Mitte März ist der Wald von Fürst Ferdinand zu Castell-Castell in Castell (Lkr. Kitzingen) noch recht kahl. Auch durch die zu dieser Jahreszeit recht hohen Temperaturen begünstigt, schießen aber bereits jetzt die ersten Triebe aus den zahlreichen jungen Bäumen. Vor einer riesigen Eiche mit dickem Stamm bleibt der Großwaldeigentümer stehen. Sie ist 200 bis 250 Jahre alt und ragt hoch in den Himmel. Nur weil zwei kleinere Buchen sie vor Sonnenlicht von Richtung Südwesten abschirmen, habe sie es überhaupt in dieses Stadium geschafft.
Damit auch nachfolgende Generationen noch gesunde Bäume in gesunden Wäldern vorfinden, hat der Fürst sich den Waldumbau auf die Fahnen geschrieben – und darüber ein Buch mit dem Titel "Der Wald für unsere Enkel" verfasst. Denn die Wälder leiden wegen des Klimawandels schon heute spürbar unter Trockenstress. Die Folge sind Pilz- und Schädlingsbefall, und damit der Kahlschlag ganzer Waldareale. Die Wissenschaft warnt einhellig. Und in Unterfranken, der trockensten Region Bayerns, ist das Problem ein besonders großes.
Wie können sogenannte Analogregionen den Waldumbau in Unterfranken unterstützen?
In Zusammenarbeit mit den beiden Klimaforschern Dr. Heiko Paeth von der Uni Würzburg und Dr. Tobias Mette von der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) beobachtet zu Castell-Castell deshalb das Klima um Colmar im Elsass: Laut Prognose wird Unterfranken gegen Ende des Jahrhunderts nämlich klimatisch so bedingt sein, wie die warme Region im Osten Frankreichs. Auch dort gibt es, wie in Unterfranken, Weinanbau – und gesunde Wälder, erklärt zu Castell-Castell.
Ein guter Orientierungspunkt also. Denn das Problem am Waldumbau sei es, dass die Daten aus der Vergangenheit durch das sich verändernde Klima praktisch unbrauchbar sind. Wie sich die Lage weiter entwickelt, lässt sich nicht präzise vorhersagen. Aus diesem Grund sei die Beobachtung sogenannter Analogregionen sinnvoll.
Welche Bäume müssen gepflanzt werden, damit der Wald klimabeständiger wird?
Eine Buche ist nicht gleich eine Buche, erklärt Dr. Joachim Hamberger, Leiter des Bayerischen Amts für Waldgenetik. Beim Waldumbau hin zur Klimaverträglichkeit spiele die Genetik der Bäume eine wichtige Rolle. So ist etwa eine Buche aus dem Balkan deutlich wärmeresistenter als eine Buche, die etwa im Steigerwald gewachsen ist. Fürst Ferdinand zu Castell-Castell pflanzt deshalb seit etwa drei Jahren Setzlinge der Esskastanie, der Baumhaselnuss und der Schiffsmastrobinie aus wärmeren Regionen in seinen Wäldern – für ein Fazit über den Erfolg sei es aber noch zu früh, sagt er.
Wichtig sei es auch, den Wald so zu durchforsten, dass junge Bäume genügend Licht abbekommen. Und Monokulturen zu vermeiden. Einerseits, weil so die Entwicklung eines stabileren Ökosystems möglich ist, das sich effektiver selbst erhalten kann. Andererseits, weil so immer noch ein Teil des Waldes übrig bleibt, sollte etwa eine Baumart aufgrund eines Schädlings gänzlich zerstört werden – klassische Risikostreuung.
Wäre das Problem gelöst, wenn sich der Wald auf natürliche Weise selbst überlassen wird?
Bei der natürlichen Regeneration des Waldes spricht die Forst von der "Selbstverjüngung". Im Idealfall tut das der Wald auch ohne menschliche Hilfe. Einige fordern daher, dass man den Wald sich selbst überlässt und ihn nicht mehr bewirtschaftet, wie etwa den Irtenberger Wald bei Kist (Lkr. Würzburg). Fürst zu Castell-Castell, der seinen Wald auch zu wirtschaftlichen Zwecken nutzt, ist dagegen: "Wir haben die Zeit nicht", sagt er. Denn die vollständige Regeneration würde Jahrhunderte dauern.
