
Jahrtausendelang konnte der Biber bauen, stauen und fressen wo er wollte. Heute ist jedes Fleckchen Land im Besitz des Menschen und der duldet selten die Aktivitäten des Nagers. Immer wieder kommt es deshalb zu Konflikten.
"Der Biber ist nützlich für Mensch und Natur. Wo er sich ansiedelt, entsteht ein vielfältiger Lebensraum", erklärt Gerd Reimer, ehrenamtlicher Biberberater für den Landkreis Main-Spessart. Seine Aufgabe ist es, Gemeinden und Betroffene bei Fragen und Problemen in Zusammenhang mit dem Biber zu beraten. Er arbeitet eng mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt unter Berücksichtigung des Artenschutzrechts zusammen.
Wann Bußgelder bis zu 50.000 Euro drohen
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist der Biber streng geschützt. Es ist unter anderem verboten, seine Behausungen und Dämme zu beschädigen oder zerstören. Eingriffe in den Lebensraum des Nagers können mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Vor allem bei Landwirten sei der Biber nicht sonderlich beliebt, sagt Reimer; doch vor allem Jüngere seien sehr kooperativ.

Auf Anfrage sagt Frauke Beck von der Pressestelle am Landratsamt, dass Zerstörungen von Biberbauten zunehmen würden – auch, weil es davon immer mehr gebe. "Aus Erfahrung wissen wir, dass die Verursacher meist gedankenlos handeln und es ihnen an Informationen mangelt", so Beck.
Reimer ist seit einem Jahr als Biberberater für Main-Spessart im Einsatz
Reimer meint: "Die Landwirtschaft beutet die Natur aus und reduziert die Artenvielfalt." In seiner Kindheit habe es viele Fasane, Rebhühner, Feldlerchen oder Feldhamster gegeben – sie alle seien nicht mehr da. Umso mehr freut er sich, dass sich der Biber in der Region wieder ansiedelt. Seine Liebe zu dem Tier und die Leidenschaft, mit der er Gemeinden und Anlieger berät, entdeckte der 63-Jährige, als sich die ersten Biber in Steinfeld ansiedelten.
"Das war 2021, gerade als ich in Vorruhestand ging." Zuvor hat Reimer als Technischer Modellbauer und Ausbilder bei Bosch-Rexroth in Lohr gearbeitet. Noch 2021 hat er seine Prüfung zum Biberberater abgelegt. Seit etwa einem Jahr ist er offiziell für den Landkreis bestellt; zusammen mit Berit Arendt, Bibermanagerin für Nordbayern. Der ehrenamtliche Biberberater wird bei etwa drei Einsätzen pro Monat gebraucht, vor allem im Frühling und im Herbst.
Seiner Meinung nach gebe es so viel zu tun, dass der Landkreis zwei weitere ehrenamtliche Biberberater beschäftigen sollte. Vom Landratsamt heißt es dazu: Für die Bewilligung weiterer Biberberater sei der Kreisausschuss beziehungsweise der Kreistag zuständig. "Die untere Naturschutzbehörde wird in diesem Jahr einen Antrag auf Aufstockung ab dem Jahr 2024 stellen."
Ärgernis für den Landwirt, Bereicherung für die Natur
Anfang Mai führte Gerd Reimer ein Einsatz nach Birkenfeld. Am Egerbach in Richtung Billingshausen siedelt ein Biberpaar. Versteckt unter einer Baumwurzel liegt die Biberburg. Dort wohnen die Tiere und dort ziehen sie ihre Jungen groß. Ein paar Meter weiter haben sie einen großen Damm gebaut, der das Bachwasser anstaut. Ein Teil des Wasser flutete den angrenzenden Gewässerrandstreifen und ein Stück eines Ackers.

