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KITZINGEN
Neuer Klimamanager wünscht sich ein „prima Klima“ für die Kreisstadt
Willkommen unter Palmen: Martin Schneider hat viele Ideen, wie man dem Klimawandel in der Großen Kreisstadt die Stirn bieten kann.
Foto: DIANA FUCHS | Willkommen unter Palmen: Martin Schneider hat viele Ideen, wie man dem Klimawandel in der Großen Kreisstadt die Stirn bieten kann.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 16.11.2022 02:40 Uhr

Drei Worte sagt er immer wieder: Wende, Puzzle, Bürgerbeteiligung. Kitzingens erster Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmanager Martin Schneider hat viele Aufgaben, die alle zusammen zum großen Ziel führen sollen: Klimaschutz in der Stadt zu etablieren. Kein einfacher und schon gar kein einseitiger Job. „Aber“, so Schneider, „interessant, notwendig – und alternativlos.“

Der Obernbreiter, der in Marktsteft aufgewachsen ist, weiß: Viele Hoffnungen und Erwartungen sind mit der neu geschaffenen Stelle im Rathaus verbunden. Er will niemanden enttäuschen und macht deshalb gleich klar, dass die Stadt nicht über Nacht zum Klimaschutz-Wunder werden kann: „Um nachhaltige Änderungen zu bewirken, braucht man ein gutes Konzept. Das muss ich erst entwickeln.“

Martin Schneider hat Anfang Juli sein Büro im Bauamt der Stadtverwaltung bezogen. Er kennt sich aus mit erneuerbaren Energien, Bauphysik, kommunalem Bauen und Sanieren. Auch weiß er, wo und wie man an Fördergelder kommt. Der 34-Jährige hat in Triesdorf „Regenerative Energien und Energiesysteme“ studiert und nach dem Bachelor in Kassel seinen Master im gleichen Themenfeld draufgesattelt. In Bremen hat er als Ingenieur für Bauphysik energetische Konzepte erstellt, Wärme- und Schallschutz-Optimierung inklusive.

Mit diesem technischen Hintergrund bewarb er sich auf die Stelle des ersten Kitzinger Klimaschutzmanagers. Zweierlei reizte ihn daran: „dass die Aufgaben so breit gefächert sind und dass ich einen persönlichen Bezug zur Stadt habe.“ Sein Vorteil: „Ich kenne Kitzingen gut, kann aber trotzdem neutral von außen auf die Stadt schauen.“ Schneider stellt fest: Die Wende hin zum nachhaltigen, ressourcenschonenden Leben in einer Gesellschaft könne nur gemeinsam gelingen. Bürgerbeteiligung sei deshalb sehr wichtig: „Ich bin für alle Ideen offen und möchte die Kitzinger in Workshops und bei Aktionen dabeihaben.“

Er habe in den vergangenen Jahren eine interessante Beobachtung gemacht: „Die Verantwortung für den Klimawandel wird gern auf andere abgewälzt. Fakt ist aber: Jeder hat Verantwortung. Jeder kann etwas fürs Klima tun – sei es, den Müll richtig zu trennen, weniger zu fliegen, seinen Konsum anzupassen, für Begrünung zu sorgen und viele, viele Dinge mehr.“ Aussagen wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ kann der 34-Jährige überhaupt nicht leiden, ebenso wenig Gemotze und Genörgle, wenn man selbst gleichzeitig nichts an der Situation ändern will. „Wir alle brauchen Mut zur Veränderung.“

Wo ist Kitzingen klimaschutztechnisch schon gut aufgestellt, wo noch nicht? Wo gibt es sinnvolle Vernetzungen, wo noch nicht? Das analysiert Martin Schneider derzeit. „Wenn mich die Leute fragen, wie ich meine Arbeit angehe, dann muss ich eigentlich antworten: 'Als Erstes erstelle ich ein Klimaschutzkonzept.' Ich weiß, dass viele dann die Augen rollen und denken: 'schon wieder irgendein Konzept'. In diesem Fall ist es allerdings so: Das wird kein Papiertiger für die Schublade, dazu wäre mir auch die Zeit viel zu schade.“

Was also hat es auf sich mit dem Klimaschutzkonzept? „Zuerst ermittle ich den Ist-Zustand. Wir wollen genau wissen, wie viel Treibhausgase Kitzingen ausstößt – vom Straßenverkehr bis zum Energieverbrauch, sowohl in der Industrie, im Gewerbe als auch in den Privathaushalten.“ Liegen diese Daten vor, werde er das Einsparungspotenzial analysieren: Wo kann Kitzingen den CO2-Ausstoß reduzieren? „Daraus entwickelt sich ein Maßnahmenkatalog, den ich im Stadtrat vorstellen werde.“ Anfang bis Mitte 2024 sollen die ersten Projekte in die Tat umgesetzt werden.