Und da Holz als Rohstoff ohnehin gebraucht würde, würde es folglich importiert werden. Auch aus Ländern, deren forstwirtschaftliche Standards geringer sind als die deutschen, sagt der Fürst.
"Jeder Wald in Deutschland ist menschengeprägt und ist ein Spiegelbild der Zeit, in der er angelegt wurde", sagt Joachim Hamberger vom Amt für Waldgenetik. In Deutschland seien nach den beiden Weltkriegen aus wirtschaftlichen Gründen insbesondere Fichten gepflanzt worden. Würde man den Wald sich selbst überlassen, so würde sich zu aller erst der Fichtenbestand verjüngen – was zusätzlich Zeit koste.
Doch der Klimawandel schreite verhältnismäßig zu schnell voran, sodass der Wald ohnehin keine Chance habe hinterherzukommen, so der Forstwissenschaftler. Für die Biodiversität, die Lufterneuerung und die Grundwasserbildung seien gesunde, klimabeständige Wälder aber essentiell.
Werden Privatwaldeigentümer beim Waldumbau staatlich gefördert?
Der Mensch wird also in Zukunft deutlich mehr Aufwand betreiben müssen, um seine Wälder zu erhalten. Deshalb förderte der Freistaat Bayern den Umbau von Privat- und Körperschaftswäldern 2020 mit 95 Millionen Euro – und will weiterfördern. 200.000 Hektar Nadelholzbestände sollen so bis 2030 zu stabilen Mischwäldern werden. 95.000 Hektar seien bereits erfolgreich umgebaut, teilt die LWF mit.
Wie hinderlich ist das Reh im Bezug auf die Waldverjüngung?
Und dann ist da – neben dem Waldumbau selbst – noch eine zweite Baustelle, die die meisten Waldeigentümer umtreibt: der Wildverbiss durch Rehwild. Auf der Suche nach Nahrung haben es Rehe besonders auf Pflanzentriebe abgesehen. Aus dem forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2021 des Bayerischen Forstministeriums geht hervor, dass sie es dabei insbesondere auf die hochwertigen "Klimabäume" abgesehen haben.
So sind Fichten nur zu zwei Prozent, Kiefern zu fünf und Tannen zu elf Prozent an den Leittrieben frisch verbissen. Buchen hingegen leiden zu 16 Prozent unter Wildverbiss, Eichen zu 25 Prozent und Edellaubbäume zu 23 Prozent.
Ist es objektiv messbar, dass das Reh den Wald an seiner Regeneration hindert?
Der Rehbestand sei in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen und tue es immer noch, sagt der Ökologe Dr. Jörg Müller von der Universität Würzburg. Durch menschliches Handeln seien fast alle Huftierarten, wie etwa der Auerochse oder große und kleine Hirscharten in deutschen Wäldern ausgerottet worden, wodurch mehr Futter für Rehe übrig bleibt: "Die Bäume, auf die es das Reh abgesehen hat, sind leider die Bäume, die wir im Klimawandel brauchen", sagt Müller.
Wird etwa ein Areal eingezäunt und so vor Wildverbiss durch Rehe geschützt, würden sich dort fünf bis sechs Baumarten natürlich etablieren, so Müller. Außerhalb des Zauns bliebe lediglich eine Baumart übrig.
Welche Position vertreten hierbei Naturschutzorganisationen und Forstbehörden?
Im forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung im Jahr 2021 klassifiziert das Bayerische Forstministerium die Verbisssituation in der Hälfte der Wälder als "nicht tragbar". Abgeleitet davon geben die Forstbehörden in den forstlichen Gutachten eine Empfehlung über die künftige Abschusshöhe von Rehen ab, teilt das Forstministerium mit. Für 46 Prozent der bayerischen Hegegemeinschaften lautet die Empfehlung: "erhöhen". Für vier Prozent sogar: "deutlich erhöhen".
Wenn wir unsere Wälder in der Zukunft erhalten wollen, kann die intensivere Bejagung von Rehwild ein Faktor sein, sagt auch Steffen Jodl, Geschäftsführer der Kreisstelle Würzburg des Bund Naturschutz. "Grundsätzlich gilt für uns: Wald vor Wild." Im Hinblick auf die Klimakrise sei es wichtig, dass sich Laubwälder regenerieren können. Reh- und Rotwildbestände müssten deshalb so weit reguliert werden, dass der Wald wachsen und sich verjüngen kann, sagt Jodl weiter.
