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Astheim
Unfälle auf dem Dschungelpfad: Wie gefährlich ist der Weg für Wanderer?
Harmloser Wanderweg, gefährliche Strecke, oder sollte er ganz der Natur überlassen werden? Rund um den Volkacher Dschungelpfad gibt es viele Diskussionen. Zeit für einen Besuch.
Der Dschungelpfad führt entlang des Mains von Astheim nach Kaltenhausen (Lkr. Würzburg). Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein begleitete die Reporterin auf dem schmalen Pfad und ging voran.
Foto: Barbara Herrmann | Der Dschungelpfad führt entlang des Mains von Astheim nach Kaltenhausen (Lkr. Würzburg). Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein begleitete die Reporterin auf dem schmalen Pfad und ging voran.
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 09.02.2024 06:32 Uhr

Es ist nur ein kurzer Moment, leichte Selbstüberschätzung trifft auf glitschigen Untergrund, und schon rutscht die Reporterin ein Stück auf den Knien im Schlamm. Trotz guten Schuhwerks. Aber macht das den Volkacher Dschungelpfad zu einem gefährlichen Wanderweg? Zu einem, der dringend abgesperrt gehört, um die Menschen vor ihrem eigenen Leichtsinn zu schützen und weitere Rettungsaktionen dort zu verhindern? Oder muss dieses schöne Stück Wald entlang des Mains vor allem vor den Menschen geschützt werden angesichts seines Wertes als Naturschutzgebiet?

Viele Fragen rund um einen schmalen Waldweg von gerade mal 1,1 Kilometern Länge. Um dorthin zu gelangen, an das Mainufer zwischen Volkach und dem Weiler Kaltenhausen (Lkr. Würzburg), ist ab dem Parkplatz in Astheim erst einmal ein 2,5 Kilometer langer Marsch nötig. Der Nebel verschluckt an diesem Samstag im November das Leuchten der bunten Weinberge auf der anderen Mainseite, doch die Streuobstwiesen halten dagegen.

Der Bürgermeister steht als Wanderführer bereit

Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein spielt an diesem Vormittag den Wanderführer für die Reporterin, begleitet von Ehefrau Inka und Hündin Tessa. Beim Bürgermeister ist es selbst eine Weile her, dass er auf dem Dschungelpfad unterwegs war. Einheimische, so hört man in Gesprächen immer wieder, seien schlau genug, den Weg nach Regentagen zu meiden. Aber nun ja, der Termin war nun mal abgemacht. "Und wenn's nicht geht, drehen wir einfach um", sagt Bäuerlein.

Von Astheim aus geht es erst eine Weile über Feldwege und an Streuobstwiesen entlang, bis man zum Beginn des Dschungelpfads gelangt.
Foto: Barbara Herrmann | Von Astheim aus geht es erst eine Weile über Feldwege und an Streuobstwiesen entlang, bis man zum Beginn des Dschungelpfads gelangt.

Also weiter geht's in der feuchten Herbstluft, vorbei an Zwetschengenbäumen, die so spät noch schwere Lasten tragen. Vorbei auch an an Heinz Wagenhäuser, der mit seinem Sohn Karl gerade auf seiner Streuobstwiese arbeitet.

Den Dschungelpfad einfach absperren geht nicht

Die Diskussion rund um den Dschungelpfad kennen die beiden gut. Vater Heinz beobachtet regelmäßig die Wanderer, die mit "Schläpple" an den Füßen bei ihm vorbeikommen. Sohn Karl hilft als Mitglied der Wasserwacht dann bei deren Rettung. So wie bei dem Unfall Ende Oktober, bei dem sich ein 58-Jähriger schwer verletzt hat.

Der Beginn des Dschungelpfads von Volkacher Seite aus. Ein Schild weist den Pfad als Privatweg aus: 'Kein Durchgang'. Hündin Tessa scheint das nicht zu stören.
Foto: Barbara Herrmann | Der Beginn des Dschungelpfads von Volkacher Seite aus. Ein Schild weist den Pfad als Privatweg aus: "Kein Durchgang". Hündin Tessa scheint das nicht zu stören.

Ob ein Schild oder eine Schranke nicht helfen könnten, die Unvorsichtigen zu stoppen, will Heinz Wagenhäuser wissen. Und: "Werden die Leute dann zur Kasse gebeten?" Fragen, die nicht nur er sich stellt. Aber so einfach ist das alles nicht.

Antworten darauf finden sich im Bayerischen Naturschutzgesetz und im Bayerischen Feuerwehrgesetz. In Erstem heißt es, dass "der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur jedermann gestattet" sei. Zudem seien "der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten und allenfalls durch Einschränkungen des Eigentumsrechtes freizumachen".

Eine der kniffligen Stellen des Dschungelpfads an dem Steilhang. Dort kann man leicht abrutschen.
Foto: Barbara Herrmann | Eine der kniffligen Stellen des Dschungelpfads an dem Steilhang. Dort kann man leicht abrutschen.

