
Am Mittwochmorgen ging die Polizei erneut mit Razzien gegen Kriminalität in Unterfrankens Rocker-Milieu vor. Nachdem die Beamten am Dienstag vor allem Anhänger der Gruppe "Outlaws" im Visier hatten, durchsuchten sie am Mittwoch die Wohnungen von "Bandidos" sowie Clubheime beider überregional agierender Gruppierungen in den Landkreisen Main-Spessart, Würzburg und Miltenberg sowie im Main-Tauber-Kreis.
Die Razzien standen in Zusammenhang mit den Ermittlungen zur Auseinandersetzung in Marktheidenfeld am Samstag, 13. Juli. Am späten Abend sind rund 40 Anhänger der beiden Motorradclubs nahe einer Tankstelle aufeinander losgegangen. Bei der Attacke waren fünf Menschen mit Schlag- und Stichwaffen verletzt worden. Zum jetzigen Zeitpunkt geht die Staatsanwaltschaft Würzburg von einem versuchten Tötungsdelikt in zwei Fällen aus.
Seit dieser Auseinandersetzung wertet die unterfränkische Polizei Zeugenhinweise und Spuren aus. Die bisherigen Ermittlungen hätten zu den jetzt stattgefundenen Durchsuchungen geführt, erklärt Enrico Ball, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Ziel sei es, weitere Beweismittel der Auseinandersetzung zu finden. Ob die sichergestellten Beweismittel, unter anderem eine Vielzahl an Messern und weitere verbotene Gegenstände, dort zum Einsatz kamen, werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Von Dateien auf beschlagnahmten Handys und Laptops erhoffe man sich Hinweise auf Hintergründe der Auseinandersetzung.
Polizei will Zeichen setzen
"Wir wollen auch ein Zeichen setzen, weil eine Grenze überschritten wurde", sagt Ball über die Brutalität, mit der die Anhänger der Motorradclubs aufeinander losgegangen seien. Durch das gewählte Vorgehen zeige man, dass derartige Verhaltensweisen und Gewaltexzesse durch die unterfränkische Polizei zu keiner Zeit toleriert würden. "Der Rechtsstaat ermittelt mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen." Ein Polizeiexperte für Rocker-Milieus gehe davon aus, dass aktuelle Streitigkeiten um Gebiete der Hintergrund für die Auseinandersetzung in Marktheidenfeld gewesen seien.

Der Schwerpunkt der Durchsuchungen der Ermittlungskommission "Tankstelle", die von Beamten der Kriminal- und der Bereitschaftspolizei unterstützt wurde, lag am Dienstag sowie am frühen Mittwochmorgen auf privaten Wohnräumen von Verdächtigen. Am Dienstag gab es fünf Durchsuchungen. Am Mittwochvormittag wurden in Lohr und im Raum Marktheidenfeld (beide Lkr. Main-Spessart), in Waldbüttelbrunn (Lkr. Würzburg), in Großheubach und Weilbach (beide Lkr. Miltenberg) sowie in Großrinderfeld (Main-Tauber-Kreis) Objekte durchsucht.
SEK-Einsatz: Polizei ging von hoher Gewaltbereitschaft aus
An beiden Tagen wurden mehrere Menschen vorläufig festgenommen und nach erkennungsdienstlichen Behandlungen und Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen.
Dabei waren in Main-Spessart auch Kräfte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Nürnberg. Dieses sei zum Einsatz gekommen, weil man von einer hohen Gewaltbereitschaft der vermeintlichen Täter ausgegangen sei, sagt Ball. Am Mittwoch durchsuchten die Beamten zwei Vereinsheime der "Outlaws" in Roden (Lkr. Main-Spessart) und in Külsheim (Lkr. Main-Tauber) sowie eines der "Bandidos" in Miltenberg.
Räumlichkeiten durchsucht, Schreckschusswaffe gefunden
Enrico Ball erklärte am Einsatzort im Gewerbegebiet Roden, dass sich die rund 40 Polizeibeamten bewusst mit Blaulicht, Martinshorn und Durchsagen dem Clubheim genähert hätten, um auf sich aufmerksam zu machen. Man habe nicht riskieren wollen, dass die "Outlaws" die Aktion für einen Überfall der Gruppierung "Bandidos" halten würden. Bei einer solchen Aktion sei andernorts vor einigen Jahren ein Polizist getötet worden.
Die Beamten stellten jedoch schnell fest, dass sich zum Zeitpunkt der Razzia gegen 9.30 Uhr niemand auf dem Vereinsgelände des "Crossed Piston Saloon", wie auf einem Schild geschrieben steht, aufhielt. Das eingespielte Team verschaffte sich in kurzer Zeit Zutritt zum Gebäude, deaktivierte Überwachungskameras und durchsuchte die Räumlichkeiten nach Beweismitteln. Sie fanden unter anderem eine Schreckschusswaffe.
wer sich Samstagabend an einer Tankstelle mitten in der Stadt mit Waffen auseinandersetzt, überschreitet definitiv eine Grenze. Wenn die Herrschaften untereinander bleiben und sich in ihren Räumlichkeiten oder meinetwegen auf einem freien Feld prügeln oder abstechen wollen - bittesehr. Aber an dieser Tankstelle samstagabends um 22 Uhr hätten nicht nur Sie und ich nach einem gemütlichen Abend mit Freunden oder Familie in etwas verwickelt werden können, was man weder sehen noch erleben möchte. Und spätestens ab diesem Punkt finde ich unter aller Kanone, was die Rocker sich da geleistet haben.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bullmann, MPA