Lkw-Fahrer legen mit ihren 40-Tonnern hunderttausende Kilometer auf der Autobahn zurück – und haben dabei seit Jahren mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Vor einigen Wochen trafen sich viele von ihnen in Geiselwind (Lkr. Kitzingen), wo jedes Jahr Deutschlands größtes Trucker-Festival stattfindet. 800 Lkw. Tür an Tür. Für die Brummi-Fahrer ist das Wochenende ein großes "Familientreffen".
Und wie in einer Familie üblich muss auch dort über Probleme gesprochen werden. Klopft man an den Türen und unterhält sich mit den Truckern, wird schnell deutlich: Ihr Frust ist groß.
- Mein Lkw, mein Heiligtum: So lief das Trucker-Festival in Geiselwind
Ein Problem: Viele Fahrer wissen nicht mehr, wo sie Pause machen und die Nacht verbringen sollen. "Die Parkplätze sind einfach voll", erzählt einer von ihnen. Aktuell gibt es in Unterfranken 21 unbewirtschaftete und zwölf bewirtschaftete Raststätten sowie 35 Parkstreifen. Doch das reiche nicht aus. In ihrer Not parken die Lkw-Fahrer deshalb auf Standstreifen, im Halteverbot und in Einfahrten. Nur so können sie ihre Pausenzeiten einhalten.
Zu wenig Parkplätze an Autobahnen
Der Bundesregierung ist das Problem bekannt. Aus dem Verkehrsministerium (BMVI) heißt es: Es sei wichtig, dass Lastwagenfahrer gut ausgeruht sind, damit sie ihre Fahrt sicher fortsetzen können. Doch die Realität sieht häufig anders aus.
2008 kam eine Studie des BMVI zu dem Ergebnis, dass 14 000 Stellplätze fehlen. Das Ministerium reagierte und investierte mehr als eine Milliarde Euro. Das Problem: Weil der Verkehr kontinuierlich zunimmt, steigt auch der Bedarf immer weiter. Obwohl seit 2008 17 300 zusätzliche Lkw-Parkmöglichkeiten entstanden sind, fehlten 2013 noch immer 11 000 Stellplätze. Eine Erhebung aus dem vergangenen Jahr wertet das Ministerium derzeit aus.
Auf der Straße wird es auch immer enger. "Der Verkehr hat zugenommen. Das ist irre", erzählt einer der Trucker in Geiselwind und bestätigt damit indirekt Zahlen des Verkehrsministeriums. Laut einer aktuellen Prognose für das Jahr 2030 nimmt der Personenverkehr auf der Straße um 10 Prozent gegenüber 2010 zu. Im Güterverkehr sind es ganze 40 Prozent. Die Folge: Es wird kräftig gebaut.
Allein 2018 ist die Zahl der Baustellen bundesweit um drei Prozent gestiegen. Rund 133 Milliarden Euro steckt der Staat laut BMVI bis 2030 in den Ausbau- und Neubau von Fernstraßen. Doch die Baustellen gelten laut ADAC als Hauptverursacher für Staus. Für Berufskraftfahrer, die unter enorm Termindruck stehen, wird das zum Problem.
- Lesen Sie auch: Die ADAC-Staubilanz trifft Autofahrer in Unterfranken hart
"Seit sieben Jahren geht einfach nichts voran", ärgert sich einer der Teilnehmer des Trucker-Festivals. Die Autobahndirektion Nordbayern bestätigt dieses Gefühl. Aktuell seien in Unterfranken rund 24 Kilometer des Autobahnnetzes durch Baumaßnahmen beeinträchtigt. Die Zahl sei seit zehn Jahren beständig hoch. Kleinere Maßnahmen, die nur wenige Wochen dauern, sind hierbei nicht einmal erfasst.
Vor allem die A7 und die A3 – im Volksmund gerne als "größter Parkplatz Deutschlands" verspottet – werden für Lkw-Fahrer zu Geduldsprobe. "Da stehst du einfach und nix geht voran", erzählt einer von ihnen.
- Main-Post-Story: A3 bei Würzburg – So verschwand die Autobahnbrücke
"Wenn nicht irgendwann die Lkw stehen bleiben sollen, müssen die Bedingungen verbessert werden", kritisiert Patrick Gerson von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
Neben den fehlenden Parkplätzen sei vor allem der ständige Zeitdruck ein Problem. "Die Terminpläne werden immer enger getaktet", sagt Gerson. "Gleichzeitig gibt es kaum noch Uhrzeiten, zu denen man vor Staus gefeit ist." Das passe nicht zusammen. "Wenn der Beruf des Lastwagenfahrers wieder attraktiver werden soll, müssen die Arbeitgeber Löhne und Fahrtzeiten attraktiver gestalten."
Stundenlang im Stau
Die Probleme auf den unterfränkischen Autobahnen bekommen auch die Logistik und Speditions-Unternehmen in der Region zu spüren. Weil viele Fahrer stundenlang im Stau feststeckten, sei die Auslastung der Fahrzeuge deutlich niedriger. Zusätzlich müsse immer Equipment und Personal vorgehalten werden, falls es zu Verzögerungen kommt.
Das verursache spürbare Mehrkosten, sagt Thorsten Schmied, Niederlassungsleiter der Spedition Schäflein am Standort Röthlein (Lkr. Schweinfurt). Zusätzlich verschärft werde die Situation durch denakuten Nachwuchsmangel.
- Immer informiert: Spannende Wirtschafts-Nachrichten aus Mainfranken
Gleichzeitig nimmt der Güterverkehr auf der Straße deutlich zu. "Die Sendungen werden zwar immer kleiner, aber dafür weiter transportiert", sagt Andreas Wagner, Sprecher der Spedition Pabst in Gochsheim (Lkr. Schweinfurt). "Die Leute bestellen heute Massen an Mini-Paketen bei Amazon." Eine solche Logistik funktioniere nur mit minutengenauer Taktung. So lautet zumindest die Theorie, denn den normalen Tag ohne Baustellen und Verzögerungen auf der A3 habe es laut Wagner die letzten zehn Jahre nicht gegeben.
Auf Nachfrage spricht auch die Polizei von einer "seit Jahren problematischen Verkehrssituation" in Unterfranken. Doch der Erklärung vieler Brummi-Fahrer, wonach Unfälle und Staus vor allem auf Autobahnabschnitten mit Lkw-Überholverbot entstehen, widerspricht Rainer Dürr von der Verkehrspolizeiinspektion Würzburg-Biebelried. Im Gegenteil: Meist führe die Missachtung des Verbots zu Staus.
Pkw versus Lkw
Ein weiteres Problem aus Sicht der Polizei seien Ein- und Ausfahrten. Dort würden sich Autofahrer – um beispielsweise die Autobahn zu wechseln– zwischen die schon dicht gedrängten Lkw-Ketten drängen. "Da passieren häufig Unfälle – auch wenn es meist bei Blechschäden bleibt", sagt Rainer Dürr. Die Pkw-Fahrer würden unterschätzen, wie schlecht der Frontbereich eines Lkw einsehbar sei.
Auch die Trucker wünschen sich mehr Achtsamkeit auf Seiten der Pkw-Fahrer. "Ein 40-Tonner bremst einfach nicht von jetzt auf gleich", sagt einer von ihnen und hat auch gleich eine Lösung parat: "Jeder Autofahrer sollte sich in der Fahrschule einmal in einen Lkw setzen."
Nicht nur nach Navi fahren
Auch die Polizei hat noch einen Wunsch: Wenn Autofahrer Staus umfahren wollen, sollten sie der Beschilderung folgen. Für jeden Autobahn-Abschnitt gebe es zwischen zwei Anschlussstellen eine durchdachte Umleitung. Daran orientiere sich auch die Polizei. Viele Autofahrer würden jedoch blind nach Navi fahren und landen so beispielsweise auf dem Würzburger Stadtring. Die Folge: ein Verkehrschaos.
Lese-Tipp: Warum Unterfranken für weniger Geld mehr arbeiten
- Rettungsgasse bilden! Sobald ein Stau entsteht, also bereits bei stockendem Verkehr, müssen Autofahrer eine Rettungsgasse bilden. Die Rettungsgasse wird immer zwischen dem linken und den übrigen Fahrstreifen gebildet. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Bußgeld von 200 bis 320 Euro.
- Bei der nächsten Ausfahrt abfahren? Bei einem Stau die Autobahn bei der nächsten Abfahrt zu verlassen ist natürlich erlaubt, löst das Problem aber in der Regel nicht. Denn oft gibt es auf den Landstraßen hinter der Abfahrt neue Staus und die Ausweichstrecken sind verstopft.
- Standstreifen freihalten! Egal, wie sehr es sich auch staut: Auf der Standspur darf kein Fahrzeug fahren. Wer dennoch den Standstreifen nutzt, etwa um schneller zum Rastplatz oder zur Autobahnausfahrt zu gelangen, riskiert 75 Euro Bußgeld und einen Punkt. Einzige Ausnahme: Wenn Verkehrszeichen die Nutzung des Standstreifens erlauben. Auch das Halten auf dem Standstreifen der Autobahn ist verboten. Wer dagegen verstößt, muss 30 Euro Verwarnungsgeld zahlen. Beim Parken wird es noch teurer: 70 Euro Bußgeld und ein Punkt.
- Nicht auf der Autobahn aussteigen! Laut Straßenverkehrsordnung ist es auch im Stau nicht erlaubt, auf der Autobahn aus dem Auto zu steigen. Das Betreten der Fahrbahn ist nur erlaubt, um einen Unfall abzusichern. Ein Verstoß wird mit einem Verwarnungsgeld von 10 Euro geahndet. Steht der Verkehr auf der Autobahn bei einer Vollsperrung für lange Zeit, wird die Polizei jedoch vermutlich auf eine Anzeige verzichten, wenn Sie kurz aussteigen und sich die Beine vertreten. Dabei dürfen Sie natürlich die Rettungskräfte nicht behindern. Sie sollten sich aber nie weit von Ihrem Fahrzeug entfernen – schließlich kann sich der Stau genauso schnell wieder auflösen, wie er entstanden ist.
- Rechts überholen? Rechts überholen ist nur dann erlaubt, wenn der Verkehr auf dem linken Fahrstreifen steht oder mit höchstens 60 Stundenkilometer fährt. Bei stehendem Verkehr darf man rechts mit maximal 20 Stundenkilometer vorbeifahren. Ist der Verkehr auf dem linken Fahrstreifen in Bewegung, darf rechts mit einer Differenzgeschwindigkeit von höchstens 20 Stundenkilometern überholt werden. Sie dürfen dann also höchstens Tempo 80 fahren. Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Geldbuße von 100 Euro sowie einen Punkt.
- Nicht rückwärts fahren und wenden! Rückwärtsfahren oder gar wenden ist auf der Autobahn natürlich auch im Stau tabu, es sei denn, die Polizei fordert dazu auf. Sonst drohen eine Geldbuße bis zu 200 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.
- Nicht mit dem Handy telefonieren! Auch während eines Staus ist das Telefonieren ohne Freisprechanlage strikt verboten, sofern der Motor nicht ausgeschaltet ist. Wer sich nicht daran hält, muss mit einem Bußgeld von 100 Euro bis 200 Euro, zwei Punkten und einem Fahrverbot rechnen. (mel/ADAC)
Die Bahn sucht Zugführer...
Jobs gibts genug, ich verstehe nicht warum man sich als Trucker so hetzen lässt?
Soll der "Spezialist" von der Dispo doch selber mal seine Routen fahren und alle OWis, ob entdeckt oder nicht, an die Verkehrswacht spenden.
Gibts da keine Gewerkschaften??
Bei einigen LKW und Bussen muss der Frontbereich eines LKW und auch Busses doch sehr gut einsehbar sein. In letzter Zeit ist es mit öfter passiert, dass hinter mir an der Ampel oder im Stau einer der beiden Fahrzeugtypen so weit aufgefahren ist, dass ich im Rückspiegel schon den Eindruck hatte, dass er mir gleich im Kofferraum steht.
Und dann das Verbrauchsverhalten der Konsumenten, die das ganze Jahr z.B. Gemüse aus Spanien wollen.
Des Weiteren sollten die LKW Fahrer ihren Frust bei sich behalten. Überholen darf man laut Gesetz nur mit deutlich höherer Geschwindigkeit. Dass die Kollegen mit 91 km/h überholen, wo der andere 89 km/h fährt ist somit nicht erlaubt. Aber mit Überholverboten haben sie es nicht so... und kommt mir bitte nicht mit dem Argument, sie sind dann 7 Minuten früher am Zielort... Ich hab auch Termine einzuhalten in meinem PKW.
Ob sie dann immer noch Termin haben, bezweifle ich.
( 60 auf der Landstraße! )