Wolfgang Rosentritt war am schnellsten: Als das ehemalige Bahngelände in Etwashausen zum Verkauf stand, schlug der Immobilienunternehmer zu und sicherte sich die Brachfläche. Seine erste Idee: ein Einkaufszentrum bauen. Doch weil ein dafür nötiger Kreisverkehr auf der Nordtangente viel Fläche und noch mehr Geld verbraucht hätte, ließ Rosentritt das Vorhaben fallen. Nun versucht er, seine Investition durch das Bauen von Wohnungen rentabel zu machen.
Der Haken: Rosentritt denkt auch hier groß, nämlich an drei- und fünfstöckige Gebäude mit bis zu 200 Wohnungen. Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen sind geplant. Viel konkreter wurde der Investor nicht, da er zwar Ideen, aber noch keine genauen Pläne habe. Die massive Bebauung stößt auf ebensolchen Widerstand bei den Anwohnern in der benachbarten Richthofenstraße. Sie haben viele Befürchtungen und Fragen. Deshalb erklärte sich Rosentritt nach einem Treffen der Anwohner mit der Redaktion zu einer Zusammenkunft mit ihm bereit. Am Mittwochnachmittag stellte er sich seinen Nachbarn und diskutierte nahezu eineinhalb Stunden lang mit ihnen.
An das Treffen mit etwa 35 Bürgern angedockt hatten sich Oberbürgermeister Stefan Güntner, der bei den Anwohnern seit Herbst 2020 im Wort stand, eine Versammlung zu diesem Thema durchzuführen, und sein Bauamtsleiter Oliver Graumann, begleitet von den Bürgermeistern Astrid Glos und Manfred Freitag.
Rosentritt erklärt den Anwohnern seine Pläne
Wolfgang Rosentritt erklärte vorab, dass sich sein Areal in einem Mischgebiet befinde, das sowohl Gewerbe- als auch Wohnnutzung zulasse. Dass er nun auf Einkaufsmärkte verzichten wolle und auf Wohnungen setze, hat seiner Ansicht nach den Vorteil, "dass alles andere hier lauter sein wird als ich". Damit bezog er sich auf vorhandene Gewerbebetriebe und vor allem auf den Verkehr der Nordtangente, dessen Lärm bislang ungefiltert auf die Wohnhäuser einströmt.
Rosentritts Wohngebäude, so erklärte er, wären wie eine Lärmschutzwand, die die Etwashäuser vor dem Verkehrslärm abschirmen würde. Zudem habe er vor, die Wohnhäuser über Ausfahrten an die Nordtangente anzubinden, so dass der Autoverkehr darüber laufen könne. "Ich glaube, dass es für Sie eine deutliche Verbesserung ist", sage er. Gleichwohl räumte er ein, dass die künftigen Bewohner sowohl durch die Richthofenstraße als auch durch den Altort Etwashausens fahren könnten. Er rechnet mit 300 Autofahrten pro Tag. Die Fahrzeuge will er in einem oberirdischen mehrstöckigen Parkdeck in Richtung der Firma Kaidel unterbringen. Dort sei auch eine Ausfahrt aus dem Bahnhofsgelände möglich.
"Gebäude in vernünftiger Qualität"
Zu den Gebäuden sagte Rosentritt, dass sie "in vernünftiger Qualität" erstellt würden und keinesfalls "Plattenbauten" seien, wie ein Anwohner es formulierte. Möglich seien Miet- und Eigentumswohnungen. Damit werde die Brachfläche wieder genutzt und der hohen Nachfrage nach Wohnraum in Kitzingen Rechnung getragen. Es sei sinnvoller, die Innenentwicklung solcher Flächen voranzutreiben, als ständig neue Wohngebiete im Außenbereich zu schaffen, waren sich Rosentritt und OB Güntner einig. Das sei auch eine Vorgabe des Freistaats.
Zugleich würden mit der neuen Nutzung des Bahnhofsareals Altlasten beseitigt, neben belastetem Bahnschotter auch die Überreste der alten Tankstelle in der Nachbarschaft. Zum Thema Ökologie erklärte Rosentritt auch, dass er das Regenwasser künftig auf seinem Grundstück versickern lassen werde, somit die Anwohner keine Sturzbäche von dort erwarten müssten. Die künftige Großlangheimer Kanalleitung, erklärte der OB auf Nachfrage, werde nicht über die Richthofenstraße angeschlossen, sondern verlaufe getrennt davon.
Das Bauverfahren erläuterte Bauamtsleiter Oliver Graumann: Zunächst müsse der Flächennutzungsplan geändert werden, der immer noch eine Bahnnutzung vorsehe. Erst danach könne die Stadt einen Bebauungsplan aufstellen. Im Genehmigungsverfahren würden dann Behörden sowie Bürger nach Einwänden gefragt. Dabei würden Themen wie die Entwässerung, die Kanalanbindung, der Lärm- und Umweltschutz und anderes ausführlich behandelt. Die letzte Entscheidung liege jeweils beim Stadtrat. Der Auftakt könnte noch vor der Sommerpause erfolgen, das Verfahren bis Jahresende abgeschlossen sein.
Stadt hat ihre Chance nicht genutzt
Den Bürgern, die am liebsten nur eine grüne Lunge am Rand der Nordtangente sehen würden, entgegnete Rosentritt, dass die Stadt ebenso wie er die Möglichkeit gehabt habe, das Gelände zu kaufen und etwas darauf zu entwickeln. Doch diese Chance, das Heft des Handelns in der Hand zu behalten, hat die Stadt nicht genutzt.
In der Diskussion wünschten sich die Anwohner, dass Rosentritt keine so hohen Gebäude baue. Ob er sich alternativ Einfamilienhäuser vorstellen könne? Der Investor erklärte, dass sich eine Einfamilienhaus-Siedlung für ihn nicht lohne.
Auch befürchten Nachbarn, dass die künftigen rund 600 Bewohner mehr Lärm verursachen. "Wir wohnen in einem Tal; da hören Sie von oben alles", sagte ein Anwohner. Daraufhin erklärten OB und Bauamtsleiter, dass die Anwohner in einem Mischgebiet wohnten, in dem grundsätzliche höhere Lärmwerte zu tolerieren seien als in einem reinen Wohngebiet. Auf der anderen Seite seien bei so vielen Wohnungen Grünflächen und ein Spielplatz ein Muss.
Am Ende erklärte eine Anwohnerin, dass Etwashausen ein aufstrebender Stadtteil, aber mit dörflichem Charakter sei. Dass es bei der Entwicklung des Bahnhofgeländes unterschiedliche Interessen gebe, sei klar. Sie hoffe aber, dass Kompromisse zu finden seien. Rosentritt sagte abschließend zu, mit konkreten Plänen wiederzukommen und sie den Anwohnern zur Einsicht vorzulegen. Die Diskussionen werden also weiterlaufen.