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Kitzingen
Neues Wohnen in Kitzingen: Das grüne Projekt Etwashäuser Bahnhof
Erstmals wird Investor Wolfgang Rosentritt mit seinem Wohnbauprojekt im Stadtrat konkret. Er erntet Beifall für so viel grünen Ehrgeiz. Was macht das Vorhaben zu etwas Besonderem?
Neues Wohnen in Kitzingen: Das grüne Projekt Etwashäuser Bahnhof
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 10.02.2024 17:46 Uhr

Wolfgang Rosentritt hatte gar kein Glas, und doch taugte es am Ende als beliebtes Bild. War das Glas nun halbvoll? Oder war es halbleer? Als der Kitzinger Stadtrat am Donnerstagabend um 21.57 Uhr in alle Richtungen auseinanderstieb, war es für den umtriebigen Immobilienunternehmer aus Würzburg nicht leicht, den Wasserstand um sein Millionenprojekt am alten Etwashäuser Bahnhof zu deuten. Uwe Pfeiffle (FW-FBW) hatte dem Investor zwar noch einige Girlanden geflochten und zu verstehen gegeben, er möge jetzt „bitte nicht in schlechter Stimmung“ weggehen. Aber so einfach ist es nicht.

Ein Stimmungs- und Meinungsbild zu dem Projekt hatte der Stadtrat an diesem Abend in der Alten Synagoge nur insofern erkennen lassen, als sich keines der Mitglieder explizit gegen Rosentritts Wohnbauprojekt aussprach. Nach intensiver, aber wohltuend sachlicher Debatte stand letztlich der kleinste gemeinsame Nenner: Rosentritt darf bauen, man weiß bloß noch nicht, was. Und die Frage blieb, was der Investor aus der Diskussion mitnehmen wird. „Was heute Abend gesprochen wurde, hat auch Herr Rosentritt mitbekommen“, sagte Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU). „Jetzt liegt es auch ein Stück weit an ihm, wie er damit umgeht.“ Er wird seine Ideen wohl anpassen müssen.

Erstmals benennt Rosentritt die Zahl der geplanten Wohnungen

Immerhin: Rosentritt hatte geliefert. In einer „Konzeptstudie“ legte er Pläne vor, die er zwei Wochen zuvor bei einem Treffen mit Anwohnerinnen und Anwohnern des Bahnhofs noch schuldig geblieben war. Kalkül? So sahen es jene Beteiligten, die am Donnerstag zu einem Dutzend auf der Besuchertribüne saßen und sich zuvor intensiv vor dem Sitzungssaal ausgetauscht hatten. Erstmals war von einer konkreten Zahl der Wohnungen die Rede: 180 bis 220 sollen es sein in insgesamt acht Objekten. Im denkmalgeschützten Bahnhof selbst kann sich Rosentritt von Büros bis Gastronomie alles vorstellen. Nebenan soll ein Biergarten entstehen. Gartenstadt im Grünen, so sieht er selbst sein Projekt.

Bei einem Treffen mit Anwohnerinnen und Anwohnern der benachbarten Richthofenstraße am alten Etwashäuser Bahnhof wurde Immobilienunternehmer Wolfgang Rosentritt (vorn, Dritter von links) Anfang Juli noch nicht so konkret wie jetzt im Stadtrat.
Foto: Andreas Brachs | Bei einem Treffen mit Anwohnerinnen und Anwohnern der benachbarten Richthofenstraße am alten Etwashäuser Bahnhof wurde Immobilienunternehmer Wolfgang Rosentritt (vorn, Dritter von links) Anfang Juli noch nicht so ...

Was der Investor im Stadtrat präsentierte, war tatsächlich eine grüne Verheißung. Rosentritt hatte in seine Planung nicht weniger gepackt, als nach heutigem Stand ökologisch wünschenswert und machbar ist: Häuser mindestens im KfW-55-Standard, begrünte Flachdächer und Fassaden, eigenes Fernwärmenetz, betrieben mit Wärmepumpen und gespeist aus selbst erzeugtem Photovoltaikstrom, und das alles eingebettet in viel natürliches Grün.  Seine Begründung: „Wir haben sehr darüber nachgedacht, wie wir lebenswerten und qualitativ hochwertigen Wohnraum entlang der Nordtangente schaffen können.“

Neben der Gebäudehöhe gibt es einen zweiten Knackpunkt

„Kompliment für diesen wunderbar grünen Vortrag“, sagte Stadtentwicklungsreferent Thomas Rank (CSU). „Wenn wir es nicht besser wüssten, könnte man meinen, Sie bauen eine Gärtnerei.“ Dem sei aber nicht so. In dieser Form umgesetzt, ändere die Bebauung den Charakter Etwashausens massiv. Der Beitrag Ranks offenbarte beispielhaft das Dilemma, das der Stadtrat mit dem Projekt hatte: Einige äußerten sich „begeistert“ über die hochwertigen Pläne des Investors, zugleich hatten sie ein Problem mit der Wucht des Komplexes. Rosentritts Ansatz, einen „schmalen ökologischen Fußabdruck“ zu hinterlassen und dafür lieber in die Höhe als in die Breite zu bauen, wurde vielfach kritisch gesehen.

