasserfläche zu beschatten. "An heißen Tagen im Sommer hat das Wasser inzwischen auch in ein Meter Tiefe noch eine Temperatur von 29 Grad Celsius", erklärt Gesell. Wegen des niedrigen Sauerstoffgehalts würden Edelfische wie Zander oder Barsch sterben.

Bei langanhaltend hohen Temperaturen, viel Sonnenschein und geringen Windbewegungen bestehe die Gefahr, dass sich Blaualgen im See zu stark vermehren würden. Einige Blaualgen produzieren Giftstoffe, die für Menschen eine Gesundheitsgefahr darstellen können. Die Gemeindeverwaltung muss bei Bedarf ein Badeverbot erlassen, sagt Gesell.

Jetzt wird im Sportfischerverein darüber nachgedacht, zur Reinigung des Wassers und zur Reduzierung des Nährstoffgehalts neue Seerosen und weitere Wasserpflanzen in eingezäunten Bereichen anzupflanzen, sodass der Biber diese nicht fressen kann. Was das den Verein kosten wird, kann Gesell noch nicht abschätzen. Er rechnet damit, dass der reine Materialschaden, den die Biber bisher am Klostersee verursacht haben, etwa 14.000 Euro beträgt.

 
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  • Werner Müller
    Der Biber verbreitet sich überdimensional und richtet somit auch überdimensionale Schäden an. Es widerspricht die eine Tiergattung zu schützen, wenn andere dadurch in ihrer Vielfalt beeinträchtigt werden. Der Naturschutz des Bibers sollte seiner Population angepasst werden. An flussnahen Radwegen sind u. a. auch angefressene Bäume festzustellen, die Gefährdungen darstellen können. Sperren wir demnächst zu Gunsten des Bibers auch alle Radwege? Warum sollte der Biber noch weiterhin unter Schutz stehen und nicht bejagt werden dürfen?
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  • Alfred Holler
    und was ist mit dem Nutzen, indem er z.B. Wasser in der Fläche zurückhält und neuen Lebensraum für verschwundene Tiere und Pflanzen schafft (Stichwort Biodversität)
    Das geht wieder einmal unter!
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  • Werner Müller
    Biodiversität ist nur mit einer Revitalisierung von Bach- und Flussläufen möglich, um dem Biber seine natürliche Umgebung zu geben, Herr Holler. Darin scheitert aber Ihr und der behördliche Ansatz und der Biber wird langfristig bei vermehrter Population ein Konkurrent zum Menschen werden. In der Schweiz ist man da wesentlich weiter!
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  • Alfred Holler
    Der Biber braucht unsere stümperhaften Versuche nicht, er macht das selbst - wenn man ihn nur lässt.
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  • Werner Müller
    .... mit den Problemen, die im angeführten Artikel zutreffend beschrieben werden.......
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  • Helga Scherendorn
    und macht alles kaputt
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  • Thomas Hemmerich
    Der Lebensraum der Wildtiere und dazu zählt auch der Bieber wurden vom Menschen immer mehr eingeschränkt bzw vernichtet. Muss man den jedes Stück Natur für die Hobbys der Menschen nutzen? Der Nensch kann auf andere Badeseen oder Freobäder ausweichen. Letzters wurde sogar extra für Menschen gebaut. Also lasst den Tieren ihren Lebrnsraum.
    Was die gefällten Bäume angeht: Wenn ich mich in der Natur bewegen, muss ich aufpassen. Das muss ich als Autofahrer ja auch . Zudem: Wie viele Bäume fällt ein Bieber, wie viele der Mensch? Auch ....welchen Schaden fügt der Mensch dem Wald insgesamt zu. Nicht immer nur gegen die Tiere sondern mit ihnen, dass sollte für uns wichtig sein. Wie viele Tiere hat der Mensch durch sein wirken von diesem Planeten schon ausgerottet.
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  • Alfred Holler
    Wenn wir die Frage, wer da in wessen Welt eingedrungen ist, langfristig ehrlich beantworten würden, sähen wie sog. sapiens schlecht aus, gaanz schlecht.
    Aber zumindest wüten wir nicht mehr so, wie noch vor ein oder zwei Generationen und räumen auch anderen ein Lebensrecht ein; vielleicht ist es doch noch nicht zu spät - FÜR UNS!!
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  • Anton Müller
    Angler sind meiner Wahrnehmung nach immer sehr schnell dabei, sämtliche Umwelteinflüsse die sich evtl. nachteilig auf ihr Hobby ausüben könnten, als negativ darzustellen. Kann man gut bei Kormoran, diversen Gänsearten usw. beobachten. Was soll das bringen Tierarten gegeneinander auszuspielen? Das Problem sind doch nicht die Biber oder die Kormorane oder die Reiher usw. Es geht darum, dass der Lebensraum dieser Tierarten durch uns Menschen massiv eingeschränkt wurde und wird. Die Viecher gehen halt dahin, wo sie noch leben und sich vermehren können...

    Ach ja, ich bin selbst Angler am Main und habe die Fischereiprüfung als Jugendlicher absolviert.
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  • Helga Scherendorn
    seit wann ist der Biber ein Schädling? Wir sollten ihn schützen und uns weiterhin unterwerfen, koste es was es wolle.
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