Die Werbebotschaften in Outdoor-Internetseiten und auf den sozialen Medien klingen ungemein einladend: unberührter Urwald, Lianen, die von kreuz und quer wachsenenden Bäumen hängen, wildes Dickicht und die absolute Nähe zum Wasser, fernab jeglicher Zivilisation. "Auf zum Dschungelpfad", heißt es dann.
Hie und da findet man noch kurze Warnungen, dass es dort nicht ganz ungefährlich sei. Wegen des Gefälles zum Beispiel. Doch solche Hinweise sind schnell vergessen. Mit dem fortschreitenden Tourismus hat nämlich auch Jahr für Jahr die Zahl derer zugenommen, die auf dem immer gefährlicher und zum Teil fast undurchdringlich werdenden Pfad die Freiheit der Natur genießen wollen. Fast zwangsläufig ergibt sich daraus eine Steigerung von Wanderunfällen und medizinischen Notfällen, die auch schon zu einem Todesfall geführt haben.
Immer mehr Wanderer und Radler
"Früher waren das nicht so viele Leute, die Richtung Dschungelpfad gewandert sind", meint ein Angler, der schon seit Jahren an den Mainauen seine Angel auslegt. "Doch jetzt sind es richtige Wandergruppen, die an mir vorbei pilgern, inklusive Radfahrer." Von Jahr zu Jahr haben sich auch die Verantwortlichen der Rettungseinheiten wie BRK, Wasserwacht, Feuerwehr und zum Teil das THW auf die Situation eingestellt.
Ein Notarzt erinnert sich an einen Fall aus dem Jahr 2013, als ein Wanderer beim Abstieg vom Untereisenheimer Bahnhof im Steilhang stürzte und sich schwer verletzte. Er wurde von der Feuerwehr in einer Schleiftrage bis zum Uferbreich des Mains abgeseilt und dann einen Kilometer weit zum Rettungswagen getragen. Da diese Rettungsart jedoch langwierig und gefährlich für die Helfer war, hat man vor wenigen Jahren zum Bergen eines Verletzten ein Wasserrettungsboot eingesetzt, das den Patienten direkt am schwer zugänglichen Uferbreich aufnahm und an die gegenüberliegende Mainseite transportierte, wo dann ein Rettungswagen wartete.
Das hat so gut geklappt, dass die Verantwortlichen diese Einsatztaktik ausfeilten und in einem eigenen Alarm- und Einsatzplan festlegten. Wird heute ein Notfall vom Dschungelpfad gemeldet, ruft die Rettungsleitstelle diesen Alarmplan auf, der laut BRK-Chef Felix Wallström „mit einem hohen Personal- und Zeitaufwand verbunden ist.“ Dieses komplexe Vorgehen sei aber hinreichend bekannt und trainiert. Man ist also vonseiten der Rettungskräfte vorbereitet und kann solche Einsätze abwickeln.
Rettungskräfte haben besondern Alarmplan
Ähnlich sieht es der Pressesprecher der Volkacher Feuerwehr, Moritz Hornung: "Die gute Ausbildung und die Erfahrung macht´s." Im Jahr kommt es im Schnitt zu zwei Einsätzen am Dschungelpfad, die stets nach diesem Schema ablaufen: Die Leitstelle alarmiert nach einem Notruf die Wasserwacht und den Landrettungsdienst, die vor Ort eine gemeinsame Einsatzleitung aufbauen. Zur Unterstützung wird die Feuerwehr gerufen. Jeweils eine Einheit begibt sich von beiden Seiten her zu Fuß auf den Dschungelpfad, um möglichst schnell die oft nur ungenau angegebene Unglücksstelle zu finden. Von der Wasserseite aus suchen parallel Rettungsboote nach Verunglückten.
Ist der Patient gefunden, werden Sanitätspersonal und Notarzt zum Dschungelpfad übergesetzt, um dann den Patienten per Boot auf das freiliegende Ufer vor dem Elgersheimer Hof zu bringen. Von dort aus kann der Patient mit einem Sanitätsfahrzeug oder mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert werden. Die Leiterin der Wasserwacht, Sylvia Voit, betont, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Dienste reibungslos klappt.
Einig sind sich alle Beteiligten, dass eine Sperrung des Dschungelpfades nicht möglich beziehungsweise erforderlich ist. Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein erklärt dazu, dass der Dschungelpfad wie ein Bergpfad im Hochgebirge zu sehen ist. Auch dort komme es immer wieder zu Unfällen, die eine aufwendige Rettungsaktion nach sich ziehen. Dennoch: „Auch dort kann man ja den Weg nicht absperren.“ Das sieht Simon Vornberger, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Landratsamt, ebenfalls so.
Dennoch haben die Beteiligten einen Lösungsansatz: Mit Schildern soll vor Ort auf die Gefährlichkeit des Pfades hingewiesen und an die Vernunft appelliert werden, den Pfad nicht sorglos zu betreten. Wichtig wären Sperrschilder für Radfahrer. Des Weiteren müsste, wie schon teilweise geschehen, eine offensive Bewerbung des Pfades aus Prospekten herausgenommen werden.