Grundsätzlich gehe es um Projekte in drei großen Bereichen: Mobilitätswende, Wärmewende und Klimaanpassung. „Bei allen drei Bereichen gibt es jede Menge Ansätze: vom verbesserten Nahverkehr über neue Nahwärmenetze bis hin zu Dach- und Fassadenbegrünungen. Das alles ist ein großes Puzzle.“

Die vielen Puzzle-Teile zusammenzufügen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, weiß der leidenschaftliche Radfahrer, der in seiner Freizeit auch gerne tanzt, kocht, Brettspiele und Squash spielt. Aber es gebe positive Signale: „Der Staat hat begriffen, wie dringend wir agieren müssen. Vom Bund und von den Ländern gibt es Fördergelder für Sanierungen und vieles mehr.“ Schneider hofft, dass mit solchen Fördermitteln nach und nach denkmalgeschützte Gebäude saniert werden können und der hohe Anteil an Gas-Heizungen in Kitzingen gesenkt wird. Dass die Licht-, Kraft- und Wasserwerke in Richtung einer autarken Stromversorgung steuern, freut Schneider. Er setzt auf einen Mix an regenerativen Energien wie Biogas, Solarthermie, Photovoltaik, Windkraft, Erdwärme. „Und wir müssen – ganz wichtig! – Energie sparen.“

Eine ganz spezielle Herausforderung sei die Kitzinger Altstadt. Hier werden im Hochsommer immer wieder deutsche Hitze-Rekorde gemessen. „Wir sollten Bereiche schaffen, in denen es abkühlen kann – durch mehr Bäume zum Beispiel, durch Entsiegeln und Renaturieren von Flächen und indem man noch mehr begrünt.“ Speziell zur Dach- und Fassadenbegrünung gebe es bereits eine lukrative Förderung. „Die muss noch mehr angenommen werden“, sagt Martin Schneider und verweist auf die Vorteile von „grünen“ Wänden und Dächern: „Die kühlen das Haus, halten Regenwasser zurück, binden Staub und Abgase, mindern Schall, schützen die Gebäudehülle, speichern CO2 und sorgen für Artenvielfalt.“

Und die Insekten, die dadurch ins Haus kommen? „Das ist ein Märchen. Die Insekten bleiben lieber draußen – da finden sie Nahrung und Unterschlupf.“ Dennoch habe die Begrünung auch Nachteile: „Sie kostet. Und macht Arbeit.“

Genau so ist das im Prinzip mit allem, was das Klima verbessert. Es ist kein leichter und kein unanstrengender Weg zur Klimaschutzstadt. „Aber“, sagt Martin Schneider, „er ist alternativlos.“

Klimaschutz in Kitzingen

Was ist ein Klimaschutzmanager?

Klimaschutzmanager*innen unterstützen ihre Kommune dabei, die internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz auf lokaler Ebene umzusetzen. Dafür initiieren und fördern sie Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen sowohl innerhalb der Verwaltung als auch in der gesamten Kommune. Sie sind Ansprechpartner für Politik und Verwaltung, Industrie, Handwerk und Bürger. Ziel ist es, Klimaschutzaspekte in alle kommunalen Abläufe zu integrieren.

Kontakt: Jeden Donnerstag von 14 bis 16 Uhr lädt Martin Schneider zur Bürgersprechstunde ein. Dazu anmelden kann man sich unter Tel. 09321/ 601-6130 oder per Mail: martin.schneider@stadt-kitzingen.de (ldk)

Herbst Barthels Tu       -  Im Herbst sieht der Etwashäuser Barthelsturm besonders schön aus. Seine Begrünung ist auch in Sachen Klimaschutz sinnvoll. Archiv
Foto: Sebelka | Im Herbst sieht der Etwashäuser Barthelsturm besonders schön aus. Seine Begrünung ist auch in Sachen Klimaschutz sinnvoll. Archiv
 
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  • W. K.
    Wenn ich schon das Wort "alternativlos" höre, habe ich keine Lust mehr weiterzulesen.
    Das bedeutet, dass die Meinung des Klimamanagers (ich wusste gar nicht, dass es den in KT gibt) die allein gültige ist und nicht zu hinterfragen ist. Beim Klima hat sich sowas ja schon etabliert. Die Deutungshoheit haben manche für sich gepachtet.
    Nein, danke.
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