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Sportvereine in der Corona-Krise: Wie der Weg zurück ins Leben gelingen soll
No sports! Das galt lange Zeit auch während der Pandemie. Jetzt läuft der Betrieb wieder an, nicht nur in Kitzingen und Wiesentheid. Eine Abteilung kann sich vor Nachfrage kaum retten.
Neustart in der Corona-Krise: Uli Drexelius (links) und Andreas Sinning wissen, dass sich das Vereinsleben beim TSV/DJK Wiesentheid nicht von null auf hundert hochfahren lässt.
Foto: Andreas Stöckinger | Neustart in der Corona-Krise: Uli Drexelius (links) und Andreas Sinning wissen, dass sich das Vereinsleben beim TSV/DJK Wiesentheid nicht von null auf hundert hochfahren lässt.
Andreas Stöckinger
Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:13 Uhr

Mit einem Sportfest versucht der TSV/DJK Wiesentheid nach der monatelangen Corona-Zwangspause sein Vereinsleben wiederzubeleben. Der mit rund 1150 Mitgliedern zweitgrößte Sportverein im Landkreis Kitzingen hat für kommenden Samstag, 11. September, nicht nur einen sportlichen Teil geplant. Bei "Wiesentheid macht Sport" soll auch das Gesellige im Vordergrund stehen. "Wir wollen die Leute wieder generell für den Verein interessieren, aufmerksam machen, dass es uns noch gibt", beschreibt Vorstandsmitglied Andreas Sinning die Absicht. Uli Drexelius, Leiter der Abteilung Leichtathletik, fügt hinzu: "Es soll eine Veranstaltung sein nach dem Motto: Ich treffe mich mal wieder mit Leuten, unabhängig vom Sport."

Drexelius obliegt im Verein unter anderem die Abnahme der Leistungen für das Sportabzeichen. Das kann jeder und jede Interessierte tagsüber beim Sportfest ablegen. Hier soll der Spaß, das olympische Prinzip "Dabei sein ist alles" im Vordergrund stehen. Die meisten der Leistungen, so Drexelius, seien von jedem zu schaffen. Insgesamt hat der Fusionsverein die Corona-Zeiten mit Monaten fast ohne Sportbetrieb nach Kräften bewältigt. "Die Mitgliederzahl ist konstant geblieben", sagt Sinning, "allzu großen Schwund hatten wir zum Glück nicht. Was uns aber fehlt, sind die Neueintritte. Sonst haben wir zu Jahresbeginn etwa 50, das sind meist Kinder. Da war heuer nichts."

Lange musste der Sport während der Pandemie pausieren. Auch in Wiesentheid war der Fußball-Spielbetrieb über Monate eingestellt.
Foto: Andreas Stöckinger | Lange musste der Sport während der Pandemie pausieren. Auch in Wiesentheid war der Fußball-Spielbetrieb über Monate eingestellt.

Gerade für Kinder und Jugendliche wolle man den Kontakt zum Sport wiederherstellen. Am schwierigsten sei die Zwangspause für Hallensportarten wie Turnen, Badminton oder Judo gewesen, "da ging gar nichts". Die Fußballer kicken nun mehr oder weniger freiwillig einige Klassen tiefer. Andere Abteilungen wie Tennis seien dagegen gut durch die Krise gekommen, so Sinning. Für den Vorstand habe die gesamte Situation einiges an Aufwand und Nerven gekostet. Bei den wöchentlichen Treffen im Internet sei es meist um die neuen Regeln gegangen. Bis sich die Wiesentheider damit beschäftigt hatten, seien sie oft schon wieder hinfällig gewesen, weil es ständig Neuerungen gab. "Der Staat schreibt uns was vor, das Landratsamt lässt sich noch was einfallen, und dann kommt noch die Gemeinde", sagt Sinning.

"Ich kann nicht von einer Trainerin verlangen, dass sie jedes Mal das Turngerät desinfiziert."
Andreas Sinning, Vorstandsmitglied des TSV/DJK Wiesentheid

Die Kommune hatte mit einem Schreiben Unverständnis hervorgerufen, wonach die Übungsleiter dafür verantwortlich seien, wenn es zu einem Corona-Fall kommt. "Ich kann nicht von einer Trainerin beim Turnen verlangen, dass sie jedes Mal das Turngerät desinfiziert", so Sinning. Auch solche Probleme musste der Verein lösen. Bei den Finanzen kam dem Klub zugute, dass der Landkreis die Zuschüsse pro Sportler in der Corona-Krise verdoppelte. "Das hat schon geholfen."

Die Sponsoren, etwa von der jährlichen Laufveranstaltung, blieben an Bord, eine Spendenaktion brachte Geld in die Kasse. Manches an Gebühren und Mieten fiel weg, doch Fixkosten wie der Unterhalt der Sportplätze blieben. Zu schlechter Letzt spülte das Hochwasser Probleme in den Verein. Einer der Tennisplätze wurde derart unterspült, dass er nicht mehr nutzbar ist. Die Sanierung käme zu teuer, jetzt müsse man warten, wie die Gemeinde zu dem Thema steht.

Neben Corona hat auch das Hochwasser dem Wiesentheider Sportverein zugesetzt. Dieser Tennisplatz wurde unterspült und ist kaputt, wie Andreas Sinning zeigt.
Foto: Andreas Stöckinger | Neben Corona hat auch das Hochwasser dem Wiesentheider Sportverein zugesetzt. Dieser Tennisplatz wurde unterspült und ist kaputt, wie Andreas Sinning zeigt.

Nicht nur beim TSV/DJK ist ein großes Problem geblieben und sogar noch verstärkt worden: die Suche nach Leuten, die sich ehrenamtlich engagieren. Nur wenn Menschen dazu bereit sind, funktioniere das Vereins-Prinzip. Davon wollen viele heutzutage nichts wissen. Andreas Sinning kritisiert "diese Fitnessstudio-Mentalität. Ich kaufe mir eine Dienstleistung ein, dann ist gut." Er befürchtet, dass dieses Denken weiter zunehmen werde. Wie sich die Corona-Zwangspause auswirken wird, könne man heute noch gar nicht abschätzen. Jetzt starten langsam wieder alle Abteilungen ihren Trainingsbetrieb. Derzeit sei man in einer Phase, in der ungewiss sei, wie und unter welchen Voraussetzungen es wieder losgehe. Das Sportfest am Samstag soll dazu den Auftakt bilden.

Ähnlich wie die Wiesentheider hat auch die TG Kitzingen mit der Pandemie zu leben gelernt. "Es sind weniger Mitglieder als vor Corona, das liegt nicht an den Austritten. Was uns fehlt, sind die Neueintritte", sagt Chris Wiegand. Sie ist in der Geschäftsstelle des mit 1700 Mitgliedern und neun Abteilungen größten Vereins im Landkreis beschäftigt. Neuzugänge gab es sonst vor allem bei den Jüngsten, etwa im Bereich Mutter-Kind-Turnen. Finanziell sei die Turngemeinde gut davon gekommen. "Wir sind in der besonderen Situation, dass wir uns weniger über Feste finanzieren wie die kleineren Vereine. Wir hatten schon Einbußen, aber auch deutlich weniger Ausgaben, etwa für die Hallenmieten."

Auch Chris Wiegand, Geschäftsführerin der TG Kitzingen, ist noch verunsichert. 'Man traut sich eigentlich gar nicht, eine größere Sportveranstaltung zu machen.'
Foto: Hartmut Hess | Auch Chris Wiegand, Geschäftsführerin der TG Kitzingen, ist noch verunsichert. "Man traut sich eigentlich gar nicht, eine größere Sportveranstaltung zu machen."

Viel Arbeit und Kopfzerbrechen haben auch ihr in der Corona-Zeit die permanenten Regeländerungen des Staates gemacht. "Das war nicht lustig", so Wiegand. Auch jetzt noch sei die Unsicherheit groß. Wer dürfe überhaupt mitmachen? Wie ist das bei Kindern und Jugendlichen? "Man traut sich eigentlich gar nicht, eine größere Sportveranstaltung zu machen. Weil man das Schwert immer über sich schweben sieht", so Wiegand. Sie hofft, dass der Sportbetrieb jetzt wieder richtig anlaufen wird. Erste Anzeichen dazu sind längst da. "Wir werden überrannt bei der Nachfrage nach Schwimmkursen für Kinder", sagt Wiegand. Die Warteliste sei schier endlos. Schön wäre ein solcher Andrang auch bei den anderen Abteilungen.

 
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