Vorsichtig stakst der Kameramann durch das Beet und platziert sich unter dem Birnbaum. Die Regisseurin räumt ein paar Zweige aus dem Weg und achtet darauf, dass jetzt bloß keiner auf Josef tritt. Moderatorin Kate Kitchenham unterhält sich unbeschwert mit Sandra Malguth in der Sonne am Rand des Beetes über die korrekte Haltung von Schildkröten. Josef hingegen kaut relativ unbeeindruckt an einer Hibiskusblüte und merkt vermutlich nicht, dass er gerade eine Hauptrolle in einem Fernsehbeitrag spielt.
Ein TV-Team des bekannten Haustiermagazins "Hundkatzemaus" des Senders Vox ist zu Besuch in der Schildkrötenauffangstation in Hoheim. Und Josef, eine 20-jährige griechische Landschildkröte, lässt sich geduldig dafür filmen. Angelockt von den leckeren Blüten, die Sandra Malguth extra frisch geschnitten hat, sitzt er in seinem Gehege und lässt sich die Sonne auf den Panzer scheinen.
So schön war sein Leben nicht immer. Sandra Malguth erzählt der Moderatorin, dass er nicht artgerecht gehalten wurde und deshalb etwa sein Panzer schwere Verformungen aufweist. In der Auffangstation hat er vorerst eine Heimat gefunden, hier wird er gepflegt und versorgt mit allem, was das Schildkrötenherz begehrt.
Sendung sucht Vorbilder in Sachen artgerechte Tierhaltung
Die vorbildliche Art und Weise, wie sich hier um die Tiere gekümmert wird, ist ein Grund für die Dreharbeiten. Kate Kitchenham moderiert den Beitrag und erklärt: "Wir sind immer auf der Suche nach Vorbildern in Sachen Tierhaltung". Die Sendung wolle sensibilisieren für artgerechte Haltung von Tieren und den Zuschauern zeigen, worauf es dabei ankommt. Und in der Auffangstation für Landschildkröten hier in Hoheim könne man die vorbildliche Haltungsweise sehr gut sehen.
Sandra Malguth, die die Station leitet und sich mit ihrem Team um derzeit rund 80 Tiere kümmert, absolviert den Drehtag durchaus routiniert. Das vierköpfige Team von Vox ist nicht das erste Fernsehteam in der Station, aber das erste, dessen Sendung deutschlandweit ausgestrahlt wird.
Und so wurde für den Tag alles auf Vordermann gebracht: Die Gehege noch gründlicher gesäubert, ein paar Äste zum Spielen und Knabbereien für die Tiere besorgt und natürlich auch die Versorgung der menschlichen Teilnehmer sichergestellt. Für die Schildkröten soll der Tag so stressfrei wie möglich verlaufen.
Schildkröten lassen sich mit Hibiskusblüten vor die Kamera locken
Ohnehin werden sie in der Regel nicht hochgenommen und die ehrenamtlichen Pflegerinnen laufen nicht unnötig in den Gehegen herum. Und auch am Drehtag dürfen sie in Ruhe wach werden und mit der Sonne langsam herauskommen. Und mit ein paar leckeren Hibiskusblüten lassen sie sich gerne vor die Kamera locken.
Die meisten Tiere bleiben relativ unbeeindruckt von den Menschen, die da mit Kamera und Mikrofon um sie herum turnen. Lediglich Otto und Lisl, die beiden großen Spornschildkröten, stupsen Moderatorin und Reporterin mal in die Füße, wenn es ihnen zu viel wird. Das ist aber auch kein Wunder, denn die beiden dürfen normalerweise frei durch den großen Garten kriechen, aus Sicherheitsgründen müssen sie heute aber in ihrem Gehege bleiben.
Und dann werden die Einstellungen der Reihe nach abgedreht: Ob das Gespräch über Josefs Vergangenheit oder gemeinsames Pflanzensetzen im Beet – eine Szene nach der anderen ist im Kasten. Unterbrochen hin und wieder von Flugzeugen, deren Geräusche der Tonmann nicht auf den Aufnahmen haben will. Und als um zwölf Uhr mittags die benachbarten Kirchenglocken läuten, ist keine Aufnahme möglich.
Zeit für die Reporterin, ein paar Fragen zu stellen. Ob sich das Team der Auffangstation besonders auf den Tag vorbereitet hat? Nein, sagt Sandra Malguth. "Wir haben ein großes Fachwissen, das wir gerne weitergeben. Wir wollen uns aber natürlich auch authentisch verkaufen und nicht verstellen."
Mit dabei ist auch Melissa Lommel, die zum Team der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer gehört, die die Auffangstation hier am Laufen halten. Sie schaut bei den Dreharbeiten über die Schulter und hat noch den einen oder anderen Tipp für ihre Kollegin, was Formulierungen angeht. Und sie passt mit auf, dass es den Tieren zu jeder Zeit gut geht. Das ist für alle hier das Wichtigste und das, wofür sich das Team der Station Tag für Tag einsetzt. Und natürlich ist weder der Kameramann noch sonst jemand auf Josef getreten.