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Retzbach
Benediktushöhe: Regierung muss Pläne für Übergangswohnheim nochmal "prüfen"
Laut Regierungssprecher haben sich "baurechtliche Fragen" ergeben. Peter Keller, erster Leiter der Bildungsstätte, übt in einem offenen Brief Kritik an der Diözese für den Umgang mit der Benediktushöhe.
Die Benediktushöhe über dem Main bei Retzbach.
Foto: Wolfgang Piepers | Die Benediktushöhe über dem Main bei Retzbach.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 09.02.2024 08:00 Uhr

Seit Wochen steht im Raum, dass das zum Jahresende 2021 geschlossene Tagungshaus Benediktushöhe in Retzbach von der Regierung von Unterfranken als "Übergangswohnheim" für Geflüchtete angemietet werden soll. Allerdings will die Regierung laut Pressesprecher Johannes Hardenacke diese Pläne nach Abschluss der baurechtlichen Begutachtung durch das Landratsamt Main-Spessart nun noch einmal "überprüfen".

Misstrauen und Unzufriedenheit mit der Kirche sprechen derweil aus dem offenen Brief von Peter Keller an Würzburgs Bischof Franz Jung. Der Mitinitiator und erste Leiter der Retzbacher Benediktushöhe äußert darin Kritik an der Diözese im Zusammenhang mit der künftigen Nutzung der Bildungsstätte. Der 84-jährige Keller schreibt, er habe die Form des offenen Briefs gewählt, um sicherzugehen, dass der Bischof auch vom Inhalt erfährt. Schon in den vergangenen Wochen und Monaten hat Keller mehrfach kritisiert, dass kein Mitarbeiter von Bistum oder Diözese bisher das Gespräch mit ihm gesucht habe.

In seinem Brief erinnert er daran, dass es bei der Gründung der Benediktushöhe darum gegangen sei, vonseiten der Kirche etwas für Arbeitnehmer zu tun. "40 Jahre nach der Eröffnung erklärt nun die Diözese Würzburg, dass sie die Arbeitnehmerbildungsstätte Benediktushöhe als Unterkunft für Flüchtlinge an die Regierung von Unterfranken verpachten will. Ohne die Notwendigkeit zu verkennen, dass für Menschen auf der Flucht gesorgt werden muss, bin ich von einer solchen Verwendung ausgerechnet dieses Hauses bestürzt", schreibt er und folgert: "Wieder einmal entfernt sich die Kirche von den existenziellen Fragen der arbeitenden Bevölkerung."

Entfernt sich die Kirche von den Arbeitnehmern?

Die "technologische Revolution" stelle "die arbeitenden Menschen vor neue Herausforderungen". Keller fragt: "Ist nicht die Kirche – aus Sorge um das Wohl der Menschen wie auch aus pastoralen Gründen – geradezu verpflichtet, an der Front der Arbeit dabei zu sein?" Gemeinsam mit dem früheren Retzstadter Bürgermeister Reinhold H. Möller habe er der Diözese im Frühjahr 2021 einen Vorschlag zur Fortführung der Bildungsstätte "in einem Partnerschaftsmodell gemacht, an dem auch die evangelische Kirche sowie Wirtschafts- und Sozialverbände, möglichst auch Hochschulen, beteiligt werden sollten". Er fragt: "Warum ist die Diözese niemals auf diese Überlegungen eingegangen? Wird nicht eine Institution dringend gebraucht, die die Schnelllebigkeit der Arbeitswelt mit den sozialethischen Grundsätzen der Kirchen austariert? Wäre es nicht vorstellbar, dass die Benediktushöhe ein Zentrum für eine so notwendige Einrichtung werden könnte?"

Fotoserie

Keller erinnert daran, dass die Diözese bei der Ankündigung, vier Bildungshäuser in Unterfranken aufzugeben, betont hat, "vorzugsweise Träger zu suchen, die eine weitere Nutzung möglichst nahe am bisherigen Auftrag gewährleisten". Nun wisse er von einem ernsthaften Interessenten aus Zellingen, der ein derartiges Angebot abgegeben hat. Gemeint ist sein Fast-Nachbar Wolfgang Remling. "Bis heute hat er nicht einmal ein Gesprächsangebot erhalten. Wie soll ich mir als Steuern zahlender Bürger und katholischer Christ eine solche Verfahrensweise erklären?", schreibt Keller.

Kaufangebote weiterhin willkommen

Remling wollte das Haus für zunächst zwei Jahre mieten und zusätzlich zu den bisherigen sozialen und kirchlichen Angeboten an den Wochenenden unter der Woche berufliche Fortbildung ermöglichen und die 4o Zimmer mit 71 Betten als Monteurszimmer vermieten. Wenn sich das Konzept als tragfähig erweise, wolle er das Gebäude erstehen. Dieses Angebot hat er der von der Diözese mit dem Verkauf beauftragten Bank für Sozialwirtschaft (BfS) unterbreitet.

Zwar habe er nie eine Antwort der Diözese erhalten. Die BfS Service GmbH aber teilte ihm nach Berichterstattung dieser Redaktion mit, dass sie weiterhin mit dem Verkauf der Immobilie beauftragt sei. Er könne gern ein Kaufangebot abgeben.

Warten auf die Entscheidung

Eine offizielle Entscheidung über die Nachnutzung ist noch nicht gefallen. Das Landratsamt Main-Spessart hat laut Auskunft der Regierung von Unterfranken die Bauunterlagen der Benediktushöhe von 1981 geprüft und mit dem Ist-Zustand abgeglichen. Dabei ging es um die Frage, ob für die weitere Nutzung für soziale Belange Bestandsschutz gilt oder ob womöglich hohe Investitionen in den Brandschutz nötig sind. Regierungssprecher Johannes Hardenacke räumt ein: "Wir prüfen, welche Auswirkungen das Ergebnis der baurechtlichen Prüfungen auf unsere Pläne hat." Das deutet darauf hin, dass eine dem Vernehmen nach zunächst auf drei Jahre angelegte Nachnutzung als Übergangswohnheim zumindest nicht völlig reibungslos möglich ist.

Die Benediktushöhe wurde 1981 von der Diözese Würzburg als Stätte für soziale Bildung eröffnet. Wegen Finanzsorgen des Eigentümers wurde das Haus zum Jahresende 2021 geschlossen.

 
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    Warum treten Sie aus diesem Ignoranten, autoritären und undemokratischen Laden nicht einfach aus, Herr Keller? Oder glauben Sie immer noch, dass die katholische Kirche refirmierbar ist? Das dachte auch Luther ...
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