Für den Landwirt ist das ein Ärgernis, für die Natur eine Bereicherung. Durch die Dämme verlangsamt sich die Geschwindigkeit des Bachlaufs, erklärt der Biberberater. Es entstehen verschiedene Kleingewässer, was wiederum das Wachstum der Pflanzen fördere und Insekten oder Vögel anlocke. Das Wasser, das über die Ufer tritt, kann in den Auen absickern und das Grundwasser speisen. Im entstandenen 40 Zentimeter tiefen Schwimmsee zieht nicht nur der Biber seine Bahnen. Auch kleine Fische, Kaulquappen oder Ringelnattern fühlen sich dort wohl.
Reimer sagt: "Wir versuchen immer, dass der Biber und der Mensch zusammen leben können." Wer von Aktivitäten eines Bibers betroffen ist, sollte die Naturschutzbehörde am Landratsamt informieren oder sich an die Gemeindeverwaltung wenden. Sie ist für Ausbau und Unterhalt kleiner Gewässer und Bäche (Gewässer dritter Ordnung) wie den Egerbach bei Birkenfeld zuständig. Bürgerinnen und Bürger dürfen dort nichts verändern.
Wie kann man Tier und Mensch gerecht werden?
Der Biberberater geht davon aus, dass das Biberpaar, das jetzt für Unmut sorgte, zuvor bereits eine Behausung und Dämme am Egerbach bachabwärts errichtet hatte. Unbekannte hatten die Bauwerke jedoch zerstört. "Zerstört man die Bauten des Bibers, baut er woanders neu", so Reimer.
Er lässt die Tiere, wenn möglich, fertig bauen, um zu sehen, wie man sowohl ihnen als auch den betroffenen Menschen gerecht werden kann. Für viele ein Ärgernis: Fällt ein Biber einen Baum. Im Herbst und Winter findet der Biber kein saftiges Gras. Deshalb versuche er an die Triebe der Bäume zu kommen. Klettern kann er nicht – bleibt nur, den Stamm zu fällen. Was kann man dagegen tun?

Hat der Biber einen Baum bereits umgelegt, sollte man ihn nicht wegräumen, sondern als Futterquelle und Lebensraum liegen lassen. Sonst werde der Biber einen neuen Baum fällen, so Reimer. Für Privatbesitzer hält das Landratsamt Drahtgeflechte zur kostenfreien Abholung bereit, die als "Hosen" um die Stämme gewickelt werden können.
So hat der Biberberater in Birkenfeld gehandelt
Am Egerbach bauten Reimer und Michael Hörning vom gemeindlichen Bauhof Drainagerohre in den Hauptdamm. Sie sollen dafür sorgen, dass das Wasser weiter im Bachbett fließt, anstatt sich auf dem benachbarten Acker zu sammeln. Während sie Durchlässe in den Hauptdamm schlugen, krabbelte ein paar Meter bachabwärts ein Biber behäbig aus dem Wasser. "Er hat die Wasserbewegungen gespürt und das Plätschern gehört", meint Reimer, "und schaut jetzt, was da los ist".

Müsste auch die Biberburg verändert werden, weiß Reimer am besten, wie man das angeht: Um die Jungen vor ihren natürlichen Feinden zu schützen, liegt der Eingang der Biberburg immer unter Wasser. Wer sich nicht auskennt, und vielleicht den Eingang trocken legt, dem könnte das Tier gefährlich werden. "Eigentlich ist der Biber ein friedliches Tier. Er wird aber aggressiv, wenn jemand seine Jungtiere bedroht."
Hier können durch stehende Gewässer im Trinkwassereinzugsgebiet der Birkenfelder Quelle Verunreinigungen entstehen.
Diese Problematik ist, meines Wissens nach, Herrn Reimer, der Main-Post, dem Gesundheitsamt und dem Wasserwirtschaftsamt bekannt.
Die Trinkwasserversorgung steht für die Birkenfelder an erster Stelle.
Ein wichtigher Punkt, der noch erwähnt werden sollte: gerade in der heutigen Zeit des Klimawandels spielt der Hochwasser-Rückhalt und das Wasserspeichervermögen in der Landschaft eine wichtige Rolle. Hierfür sorgt der Biber nachhaltig mit seinen Aktivitäten.
Was wollen die Landwirte? Gewässer und Gewässerrandstreifen sind ohnehin tabu, gelegentliche Überschwemmungen im Auenbereich sind auch nicht tragisch. So werden Hochwasserereignisse in Ortschaften abgemildert.
Einen Tipp hätte ich noch. Die Überlaufrohre Richtung Bibersee unbedingt mit einem großmaschigen Drahtgeflecht überstülpen, da sonst der Biber die Rohre in kürzester Zeit im Inneren zubaut. Das macht der gerne und der hat mehr Zeit als wir.