Die Eigentumsverhältnisse sind beim Dschungelpfad ohnehin kompliziert. Ein Großteil ist Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, weil er im Uferbereich des Mains als Bundeswasserstraße liegt. Weitere Flächen gehören den Kommunen Volkach und Eisenheim oder sind in Privateigentum. Nicht nur deswegen sagt Bäuerlein kurz vor dessen Beginn, dass er den Dschungelpfad "nicht zugittern" wolle. Er wolle auch nicht, dass alle darunter leiden müssen, weil Einzelne ausrutschen – oder falsche Schuhe tragen.

Rettungen von Menschen und Tieren sind kostenfrei

Womit man wieder beim Feuerwehrgesetz wäre. Und darin heißt es, dass Rettungen von Personen oder Tieren bei akuter Gefahr immer kostenfrei sind. So erläutert es Wilfried Schober, Pressesprecher des Bayerischen Gemeindetags. Außer jemand habe sich "vorsätzlich oder grob fahrlässig" in Gefahr begeben.

Unfälle auf dem Dschungelpad erforderten Rettungsaktionen über den Main. Darum ist an einer Stelle auch ein Baum am Ufer mit greller Farbe markiert, als Zeichen für die Rettungskräfte.
Foto: Barbara Herrmann | Unfälle auf dem Dschungelpad erforderten Rettungsaktionen über den Main. Darum ist an einer Stelle auch ein Baum am Ufer mit greller Farbe markiert, als Zeichen für die Rettungskräfte.

Aber das hat Moritz Hornung, Pressesprecher der Volkacher Feuerwehr, bei den Einsätzen am Dschungelpfad bislang nicht erlebt. Aus Sicht der Rettungskräfte könne man "keinem der bisher Verunfallten grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorwerfen, nur weil er beim Wandern unglücklich stürzt oder zur falschen Zeit am falschen Ort einen Herzinfarkt bekommen hat". Denn nicht immer seien Stürze der Grund für Rettungseinsätze auf diesem Weg gewesen.

Der Dschungel entpuppt sich als Wald

Nun aber hinein in den vermeintlichen Dschungel. Welsh-Terrier-Hündin Tessa flitzt voraus, die Zweibeiner kommen gut hinterher. Der Pfad entpuppt sich als schöner Waldweg, anfangs leicht zu laufen. Aber als am Steilhang der matschige Untergrund unter dem bunten Laub hervorschaut, ist Vorsicht geboten. Und an der zweiten kniffligen Stelle sind die Füße dann ganz schnell in der Luft. Doch selbst Schuld: Die ausgestreckte Hand Bäuerleins war greifbar – seine Frau Inka ist schlauer.

Unfälle auf dem Dschungelpfad: Wie gefährlich ist der Weg für Wanderer?

Weiter geht's über Wurzeln durch den Wald und direkt am Mainufer entlang. Und ehe man sich versieht, ist die kurze Wanderung durch das mehrfache Schutzgebiet schon vorbei. Als solches ist der Mainhang an der Vogelsburg ein sensibler Bereich und als Naturschutz-, Vogelschutz und Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ausgewiesen. Was Heiko Bäuerlein positiv auffällt: Taschentücher oder gar Müll sind nirgends zu sehen. Darauf scheinen die Leute immerhin besser zu achten als manche auf die Wahl der richtigen Wanderschuhe.

Im Herbst ist der Dschungelpfad stellenweise sehr matschig und dadurch rutschig.
Foto: Barbara Herrmann | Im Herbst ist der Dschungelpfad stellenweise sehr matschig und dadurch rutschig.

Sind aber die letzten rutschigen Matschwege geschafft, öffnet sich das Gelände auf eine weite Wiese Richtung Kaltenhausen. Der Landkreis Würzburg ist erreicht. Einmal umgedreht ist nun auch das Schild des Marktes Eisenheim zu sehen. "Begehen auf eigene Gefahr", liest man dort. Doch auch ein solches Schild sei "nur ein Hinweis mit belehrendem Charakter", klärt Wilfried Schober vom Gemeindetag auf.  Man könne es zwar aufstellen, "es begründet aber keine Haftung". Einen ausgerutschten Wanderer zur Kasse zu bitten, geht also nicht.

Was der Reporterin bleibt nach diesem Ausflug, ist neben einer schmutzigen Hose die Erkenntnis: Der Dschungelpfad ist im nassen November keine gute Idee; gutes Schuhwerk und die richtige Ausrüstung sind dort aber zu jeder Jahreszeit ein Muss. Und noch eines wurde deutlich: Die Natur dort muss sicher mehr vor dem Menschen geschützt werden als der Mensch vor der Natur.