Welche Rolle spielen alte Jagdtraditionen beim Waldschutz?
Dass Rehe seiner Meinung nach nicht ausreichend bejagt werden, hängt für Fürst zu Castell-Castell auch mit alten Jagdtraditionen zusammen. So würden manche Jäger gar ausschließlich Rehböcke schießen – auch wegen deren Geweihe als Jagdtrophäe – obwohl das Schießen der weiblichen und jüngeren Tiere eine stärkere Bestandsreduktion mit sich bringen würde.
Ob Traditionen ihren Sinn haben oder nicht, gelte es stets abzuwägen, antwortet die LWF auf Anfrage. Bei den immensen Herausforderungen beim Waldumbau im Klimawandel müsse man manche Traditionen – die den schnellen Waldumbau behindern – "sehr kritisch hinterfragen" und gegebenenfalls aufgeben.
Welche Position vertritt der Jagdverband beim Konflikt zwischen Wild und Wald?
Dass keine Wildart ihre eigene Lebensgrundlage zerstört - davon ist Michael Hein, Vorsitzender der Kreisgruppe Würzburg im Bayerischen Jagdverband überzeugt. Unsere heutigen Wälder seien von Menschenhand geschaffene Holzproduktionsstätten, sagt er. Durch höhere Abschussquoten oder verkürzte Schonzeiten würde sich an der Verbisssituation im Wald nichts ändern.
Das sei auch an den immer höheren Abschussvorgaben der vergangenen 30 Jahre zu erkennen – ohne, dass der Verbiss im gleichen Maße zurückgegangen sei. Dadurch würde der Jagddruck und damit die Beunruhigung des Wilds steigen, was mit zusätzlich negativen Folgen für Verbiss und Naturverjüngung verbunden wäre.
Kann eine alternative, wildschonendere Jagdform die Lösung sein?
Die Beunruhigung des Wilds hält der Fürst nicht für ein valides Argument. Während etwa Rehböcke im Winter nicht bejagt werden dürfen, dürfen es andere Tiere sehr wohl. Insbesondere bei Treib- oder Drückjagden könne das Tier nicht entscheiden, ob es der Jäger auf sie selbst, oder etwa auf Wildschweine abgesehen hat. Das Wild sei also ohnehin permanentem Stress ausgesetzt.
Eine Lösung dahingehend sieht Fürst zu Castell-Castell etwa in der Intervalljagd, wie er sie in seinem Wald auch selbst betreibt. Hier werden, im Gegensatz zur Ansitz- und Pirschjagd, hohe Abschusszahlen in kurzen Zeiträumen erzielt und das Wild ansonsten in Ruhe gelassen. Seine Wälder seien der Beweis dafür, dass diese Methode funktioniert – objektiv messbar ist das allerdings nicht.
Der Wirtschaftliche Zweck ist legitim, aber die Schuld bei d
Fürst zu Castell-Castell, der seinen Wald auch zu wirtschaftlichen Zwecken nutzt
Genau da liegt das Problem. Man will den Wald gar nicht sich selbst überlassen denn es geht um Wirtschaftlichkeit, es geht um Geld! Der Wald wird ausgebeutet - und dann wird scheinheilig von "Wald für Enkel erhalten" gesprochen.
Oder fangen Sie zunächst mit dem obigen Artikel an. Da steht genau drin, dass der Baron sich eben NICHT anmaßt,, alles steuern zu können, sondern vorsichtshalber verschiedene Baumarten ergänzt, in der Hoffnung, dass irgendwas davon überlebt.
Gibt es nur Fichtensamen, wachsen auf den Kalamitätsflächen erst mal wieder Fichten. Bis andere Arten zum Zug kommen und sich die Areale erobern können, dauert es Jahrhunderte.
Das wäre dumm.
In all der Zeit und auf all der Fläche würde auf den Nutzen des Waldes (damit ist längst nicht nur der wirtschaftliche gemeint) verzichtet. Für bloße Ideologie.
Das wäre ein Bärendienst für Artenvielfalt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit, usw.
Einem Kranken hilft man doch auch, schnell wieder fit zu werden. Man lässt ihn nicht elend verrecken.
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Der Fürst setzt auf Stabilität, Vielfalt und langfristig gesunden Wald. Eben nicht auf die schnelle wirtschaftliche Nutzung mit Fichte.