Ein Auto hält im Innenhof der Kitzinger St.-Hedwig-Grundschule. Die Türen gehen auf, zwei Mädchen springen aus dem Wagen, schultern ihre Büchertaschen, dann gibt es noch ein Küsschen der Mutter. Der Vorgang dauert keine Minute, doch das Problem ist: Es gibt viel zu viele dieser Elterntaxis, nicht nur an der St.-Hedwig-Schule, nicht nur in Kitzingen. Dass man hier gerade besonders intensiv über das Thema diskutiert, liegt an deutlichen Worten des Kitzinger Oberbürgermeisters Stefan Güntner, gestreut kurz nach Schuljahresbeginn über seinen Facebook-Kanal.
"Gefährlich und nicht akzeptabel" sei das "Verkehrschaos, das hier jeden Morgen entsteht", schrieb der OB. Bilder zeigen hektisches Treiben im engen Schulhof, Autos, die im Halteverbot stehen. Eine "letzte Ermahnung" sprach Güntner an die "lieben Eltern" aus – und er drohte mit der städtischen Kavallerie. Viel Zuspruch habe er daraufhin erfahren.
Liegt es an der klaren Botschaft, dass sich an einem neblig-trüben Morgen bloß einige motorisierte Eltern vor der St.-Hedwig-Schule verirren? "Dann hätte es ja was gebracht", sagt Güntner im Gespräch mit der Redaktion. Wie von ihm angekündigt, taucht im Schulhof plötzlich eine Verkehrsüberwacherin der Stadt auf. Sie notiert sich die Kennzeichen der wenigen Autos, die im absoluten Halteverbot und in der Feuerwehrzufahrt stehen bleiben. Die Eltern, die hier ihre Kinder abliefern, werden in den nächsten Tagen Post von der Stadt bekommen. 20 bis 55 Euro wird sie der Bringdienst kosten. "Es geht nur über den Geldbeutel", sagt Frank Winterstein, der Leiter des Ordnungsamts im Rathaus.
Jedes fünfte Grundschulkind in Deutschland wird von seinen Eltern zur Schule gefahren. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Jahr 2018. Aber das Problem gibt es nicht nur vor Grundschulen, sondern mehr oder weniger an jeder Schule. Vor dem Armin-Knab-Gymnasium in Kitzingen hat die Stadt vor einigen Jahren eine Halteverbotszone eingerichtet – gebessert hat sich an den Zuständen wenig. Dort kommen zum Eltern-Pendelverkehr die Busse, die mangels Buchten auf der Straße halten. In Münsterschwarzach kämpft die Gemeinde mit ähnlichen Problemen. Auch dort gilt vor dem Eingang zum Kloster und zum Egbert-Gymnasium ein weitgehendes Halteverbot.
In Kitzingen ist es der enge Schulhof, der Probleme macht. Eine Lehrerin berichtet im Gespräch mit der Redaktion von "absolutem Chaos". Zwischen haltenden und rangierenden Fahrzeugen seien sie und ihre Kolleginnen mitunter nicht mehr zu ihren im oberen Teil gelegenen Parkplätzen gekommen. Der OB hat sich nach der St.-Hedwig-Schule auch die Grundschule in der Siedlung vorgenommen. "Was soll ich sagen? Genau dasselbe Chaos!", schreibt er in den sozialen Medien. Eltern, die mitten in der Feuerwehrzufahrt parken und erst einmal minutenlang miteinander plaudern. Rund um die Schule gilt bislang allerdings nur ein eingeschränktes Halteverbot, Eltern dürfen dort also kurz halten.
Die Elterntaxis stehen nicht nur wegen blockierter Straßen und Zufahrten in Verruf. Beim ADAC ist man überzeugt, dass Kinder, die einen kurzen Schulweg allein laufen dürfen, ein höheres Bewusstsein für Gefahrensituationen entwickeln und sich sicherer im Verkehr bewegen. Nach Angaben der Deutschen Verkehrswacht verunglücken Kinder am häufigsten im elterlichen Auto, nicht als Fußgänger auf dem Schulweg. Psychologen beklagen, dass Elterntaxis die Kinder passiv machten und sie in der eigenen Entwicklung behinderten. Aber mit diesen Argumenten dringen sie bei den Beteiligten kaum durch. "Wir können den Eltern nicht verbieten, ihre Kinder zur Schule zu fahren", sagt Harald Hufnagel von der Kitzinger Polizei. Er sieht in erster Linie die Stadt in der Pflicht und erst in zweiter Linie die Polizei.
In den Schulen und bei den Verkehrsüberwacherinnen kennt man die Ausreden der Eltern zur Genüge: Man habe es eilig, müsse Termine wahrnehmen, das Kind irgendwie in den Tagesablauf integrieren. Bequemlichkeit kommt eher selten zur Sprache. "Wäre keine Treppe vor der Schule, würden manche Eltern wahrscheinlich direkt vor die Tür fahren", beschreibt es ein Nutzer auf Facebook. Dabei müsse in Kitzingen kein Grundschulkind von den Eltern gefahren werden, sagt Güntner, weil die Stadt selbst solche Kinder befördere, die sie vom Gesetz her nicht befördern müsste. Auch das Argument, die Busse seien zu voll, ist in der Diskussion zu hören. Aber stimmt es? Der OB hat eine andere Beobachtung gemacht, will demnächst mal in einem der Schulbusse mitfahren, um sich selbst ein Bild zu verschaffen.
An den Kitzinger Grundschulen ist das Thema bekannt, aber offenbar will man nicht darüber reden. Die Rektorinnen Andrea Lorey (St. Hedwig) und Heike Schneller-Schneider (Siedlung) reagieren nicht auf Anfragen der Redaktion. Dabei hätte Harald Hufnagel von der Kitzinger Polizei durchaus einen Ansatz, wie sich das Problem zumindest im oft zugestellten Innenhof an der St.-Hedwig-Schule lösen ließe. "Man könnte am Mainkai einen gesicherten Bereich ausweisen, wo die Eltern ihre Kinder aussteigen lassen. Von dort könnten die Kinder dann den kurzen Weg über den Zebrastreifen zur Schule laufen."
Der OB, der den Fall zur Chefsache im Rathaus gemacht hat, kann sich an den Zufahrten Schranken oder versenkbare Poller vorstellen. "Aber das wäre wirklich der letzte Ausweg." Noch hat er Hoffnung, dass sich die Probleme mit dauerhafter Überwachung und empfindlichen Sanktionen lösen kann. Oder einfach durch Vernunft.
..."Satire off" zu setzen, oder?
Bei der Stadt wird’s als gutes Verkehrskonzept verkauft, für alle die dort arbeiten, müssen halt jetzt lange Umwege in Kauf genommen werden. Betrifft natürlich nicht die, die den Mist verzapft haben…..
beim letzten Satz ...
wäre es besser
diese Eltern würden keine Kinder bekommen ...