Wenn ein Bild mehr sagt als tausend Worte, dann hätten sich die Referenten all ihre Ausführungen schenken können. Dann hätten sie nur die Fotos an die Wand werfen und auf die Anwesenden wirken lassen müssen. Fotos der Iphöfer Weinberge: einmal in voller Blüte stehend, leuchtend, ja fast verschwenderisch grün, und einmal als kahler, brauner Hang. Wer diesen Kontrast neulich sah auf der Infoveranstaltung für die Iphöfer Winzer, der wird Bedenken zur Seite schieben und nicht zaudern bei der Frage, ob es die Weinbergsbewässerung wirklich braucht. Aber ganz so einfach ist die Sache nicht.
Klar ist: Es geht um die Zukunft von etwa 20 Weinbaubetrieben. Und es geht um viel Geld. Um mehr als 16 Millionen Euro. Auf diese Summe kommt das Ingenieurbüro BaurConsult, das für die Stadt Iphofen das Projekt in einer Machbarkeitsstudie untersucht hat. Bezogen auf die gesamte Rebfläche, ergäbe sich daraus ein Betrag von 62 500 Euro pro Hektar. Da das Projekt über 40 Jahre finanziert würde, läge die jährliche Belastung für die Winzer deutlich niedriger: pro Hektar Rebfläche bei ungefähr 2000 Euro plus 320 Euro Betriebskosten.
Ertragseinbußen wohl höher als die Investition
Das ist immer noch viel Geld für manch kleineren Betrieb, aber Matthias Mend von der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim hat bei seinem Vortrag in der Karl-Knauf-Halle noch eine andere Rechnung aufgemacht: Die Ertragseinbußen durch die Trockenheit würden für viele Winzer deutlich höher ausfallen als die Investition in eine Bewässerung. Oder wie Hansi Ruck, der Vorsitzende des Weinbauvereins, gegenüber dieser Redaktion sagt: „Machen wir gar nichts, wird es am teuersten.“
Mend geht in seiner Berechnung von einem Durchschnittsbetrieb mit rund neun Hektar Ertragsfläche und einer jährlichen Erntemenge von 61 000 Litern aus. Bei angenommener Nutzungsdauer der Bewässerung von 40 Jahren und zweiprozentiger Darlehensverzinsung erwachsen daraus 20 000 Euro an jährlichen Kapitalkosten. Bei 332 000 Euro Gesamtbetriebskosten und Erlösen von 407 000 Euro verbleibt ein jährlicher Gewinn von 75 000 Euro. Verliert der Winzer nun durch anhaltende Dürre zehn Prozent seines Ertrags, liegt das Ergebnis nur noch bei 45 000 Euro. Bei 20 Prozent Ertragsverlust – was Ruck künftig für den wahrscheinlicheren Fall hält – verringert sich der Gewinn auf knapp 12 000 Euro.
Iphofen hofft auf die Förderung des Freistaats
Entscheidet sich der Beispiel-Winzer für die Investition in die Bewässerung, schmälert das laut LWG-Experte Mend zwar seinen Jahresgewinn auf 52 000 Euro. Aber das ist immer noch mehr als bei den kalkulierten Ertragsverlusten. Noch günstiger fällt das Ergebnis aus, wenn der Freistaat die Iphöfer Weinberge wie erhofft zur Kulisse eines Pilotprojekts macht und sich zur Hälfte an den Investitionskosten beteiligt. In der Modellrechnung sänken die jährlichen Kapitalkosten des Winzers dann um 10 000 Euro. Ob es so kommen wird, dürfte sich in den kommenden Wochen entscheiden. Bei einer Telefonkonferenz mit Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber im April wurde laut Ruck der Sommer 2020 als Zeitraum für eine Entscheidung benannt. Es hieß auch, Iphofen würde sich als Standort für ein solches Modellprojekt anbieten.
Die hohen Kosten sind vor allem dem Umstand geschuldet, dass das benötigte Wasser – immerhin 145 000 Kubikmeter im Jahr – nicht einfach dem Untergrund entnommen werden könnte, sondern über eine acht Kilometer lange Leitung vom Main in einen Speichersee gepumpt werden müsste. Das stark sulfathaltige Tiefen- und Quellwasser würde die dünnen Tropfleitungen rasch zusetzen, wie die Geologin Heike Kraus von BaurConsult erklärte. Was der richtige Zeitpunkt der Bewässerung für die Rebe ausmacht, demonstrierte Daniel Heßdörfer, wie Mend Experte bei der LWG, anhand von Bildern: hier ein lückenhafter Büschel von Trauben, dort ein dichter, voller Strauß an Beeren, die etwa drei Wochen nach Beginn der Blüte regelmäßig moderat bewässert wurden und damit den besten Ertrag bringen.
Die Iphöfer Winzer waren bei der von Bürgermeister Dieter Lenzer moderierten Veranstaltung „ziemlich vollständig“ vertreten, wie Ruck auf Anfrage sagt. Als Fazit hat er die Erkenntnis destilliert: „Jedem ist klar geworden, dass man etwas machen muss. Jetzt ist die Gelegenheit günstig. Wer weiß, ob und wann wir noch einmal eine solche Chance bekommen.“
Jetzt Wasser für das Rauschgift Alkohol zu verschwenden übersteigt alles an spätrömischer Dekadenz. Warum nicht den Weinanbaugebiete reduzieren und dafür die frei werdenden Flächen aufforsten?
Jetzt soll mir bloß keiner mit dem Geschwätz Kulturgut Wein kommen.