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Kitzingen
Sonderausstellung im Fastnachtmuseum Kitzingen: Mit dem Narren durch die Jahrhunderte
Die neue Sonderausstellung im Kitzinger Fastnachtsmuseum zeigt die Rolle des Narren in der Literatur – und wie sie sich verändert hat. Zu sehen ist auch ein berühmter Bestseller.
Museumsleiterin Katrin Hesse präsentiert die neueste Sonderausstellung im Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen.
Foto: Robert Haass | Museumsleiterin Katrin Hesse präsentiert die neueste Sonderausstellung im Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen.
Robert Haaß
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:59 Uhr

"Narren, wie sie im Buche stehen" – so ist die jüngste Ausstellung im Fastnachtsmuseum in Kitzingen betitelt und natürlich kann da nur ein Buch ganz am Anfang stehen: die Bibel. Denn schon in diesem "Buch der Bücher" spielt der Narr eine Rolle, in Psalm 53 ist zu lesen: "Der Narr spricht in seinem Herzen: `Es gibt keinen Gott.`"

Und da ist er, der Narr, der die Sünde verkörpert, der Gott leugnet, der Rebell ist, Grenzgänger – nicht immer Teil der Gesellschaft. Eine Bibel aus dem Jahr 1539 führt in die Ausstellung, die den Untertitel "Schelmereien aus fünf Jahrhunderten" trägt. Sie wurde in Zusammenarbeit mit dem Schweinfurter Museum Schäfer konzipiert und aus dessen Bestand stammen die teils sehr alten Bücher.

Der Modenarr im 15. Jahrhundert

Es ist eine Zeitenwende, der Umbruch vom Mittelalter in die Neuzeit, die Entdeckung Amerikas und schließlich auch der Buchdruck, die den Narr als warnendes Beispiel in die Literatur führt. Da ist das "Narrenschiff" ein ganz früher Bestseller von Sebastian Brant, 1494 erschienen, das in über 100 Kapiteln die Spielarten menschlicher Narrheiten schildert. Das geht vom Büchernarren bis hin zu den Todsünden Eitelkeit, Habgier oder Neid.

Das Deutsche Fastnachtmuseum in Kitzingen hat wieder geöffnet und präsentiert nun auch eine neue Sonderausstellung.
Foto: Bernhard Nägele | Das Deutsche Fastnachtmuseum in Kitzingen hat wieder geöffnet und präsentiert nun auch eine neue Sonderausstellung.

"Das Buch", sagte Museumsleiterin Katrin Hesse, "war damals lange auf den Bestsellerlisten." Es zeigt auch ganz schön einen großen Aspekt der Ausstellung: Die Menschen ändern sich eigentlich nicht – schon damals gab es den Modenarr. Die gezeigte Ausgabe aus dem Jahr 1497 ist, wie viele andere Exemplare in der Schau, reich illustriert.

Ruhmsucht und Neugierde halten die Welt im Gang

Viele der Themen der Ausstellung gehen zurück auf die Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit, so auch der Narr und der Humanist am Beispiel von Erasmus von Rotterdam in seinem "Lob der Torheit", illustriert von Hans Holbein dem Jüngeren. Um nicht ins Visier der Inquisition zu geraten, lässt er die Frau als personifizierte Torheit auftreten. Er zeigt dabei, dass menschliche Torheiten wie Ehrgeiz, Ruhmsucht und Neugierde die Welt im Gang halten – Kritik an der Verweltlichung der Kirche. Auch heute noch und nicht nur auf die Kirche bezogen, ganz aktuell.

Die neun Stationen der Ausstellung beschäftigen sich mit dem Narren im Glaubenskrieg, auf der Bühne oder mit dem Hofnarr im Narrenkostüm. Im Dreißigjährigen Krieg ist es der abenteuerliche Narr, der durch die Lande zieht, etwa "Simplicissimus", der zum Hofnarren wird. Der Schelmenroman von Grimmelshausen gehört vier Wochen lang sicher zum Höhepunkt der Ausstellung: Vom 25. März bis zum 24. April wird im Deutschen Fastnachtmuseum die Erstausgabe gezeigt, eine Sonderleihe aus Schweinfurt.

Vom Eulenspiegel bis zu Daniel Kehlmann

Natürlich geht die Ausstellung auch auf den Hofnarren ein, auf Eulenspiegel, oder auf den Karnevalsnarren, literarisch verewigt von Johann Wolfgang von Goethe. Aber auch die Neuzeit beschäftigt sich mit dem Phänomen, etwa Daniel Kehlmann in "Tyll" aus dem Jahr 2017.

Der Tod beendet die Ausstellung mit dem Narren im Totentanz. Im Baseler Totentanz reißt der Tot als Narr verkleidet gar die Königin mit weg und hebt die Standesgrenzen auf. Wie zu Beginn der Ausstellung auf Sebastian Brants Narrenschiff: Der Mensch will die Endlichkeit des Lebens nicht wahr haben.

Die Ausstellung "Von Narren, wie sich im Buche stehen – Schelmereien aus fünf Jahrhunderten" läuft noch bis zum 29. Mai 2022 im Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen.

 
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