Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken (HWK), und Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer, zeigten sich am Donnerstag zufrieden mit den Entwicklungen des unterfränkischen Handwerks im vergangenen Jahr. "Dem Handwerk geht’s in Summe gut", sagte Paul. Trotzdem gibt es ein paar Baustellen, wie während des Jahrespressegesprächs klar wurde.
85,4 Prozent der etwa 19 000 unterfränkischen Handwerksbetriebe beurteilen die eigene Geschäftslage derzeit mit "gut" oder "befriedigend" – und das über alle Regionen hinweg. Das sind zwar 6,5 Prozentpunkte weniger als vor der Corona-Pandemie. Aber immerhin 3 Prozentpunkte mehr als 2020. Und das, erklärte Paul, sei ein positives Signal.
Dabei beurteilen nicht alle Branchen die Lage so gut: Von den Betrieben der persönlichen Dienstleistungen sind lediglich 60 Prozent zufrieden. Dies ist laut Hauptgeschäftsführer Paul vor allem darauf zurückzuführen, dass gerade Kosmetik- und Frisörläden mit massiven Einschränkungen und ständig neuen Corona-Vorgaben kämpfen mussten.
Handwerk: Mehr Betriebe, aber weniger Beschäftigte
Neben den coronabedingten Einschränkungen hat das Handwerk zudem weiterhin mit Personalmangel zu kämpfen. Zwar hat sich die Zahl der Betriebe binnen Jahresfrist um etwas mehr als 300 erhöht, auch der Umsatz ist gestiegen. Doch die Anzahl der Beschäftigten ist zurückgegangen.
Was zunächst paradox erscheint, erklärte Paul damit, dass die Neugründungen lediglich sehr kleine Betriebe seien. Oft habe nur eine Person einen Nebenerwerb gestartet. Hinzu komme, dass einige Betriebe wegen der Corona-Krise noch zurückhaltend bezüglich Neueinstellungen seien. Auch der Fachkräftemangel sei weiterhin ein großes Thema im Handwerk.
2021 wurden 13 Ausbildungsplätze mehr besetzt als 2020, ein Anstieg von lediglich 0,5 Prozent zum Vorjahr. Das sei eindeutig zu wenig, sagte Präsident Bissert und fügte an: "Der starke Rückgang 2020 von 7,6 Prozent konnte nicht aufgefangen werden."
Noch 1100 Ausbildungsplätze in Unterfranken frei
Zwar sind laut Kammer 2563 Ausbildungsplätze besetzt worden. Doch mindestens 1100 Stellen seien noch frei. Hinzu komme eine Dunkelziffer, deren Größe schwer zu schätzen sei. "Es gibt Betriebe, die haben es aufgegeben, neue Auszubildende zu suchen, nachdem sie zum dritten oder vierten Mal niemanden gefunden haben", erklärte Bissert.
Dass Stellen unbesetzt blieben, hänge nicht speziell mit der Corona-Krise zusammen, so Paul. Die Gründe seien vor allem der demographische Faktor, der zu weniger Schulabgängern führe, und der Fakt, dass immer mehr junge Menschen eine akademische Ausbildung anstrebten.
Bissert betont daher, wie wichtig es sei, die berufliche Bildung zu fördern. Er selbst werde in Unterfranken für das Handwerk werben, deswegen Schulen besuchen und auf Berufsmessen gehen. "Man muss stolz sein, ein Handwerker zu sein", sagt der Präsident.
Wie die Erwartungen des Handwerks in der Region sind
Für dieses Jahr erwartet die HWK ein deutlich verbessertes Geschäftsklima im Vergleich zu 2021 und 2020. Dies gründet auf ihrer Hoffnung, dass die Corona-Einschränkungen aufgehoben werden, und auf der guten Stimmung der Betriebe. Außerdem blickt man in der Kammer positiv auf die geplanten Klimaschutzprojekte, schließlich würden hierfür viele Handwerker benötigt.
"Das Handwerk ist die Exekutive des Klimaschutzes", sagte Paul. "Perspektivisch muss nur alles dafür getan werden, dass auch genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen."