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Geiselwind
Trucker-Festival in Geiselwind: Mein Lkw, mein Heiligtum
Tausende Fernfahrer aus ganz Deutschland kamen am Wochenende nach Geiselwind und präsentierten stolz ihre 40-Tonner. Ein "Familientreffen" der besonderen Art.
'Familientreffen': Auf der Autobahn verbringen Lkw-Fahrer viel Zeit allein. Das Festival in Geiselwind bringt alle zusammen. 
Foto: Silvia Gralla | "Familientreffen": Auf der Autobahn verbringen Lkw-Fahrer viel Zeit allein. Das Festival in Geiselwind bringt alle zusammen. 
Moritz Baumann
Moritz Baumann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:48 Uhr

Ausschlafen? Keine Zeit. Auch nach zwei Tagen Festival-Betrieb – inklusive Mia-Julia-Party und Country-Nacht – waren am Sonntagmorgen die ersten Brummi-Fahrer schon früh auf den Beinen. Kurzes Frühstück, dann polierten sie die Frontklappen, Kühlergrills und Auspuffrohre ihrer Lkw und besserten letzte Kratzer mit Lack und Pinsel aus. Das Führerhaus wurde noch mal durchgesaugt. Wenn tausende Besucher aufs Trucker- und Country-Festival strömen, muss schließlich alles glänzen.

Ein Autohof, 800 Trucks

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Das Wochenende in Geiselwind (Lkr. Kitzingen) ist wie ein "Familientreffen": Was als kleines Fernfahrer-Fest in den 80er-Jahren begann, entwickelte sich über die Jahre zu Deutschlands größtem Trucker-Festival. Für Veranstalterin Ruth Strohofer fühlt sich das jedes mal an wie die "fünfte Jahreszeit". 

Rund 30 000 bis 40 000 Besucher seien es in diesem Jahr gewesen, schätzt sie. Über 800 Lkw mussten – Tür an Tür – auf dem rund 50 Hektar großen Autohof-Gelände Platz finden. "Das war wieder eine logistische Mammut-Aufgabe", erzählt sie. Dazu kamen noch Messe-Stände und Foodtrucks, Bühnenprogramm, Rodeo-Reiten und Konzerte bis spät in die Nacht. Nur für wenige Stunden gingen die Lichter auf dem Autohof aus. 

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Ein bisschen Chaos gehöre einfach dazu, erzählen Trucker, die schon seit Anfang der 90er jedes Jahr nach Geiselwind kommen. Einer von ihnen ist Henry Grohganz. Der passionierte Fernfahrer ist Vorsitzender des Brummi-Clubs "Fränkische Schweiz". Er und seine Vereinskollegen hatten an diesem Wochenende eine besondere Aufgabe: Sie entschieden mit, wessen Trucks am Montag prämiert wurden. 

Den ganzen Tag über waren sie auf den Beinen, nahmen über 100 Lastkraftwagen unter die Lupe. "Da musst du ganz sensibel sein", erklärte Henry Grohganz. "Die Fahrer sind sehr, sehr stolz auf ihre Maschinen." Dabei weiß der Juror genau, worauf er achten muss.

Schon als Kind hat er seinen Vater im Lkw begleitet, mit 18 Jahren zum ersten Mal Blumen aus Holland geholt – mit einem Sieben-Tonner. Er erkennt sofort, wenn ein Lkw aus der Masse heraussticht. Besonders wichtig ist ihm Kreativität. "Viele Fahrzeuge sind einfach von der Stange", sagte er. "Die haben natürlich keine Chance." Es gibt aber auch die anderen, die besonderen. Wie etwa einen Oldtimer-Truck, der schon über 1 000 000 Kilometer auf Autobahnen und Landstraßen zurückgelegt hat. "Solche Dinger haben Charakter." 

Mit Schwamm und Pinsel

Für Trucker ist ihr Lkw ein Heiligtum. Viele von ihnen verwirklichen sich in ihren Fahrzeugen. Sie legen ihr Führerhaus mit Parkett aus und bauen im Innenraum unzählige kleine LED-Lämpchen ein. Von außen stechen exklusive Felgen, Hochglanz-Accessoires und aufwendige Airbrush-Lackierungen ins Auge.

Auf dem Festival sah man die verschiedensten Motive: von der Piratenschlacht auf hoher See über Star-Wars bis hin zur Mittelalter-Szene. Für alle gilt: Bloß keine Kratzer. Viele Fahrer haben deshalb unterwegs immer Schwamm und Reinigungsmittel sowie Pinsel und Lack an Board. "Ich investiere da jede freie Minute", so einer der Trucker. 

"The Walking Dead"

Die Qual der Wahl: Die Männer vom Brummi-Club 'Fränkische Schweiz' entschieden mit, wessen LKW prämiert wurde.
Foto: Moritz Baumann | Die Qual der Wahl: Die Männer vom Brummi-Club "Fränkische Schweiz" entschieden mit, wessen LKW prämiert wurde.

Am Sonntag gegen Mittag stand die Crew vom Brummi-Club plötzlich vor einem Truck, der jeden der Juroren von den Socken haute: Ein 40-Tonner im Stil der US-Fernsehserie "The Walking Dead" gestaltet, vollständig verkleidet und schlammfarben lackiert – mit viel Liebe zum Detail. Ein aufwendiges Airbrush-Motiv auf der Rückseite des Führerhauses, auffällige Auspuffrohre.

"Das ist schon echt der Hammer", entfuhr es Henry Grohganz. "Der hat einfach Persönlichkeit", sagte einer seiner Kollegen. Der Fahrer hatte an jedes Detail gedacht, nur war er für den Wettbewerb gar nicht angemeldet. Die Juroren waren trotzdem begeistert.

"Das ist wie eine Familie"

Meter für Meter schlängelte sich die Gruppe über das Gelände. Immer wieder verschwanden sie zwischen den Lkw – vorbei an heiteren Country-Fans und braungebrannten Trucker-Gruppen. Man kennt sich. "Das ist wie eine Familie. Da halten alle zam", erzählte Henry Grohganz stolz. 

Während die Juroren ihre Punkte vergaben, schmissen die ersten Festival-Besucher ihren Grill an. Die Stimmung war ausgelassen. Schon seit den frühen Morgenstunden floss das Bier. In den glänzend-polierten Aluminium-Bauteilen spiegelte sich die Mittagssonne. Doch trotz der Hitze, die sich zwischen den Lkw staute, liefen einige der Motoren den ganzen Tag über. Als mal wieder ein Hupkonzert über den Platz ertönte, scherzte Henry Grohganz: "Hier werden die Männer wieder zu Kindern."

Einen Tag später, am Montag, war es dann soweit. In elf verschiedenen Kategorien wurden Pokale vergeben, von Mini-Brummis über Oldtimer bis hin zu Supertrucks. Keine leichte Entscheidung, wie Ruth Strohofer erzählte. Zu viele Trucks begeisterten, zu viele Motive stachen hervor. Und so gab es dann eben den ein oder anderen Pokal extra, in mancher Klasse gleich zwei zweite oder zwei dritte Plätze. 

Bis ins letzte Detail: Viele Trucker verwandeln ihre Fahrzeuge in rollende Kunstwerke. 
Foto: Silvia Gralla | Bis ins letzte Detail: Viele Trucker verwandeln ihre Fahrzeuge in rollende Kunstwerke. 
 
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