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Kitzingen
Verkehrschaos vor Schulen in Kitzingen: Warum der OB das Problem der Elterntaxis zur Chefsache macht
Weil Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, kommt es häufig zu chaotischen Szenen. In Kitzingen hat OB Stefan Güntner den Falsch- und Querparkern jetzt den Kampf angesagt.
Gute Werbung - schlechter Halteplatz: Im engen Innenhof der Kitzinger St.-Hedwig-Schule bringen Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule und verursachen somit ein großes Verkehrschaos.
Foto: Eike Lenz | Gute Werbung - schlechter Halteplatz: Im engen Innenhof der Kitzinger St.-Hedwig-Schule bringen Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule und verursachen somit ein großes Verkehrschaos.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:17 Uhr

Ein Auto hält im Innenhof der Kitzinger St.-Hedwig-Grundschule. Die Türen gehen auf, zwei Mädchen springen aus dem Wagen, schultern ihre Büchertaschen, dann gibt es noch ein Küsschen der Mutter. Der Vorgang dauert keine Minute, doch das Problem ist: Es gibt viel zu viele dieser Elterntaxis, nicht nur an der St.-Hedwig-Schule, nicht nur in Kitzingen. Dass man hier gerade besonders intensiv über das Thema diskutiert, liegt an deutlichen Worten des Kitzinger Oberbürgermeisters Stefan Güntner, gestreut kurz nach Schuljahresbeginn über seinen Facebook-Kanal.

"Gefährlich und nicht akzeptabel" sei das "Verkehrschaos, das hier jeden Morgen entsteht", schrieb der OB. Bilder zeigen hektisches Treiben im engen Schulhof, Autos, die im Halteverbot stehen. Eine "letzte Ermahnung" sprach Güntner an die "lieben Eltern" aus – und er drohte mit der städtischen Kavallerie. Viel Zuspruch habe er daraufhin erfahren.

Liegt es an der klaren Botschaft, dass sich an einem neblig-trüben Morgen bloß einige motorisierte Eltern vor der St.-Hedwig-Schule verirren? "Dann hätte es ja was gebracht", sagt Güntner im Gespräch mit der Redaktion. Wie von ihm angekündigt, taucht im Schulhof plötzlich eine Verkehrsüberwacherin der Stadt auf. Sie notiert sich die Kennzeichen der wenigen Autos, die im absoluten Halteverbot und in der Feuerwehrzufahrt stehen bleiben. Die Eltern, die hier ihre Kinder abliefern, werden in den nächsten Tagen Post von der Stadt bekommen. 20 bis 55 Euro wird sie der Bringdienst kosten. "Es geht nur über den Geldbeutel", sagt Frank Winterstein, der Leiter des Ordnungsamts im Rathaus.

Auf dem gesamten Platz vor der St.-Hedwig-Schule gilt absolutes Halteverbot. Und: Der Bereich ist sogar als Feuerwehrzufahrt gekennzeichnet.
Foto: Eike Lenz | Auf dem gesamten Platz vor der St.-Hedwig-Schule gilt absolutes Halteverbot. Und: Der Bereich ist sogar als Feuerwehrzufahrt gekennzeichnet.

Jedes fünfte Grundschulkind in Deutschland wird von seinen Eltern zur Schule gefahren. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Jahr 2018. Aber das Problem gibt es nicht nur vor Grundschulen, sondern mehr oder weniger an jeder Schule. Vor dem Armin-Knab-Gymnasium in Kitzingen hat die Stadt vor einigen Jahren eine Halteverbotszone eingerichtet – gebessert hat sich an den Zuständen wenig. Dort kommen zum Eltern-Pendelverkehr die Busse, die mangels Buchten auf der Straße halten. In Münsterschwarzach kämpft die Gemeinde mit ähnlichen Problemen. Auch dort gilt vor dem Eingang zum Kloster und zum Egbert-Gymnasium ein weitgehendes Halteverbot.

In Kitzingen ist es der enge Schulhof, der Probleme macht. Eine Lehrerin berichtet im Gespräch mit der Redaktion von "absolutem Chaos". Zwischen haltenden und rangierenden Fahrzeugen seien sie und ihre Kolleginnen mitunter nicht mehr zu ihren im oberen Teil gelegenen Parkplätzen gekommen. Der OB hat sich nach der St.-Hedwig-Schule auch die Grundschule in der Siedlung vorgenommen. "Was soll ich sagen? Genau dasselbe Chaos!", schreibt er in den sozialen Medien. Eltern, die mitten in der Feuerwehrzufahrt parken und erst einmal minutenlang miteinander plaudern. Rund um die Schule gilt bislang allerdings nur ein eingeschränktes Halteverbot, Eltern dürfen dort also kurz halten.

"Wir können Eltern nicht verbieten, ihre Kinder zur Schule zu fahren."
Harald Hufnagel, Verkehrsexperte der Kitzinger Polizei

Die Elterntaxis stehen nicht nur wegen blockierter Straßen und Zufahrten in Verruf. Beim ADAC ist man überzeugt, dass Kinder, die einen kurzen Schulweg allein laufen dürfen, ein höheres Bewusstsein für Gefahrensituationen entwickeln und sich sicherer im Verkehr bewegen. Nach Angaben der Deutschen Verkehrswacht verunglücken Kinder am häufigsten im elterlichen Auto, nicht als Fußgänger auf dem Schulweg. Psychologen beklagen, dass Elterntaxis die Kinder passiv machten und sie in der eigenen Entwicklung behinderten. Aber mit diesen Argumenten dringen sie bei den Beteiligten kaum durch. "Wir können den Eltern nicht verbieten, ihre Kinder zur Schule zu fahren", sagt Harald Hufnagel von der Kitzinger Polizei. Er sieht in erster Linie die Stadt in der Pflicht und erst in zweiter Linie die Polizei.

Dieses Foto von Oberbürgermeister Stefan Güntner, aufgenommen am 15. September, zeigt das Problem: Eltern bringen morgens ihre Kinder und parken den Hof der Kitzinger St.-Hedwig-Schule zu.
Foto: Stefan Güntner | Dieses Foto von Oberbürgermeister Stefan Güntner, aufgenommen am 15. September, zeigt das Problem: Eltern bringen morgens ihre Kinder und parken den Hof der Kitzinger St.-Hedwig-Schule zu.

In den Schulen und bei den Verkehrsüberwacherinnen kennt man die Ausreden der Eltern zur Genüge: Man habe es eilig, müsse Termine wahrnehmen, das Kind irgendwie in den Tagesablauf integrieren. Bequemlichkeit kommt eher selten zur Sprache. "Wäre keine Treppe vor der Schule, würden manche Eltern wahrscheinlich direkt vor die Tür fahren", beschreibt es ein Nutzer auf Facebook. Dabei müsse in Kitzingen kein Grundschulkind von den Eltern gefahren werden, sagt Güntner, weil die Stadt selbst solche Kinder befördere, die sie vom Gesetz her nicht befördern müsste. Auch das Argument, die Busse seien zu voll, ist in der Diskussion zu hören. Aber stimmt es? Der OB hat eine andere Beobachtung gemacht, will demnächst mal in einem der Schulbusse mitfahren, um sich selbst ein Bild zu verschaffen.

An den Kitzinger Grundschulen ist das Thema bekannt, aber offenbar will man nicht darüber reden. Die Rektorinnen Andrea Lorey (St. Hedwig) und Heike Schneller-Schneider (Siedlung) reagieren nicht auf Anfragen der Redaktion. Dabei hätte Harald Hufnagel von der Kitzinger Polizei durchaus einen Ansatz, wie sich das Problem zumindest im oft zugestellten Innenhof an der St.-Hedwig-Schule lösen ließe. "Man könnte am Mainkai einen gesicherten Bereich ausweisen, wo die Eltern ihre Kinder aussteigen lassen. Von dort könnten die Kinder dann den kurzen Weg über den Zebrastreifen zur Schule laufen."

Der OB, der den Fall zur Chefsache im Rathaus gemacht hat, kann sich an den Zufahrten Schranken oder versenkbare Poller vorstellen. "Aber das wäre wirklich der letzte Ausweg." Noch hat er Hoffnung, dass sich die Probleme mit dauerhafter Überwachung und empfindlichen Sanktionen lösen kann. Oder einfach durch Vernunft.