Der alte Etwashäuser Bahnhof steht unter Denkmalschutz. Rosentritt könnte sich darin Gastronomie und daneben einen Biergarten vorstellen.
Foto: Andreas Brachs | Der alte Etwashäuser Bahnhof steht unter Denkmalschutz. Rosentritt könnte sich darin Gastronomie und daneben einen Biergarten vorstellen.

Vier Häuserblocks entlang der Nordtangente mit jeweils fünf Vollgeschossen (plus Penthouse obendrauf), vier zurückgesetzte Stadthäuser mit jeweils vier Geschossen – das überstieg die Fantasie vieler im Rat. Rank sprach von einem „massiven Riegel“. Für Klaus Sanzenbacher (Grüne) „widerspricht“ das Projekt „der ganzen Bebauung in Etwashausen“. Der Kompromissvorschlag: Drei Stockwerke plus Penthouse – „alles andere geht nicht“.

Neben der Gebäudehöhe kristallisierte sich als zweiter Knackpunkt die Verkehrsführung heraus. Jens Pauluhn (ÖDP) sagte, die Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten Richtung Nordtangente müssten mit dem Staatlichen Bauamt geklärt werden.  „Wenn so etwas kommt“, sagte Sanzenbacher, „muss der Verkehr über die Umgehung laufen. Das geht nur mit einem Kreisverkehr.“

An den Kosten des Kreisels, geschätzt rund eine Million Euro, war bereits Rosentritts ursprüngliche Idee zerschellt, das Gebiet mit Lebensmitteleinzelhandel zu entwickeln. Bislang ist weitgehend unklar, wo der Anwohner-Verkehr fließen soll. An dieser Frage hängt auch der Betrieb der in dem Gebiet ansässigen Dachdeckerfirma Kaidel. Rosentritt äußerte sich zuversichtlich, eine Lösung zu finden.

Mancher warnt vor einer Entmachtung des Stadtrats

Als einige der wenigen im Gremium fanden Gertrud Schwab und Timo Markert (beide CSU) die Gebäudehöhen passend. Stephan Küntzer (CSU) sagte, mit dem Projekt werde ein Bereich in Kitzingen angepackt, der seit Jahren brachliege und mit Altlasten verseucht sei. „Ich finde es respektabel, dass jemand den Mut hat, hier etwas zu entwickeln.“ Klaus Christof (KIK) warnte vor einer zunehmenden Entmachtung des Stadtrats. „Es dürfen nicht externe Investoren sein, die die Entwicklung in Kitzingen bestimmen.“ Der Ansatz von Andreas Moser (CSU) zielte in eine ähnliche Richtung. Er sagte: „Wenn ich diese Gebäude in dieser Qualität an anderer Stelle mache, habe ich wirklich Stadtentwicklung.“

Die „andere Stelle“ ist für Moser die Wohnsiedlung der Marshall Heights, die Georg Wittmann, selbst Stadtrat und der zweite große Player auf dem Kitzinger Immobilienmarkt, 2015 gekauft hat und seitdem selbst entwickelt. Adressiert an Rosentritt und Wittmann, sagte Moser: „Wenn man die zwei Herren zusammenbrächte, wäre das der Wahnsinn. Kitzingen würde aufblühen.“ Wittmann (FW-FBW) äußerte sich dazu in der Sitzung nicht. Am Etwashäuser Bahnhof stellt sich Moser eher „nichtstörendes Gewerbe“ vor, so wie den seit Jahrzehnten existierenden Dachdeckerbetrieb, aber weniger Wohngebäude.

Bleibt die Frage, wie es weitergeht. In der Sitzung am 29. Juli soll der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst werden. Damit wäre noch nicht festgelegt, was und wie der Investor dort bauen darf, wohl aber wäre es ein Signal, dass er weiterplanen könne, wie Bauamtsleiter Oliver Graumann erklärte; ein „gewisser Vertrauensvorschuss“, wie Oberbürgermeister Stefan Güntner betonte, den er gerne bereit sei, zu gewähren. Seine Begründung: „Wenn ich sehe, was Herr Rosentritt bislang in Kitzingen umgesetzt hat, kann ich sagen: Wir haben immer das bekommen, was er im Vorfeld gezeigt hat.“

 
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  • P. T.
    Bei der Anzahl an Wohnungen muss der Kindergarten in Etwashausen wohl ebenfalls vergrößert werden.
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