
Verlässt man das Parkhaus in der Alten Poststraße in Kitzingen Richtung Innenstadt, kommt man direkt am Tageszentrum für seelische und soziale Gesundheit vorbei. Der Eingang liegt unauffällig im ersten Stock des Gebäudes. Erst wenn man näher kommt, bemerkt man schon vor der Tür vermehrt Blumen, auch Tomaten in Töpfen und bunte Fähnchen. Einladend sieht es aus, man geht gerne hinein.
Innen setzt sich der Eindruck fort: über drei Stockwerke helle Räume, bunte Bilder an den Wänden, darunter die Ergebnisse von ausgiebigen Puzzle-Sitzungen, schön gerahmt. Arbeits-, Besprechungs-, Rückzugsräume, solche, um Musik zu machen, Kicker zu spielen, zu kochen und zu essen. Das mag sich entspannt anhören, doch dahinter stecken schwere Schicksale von Menschen, die hier Hilfe suchen. Dieser Redaktion haben sie einen Einblick gegeben, die Namen aller Klientinnen und Klienten wurden geändert, auf den Fotos werden sie absichtlich nicht benannt.

Angela B. fühlt sich sichtlich wohl in dem Tageszentrum, betrieben vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK). Seit mehr als 20 Jahren ist sie jeden Tag unter der Woche vormittags hier. Sie leidet an schweren Depressionen, war lange Zeit in Werneck in der Klinik gewesen.
Das Leben in der Familie war nur schwer möglich
Als dann noch ihr Vater starb, konnte sie nicht mehr schlafen, kein Essen mehr zu sich nehmen. Mit ihrer manisch-depressiven Erkrankung kam sie gar nicht mehr klar, soziale Kontakte waren äußerst schwierig, das Leben in der Familie nur schwer möglich. Angela hat zwei Kinder und einen berufstätigen Mann, der viel unterwegs ist. Als die Kinder aus dem Haus waren, saß sie zunehmend alleine da.
Heute geht es ihr viel besser. Sie kommt vier Stunden am Vormittag ins Zentrum, das gibt ihr die Struktur, die sie braucht, und macht soziale Kontakte möglich, die sich auch zu Freundschaften ausweiten. Eine der vier Beiräte der Einrichtung ist sie auch: Die Klienten kommen zu ihr und erzählen ihr von Problemen. Mit Sozialpädagogin Isabel Hofmann führt sie ein monatliches Gespräch über die Gesamtsituation.

Barbara M. ist weniger gesprächig, aber in der lockeren Atmosphäre taut auch sie auf und erzählt von ihrem Schicksal. Einen Schlaganfall hatte sie, ein Aneurysma im Hirn, das sie plötzlich aus dem normalen Leben geworfen hat. Aber sie hat überlebt und sich mühsam zurückgekämpft. Im Zentrum arbeitet sie eifrig mit, ihr Ziel ist es, wieder einmal einen 520 Euro-Job annehmen zu können. Hier findet sie die Unterstützung, die sie braucht.
Rückzugsräume sind wichtig, falls eine Panikattacke kommt
In den Räumen des Zentrums haben die Klienten umfangreiche Betätigungsmöglichkeiten. Man kann sich hier zuhause fühlen, erstmal morgens in Ruhe einen Kaffee trinken, Zeitung lesen, den Tagesüberblick mitbekommen und dann in eine der Gruppen gehen. In der Arbeitstherapie stellen sie in ein bis eineinhalb Stunden pro Tag Ölstandsanzeiger für eine Firma im Landkreis her. Gleichzeitig gibt es eine Gymnastikgruppe, später dann ein ergotherapeutisches Angebot und eine Kreativwerkstatt. Hier kann man Mandalas ausmalen, basteln, sich gemeinsam mit Spielen beschäftigen, Puzzles legen.
Aber auch für Rückzugsräume ist gesorgt, wenn die Gruppe zu eng wird oder einen eine Panikattacke übermannt. Ins Zentrum kommen Klienten, die wegen psychischen Erkrankungen berechtigt sind, eine Eingliederungshilfe zu erhalten, weil sie erwerbsunfähig sind oder nach verschiedenen Rehabilitationsmaßnahmen nicht mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Hier erhalten sie eine Stabilisierung, eine Tagesstruktur, die sie ihre Ressourcen wieder aktivieren lässt, erklärt Sozialpädagogin Hofmann.
Freitags wird im Schutz der Gruppe das Leben draußen geübt
In der Arbeitstherapie werden motorische Fähigkeiten geschult, man tauscht sich untereinander aus, übt soziale Kompetenzen und das Durchhaltevermögen. Das Feedback durch die Gruppe, die Wertschätzung durch die anderen stärkt die Selbstsicherheit, den Mut und das Selbstvertrauen. Freitags gehen alle miteinander auf Ausflüge, mal ins Museum, mal in ein Café oder in eine Ausstellung, proben sozusagen das Leben draußen, im Schutz der Gruppe.

Mit der Leiterin des Zentrums, Adriana Berdami-Strunz, ist noch eine Sozialpädagogin im Team, dazu Ergotherapeutin Susanne Dittmann, eine FSJ-Praktikantin und ein FOS-Praktikant. Die Klienten kommen nach einem stationären Klinikaufenthalt, werden durch den Kliniksozialdienst oder vom Jobcenter vermittelt, das Zentrum wird ihnen von Angehörigen empfohlen oder sie finden selbst den Weg dorthin.
Am "Tag der Begegnung" konnten sich vor kurzem Besucher auf Einladung der Klienten ein Bild machen, wo ihre Familienangehörigen, Freunde und Bekannten ihre Zeit verbringen. Der Tag unter dem Motto "Komm, ich zeig dir, wo ich sein kann" sei ein voller Erfolg gewesen, lautet die übereinstimmende Meinung im Nachhinein: Die Stimmung war gelöst und warm – und alle gingen beschwingt nach Hause.