 
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  • Petsch06120702
    Ganz großes Lob an den Herrn Bürgermeister!
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  • Faultier
    Vielleicht wäre es sinnvoll, mal nachzufragen, warum die Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. (Schlechte Busverbindungen?) Und dann sollte man vielleicht auch mal nach Alter differenzieren. (Das stört mich auch bei anderen Themen, wo es um Kinder geht. Da werden 1-jährige mit 12-jährigen in einnen Topf geworfen.) Heutzutage werden die Kinder z. T. mit 5 Jahren eingeschult. Es ist doch klar, dass man ein so junges Kind nicht alleine zur Schule gehen lässt. Also muss man das Kind auf dem Weg begleiten. Wer soll das machen? Die Mutter, die sich selbst morgens zurechtmachen muss und pünktlich im Büro erscheinen muss? Oder der Vater, der das gleiche Problem hat? Familien stehen heutzutage unter einem enormen Druck. Die Eltern sollen beide arbeiten und möglichst auch noch Karriere machen, die Kinder werden immer früher eingeschult, und in den Schulen wird auch viel Druck gemacht. Da bleibt keine Zeit für ineffizientes "In-die-Schule-Bummeln".
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  • Vbfuerlb
    Wird ein 5-jähriges Kind eingeschult, sollte es ja wohl schulreif sein. Dazu zählt m.E. auch, den Schulweg bewältigen zu können. Falls es wegen weiten Wegs noch nicht der komplette Weg sein sollte, so doch ein großes Stück. Dies gilt insbesondere für Ältere.
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  • Souldream
    Da braucht man gar nichts differenzieren denn früher ging es auch ohne Elterntaxi. Der Grund ist ganz einfach warum das früher ohne ging, weil sich eben nicht jeder Ehepartner ein Auto leisten konnte. heute stapeln sich fast die Autos vor jeder Wohnung zw. Haus und die Bequemlichkeit hat Einzug erhalten. Das viele Eltern ihre Kids zur Schule fahren ist einfach affektiert und sonst nichts.
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  • otmar-faber@t-online.de
    Unsere Tochter ist ab der 1. Klasse jeden Tag , auch bei Regen oder Schnee, 2 km zur Schule gelaufen. Heute ist sie 19 Jahre und hat keine bleibenden Schäden davon getragen. Man muß den Kindern auch mal was zutrauen. Die Weicheier sind meist die Eltern.
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  • kvtom
    Dann schafft doch die kostenlosen Schulbusse ab, wenn sowieso jeder sein Kind privat zur Schule bringt.
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  • Laeufer61
    @kvtom - Sie haben vergessen...

    ..."Satire off" zu setzen, oder?
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  • aljoscha.labeille@vcd-bayern.de
    Toll, dass sich der OB in Kitzingen hier für die Sicherheit der Kinder stark macht. In Würzburg sieht das leider anders aus: Die chaotischen Zustände vor den Schulen (z.B. vor der Goethe-Schule im Frauenland) sind Ordnungsamt und Polizei bekannt. Allerdings wird hier nicht durchgegriffen. Im weiteren Umfeld der Schule wird überall falsch geparkt: Die Stadt scheint das alltägliche"Eckenparken", das in vielen Stadtteilen die Kinder gefährdet, zu dulden. Eltern, die sich für mehr SIcherheit einsetzen, werden von Herrn Kleinert und Frau Jörg abgewiegelt. Eine Lösung für Kitzingen UND Würzburg wäre übrigens das Sperren der Straße zwischen 7:30 und 8 Uhr. In anderen Städten hat man damit gute Erfahrungen gemacht.
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  • oechler
    Vielleicht sollten sich die Bürgermeister mal dafür einsetzen die sinnfreie Maskenpflicht in Bussen abzuschaffen, dann gibt´s wahrscheinlich schon einige Elterntaxis weniger!
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  • juerwer@gmx.de
    @oechler Zitat: "Jedes fünfte Grundschulkind in Deutschland wird von seinen Eltern zur Schule gefahren. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Jahr 2018." Gab es da wohl schon eine Maskenpflicht? Das Problem liegt eher an den Helikoptereltern. Satt die Kinder zur Selbstständigkeit zu erziehen passiert genau das Gegenteil.
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  • k.h.thiergaertner@online.de
    ?? Der Zusammenhang zwischen Elterntaxis und Maskenpflicht erschließt sich mir nicht….!
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  • IHS
    In Lohr an der Grundschule hat man einfach eine Einbahnstraße gemacht, um den Autofahrenden Eltern Herr zu werden.Nervt jetzt alle anderen Verkehrsteilnehmer und die Eltern treiben immer noch, was sie wollen.
    Bei der Stadt wird’s als gutes Verkehrskonzept verkauft, für alle die dort arbeiten, müssen halt jetzt lange Umwege in Kauf genommen werden. Betrifft natürlich nicht die, die den Mist verzapft haben…..
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  • clubfan2@gmx.de
    "man habe es eilig, müsse Termine wahrnehmen, das Kind irgendwie in den Tagesablauf integrieren."

    beim letzten Satz ...
    wäre es besser
    diese Eltern würden keine Kinder bekommen ...
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  • Ironic
    Auf Vernuft würde ich mich an Stelle des OB mal lieber nicht verlassen.
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