Einsätze am Dschungelpfad

Die Rettungseinsätze am Dschungelpfad ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich, auch weil daran neben der Feuerwehr meist die Wasserwacht Volkach, das THW Kitzingen und der Rettungsdienst beteiligt sind. Wie die Statistik der Volkacher Wehr (jeweils Stand 10. November) zeigt, machen diese aber nur einen Bruchteil aus. Einsätze am Dschungelpfad: 2017: 1, 2018: 0, 2019: 1, 2020: 1, 2021: 3. Einsätze gesamt: 2017: 84, 2018: 104, 2019: 89, 2020: 92, 2021: 90.
Runder Tisch: Über das weitere Vorgehen in punkto Dschungelpfad beraten Anfang Dezember Vertreterinnen und Vertreter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes, der Kommunen Volkach und Eisenheim, des Landratsamtes und dessen Unterer Naturschutzbehörde sowie der örtliche Jagdpächter.
Quelle: Moritz Hornung (FFW Volkach), bh
 
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Kommentare
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  • M. R.
    Dieser Führsorgewahn ist unfassbar!
    Die Menschen können fei von Treppen runterfallen und sich verletzen wenn sie am Bordstein stolpern!
    Bitte dringend Bordsteine mit Schaumstoff polstern!!!
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    Im Bett ist es sicherer und man rutscht nicht aus. Allerdings verhungert man dann irgendwann ...
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    BR Quer!
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  • H. S.
    Einfach ist der Weg nicht ganz, bin auch schon zweimal mit meinem Enkel auf der Schulter ausgerutscht, zum Glück hat er sich nur das Schlüsselbein gebrochen und somit ging’s munter weiter.
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  • R. R.
    Die Aufmerksamkeit die der "Dschungelpfad" hier genießt grenzt langsam an Satire. Bin gespannt wann die ersten Wanderer mit nepalesischen Sherpas antreten.... 😉
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  • M. E.
    In den Alpen, z.B., werden abschüssige und schwer begehbare Wege gesichert. Dies kann ein simpler Handlauf oder Pfosen, mit einem Stahlseil verbunden, sein. Mehr brauchts da gar nicht
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  • F. R.
    Genau! Auch in Mittelgebirgen! Aber Flachlandtiroler können damit offensichtlich nicht umgehen. Das sind oft nur relativ wenige, gefährliche, kürzere Passagen, mit bergseitigem Stahlseil, an dem man sich festhalten kann. Und mit wenig Aufwand ist das Problem gelöst!
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  • S. K.
    Was wird sich denn so aufgeregt wegen des Dschungelpfads? Bin diesen auch schon mehrfach begangen. Ich sehe hier keine Probleme, außer das das Schuhwerk nicht angepasst ist oder evtl die eigene Fitness überschätzt werden könnte.
    Wenn dieser Weg das Maß der Dinge für eine Sperrung aufzuzeigen sollte, dann können in der Rhön 80 Prozent aller Wanderwege für die Allgemeinheit dicht gemacht werden. Und bei drei Unfällen im Jahr mit einem Aufgebot an Rettungskräften…auch hier müsste man z. B. Den Kreuzberg weitläufig dicht machen. Die Bergwacht ist hier Sommer wie Winter beschäftigt.
    In diesem Sinne denkt an passendes Schuhwerk und einen vollen Akku im Handy, schaltet den gesunden Menschenverstand ein und genießt die Schönheit der Natur.
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    Sehr gut, daß nun endlich ein lesbares !!! Schild am Eingang zum Dschungelpfad von der Stadt Volkach aufgestellt worden ist! Ich weise seit vielen Monaten mehrfach darauf hin und bisher hatte sich diesbezüglich nichts getan. Bitte auch unbedingt den Dschungelpfad von den beiden Wander/Radkartentafeln (1 x am Durchgang zur Anlegestelle, 1 x am Parkplatz Freibad) nehmen, wenn nötig per Hand unkenntlich machen. Der Zusatz: schwer begehbar forderte viele Wanderer geradezu heraus. Auch das Entfernen hatte ich mehrfach erbeten. Leider keinerlei Reaktion der Stadt Volkach. Danke an die Mainschleifenbahner, die diesen Wanderweg auf meine Bitte per Hand von der Tafel an der Haltestelle Astheim entfernt haben. Flexible Reaktion von Seiten der Verwaltung? leider Fehlanzeige.....
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  • B. G.
    Achso, dann sollte der Weg nur noch für wenige privilegierte Leute sein? Besser mal in die Bay. Verfassung schauen, die Natur ist Allgemeingut und jedermann frei zugänglich.
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  • J. S.
    Das, was in der Verfassung steht ist doch nur um vor Ort zu sein, ein "schwammiger" Begriff. Der Teufel liegt doch im Detail. Das sieht man auch an dem Wert oder der Aussage zu dem Schild: "Begehen auf eigene Gefahr!" Vielleicht braucht´s ein Schild ähnlich wie im Autoverkehr Schleudergefahr hier: "Vorsicht Matsch und Schlamm! Rutsch Gefahr!" Da kommt Freude auf, wenn´s einem dann so ergeht - auch und grade als Fremder. Warum sagt uns das denn keiner?
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