Claudia Bellanti lebt und liebt den Tourismus. Genau deshalb, so sagt die Chefin der Iphöfer Tourist-Info, blute ihr dieser Tage das Herz. Jetzt, da die Natur aus dem Winterschlaf erwacht und die Menschen voller Frühlingsgefühle stecken, wären die Wanderwege und die Wirtschaften normalerweise gut ausgelastet. Wandern gingen die Leute zwar immer noch, aber: „Danach gehen sie heim – und bei den Wirten bleibt nichts hängen.“ Vor Wochen noch sei der Jammer groß gewesen über die schwierige Personalsituation in der Gastronomie. Und jetzt? Sei zwar genügend Personal da, aber kaum noch ein Gast. Das sei das Groteske, das Brutale an der Lage, von der keiner weiß, wie lange sie anhält.
Manche Wirte lassen auf, andere machen ganz dicht
Das Coronavirus verunsichert derzeit kaum eine Branche so sehr wie die Gastronomie und den Tourismussektor. Der Bundeswirtschaftsminister sprach jüngst von „erheblichen“ Effekten für Hotels und Gaststätten. Manche haben aus der Not eine Tugend gemacht und bieten – bei rapide gesunkenen Umsätzen – zumindest noch Speisen zum Mitnehmen an; andere sind dazu übergegangen, ganz zu schließen: Der Aufwand würde sich nicht mehr rechnen. So können Claudia Bellanti und ihr Team der städtischen Tourist-Info derzeit nicht viel mehr tun, als zu versuchen, Wirte, Winzer, Hoteliers und all die anderen Betroffenen der Krise bei Laune zu halten und ihnen zu vermitteln, für sie da zu sein. Das ist nicht viel in einer Situation, in der es für manchen um die Existenz geht, aber auch besser als gar nichts.
Täglich zu dritt kümmern sich die Iphöfer Tourismusexpertinnen darum, bei Fragen von Besuchern und Betrieben ansprechbar zu sein. Für den Publikumsverkehr ist ihr Büro am Rathaus zwar schon seit Längerem geschlossen. Dafür nutzen Bellanti und ihr Team Digitalkanäle wie Facebook oder Instagram, um die Leute durch die Krise zu steuern, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen und sich für die Zeit danach zu rüsten. „Dabei wissen wir ja gar nicht“, so Bellanti, „wann nach Corona ist.“ Bis zum 19. April, dem vorerst letzten Tag der bayernweiten Ausgangsbeschränkung, nehme sie keine Buchungen von Besuchern an. Doch noch immer tauchten vereinzelt Gäste auf. „Manche Städter kommen mit der Bahn gefahren und glauben, sie finden auf dem Land noch eine Corona-freie Welt.“
Bellanti hofft, „dass der Herbst für das Geschäft nicht ganz verloren ist“. Bis dahin kann sie nichts anderes tun, als alle zuvor ausgemachten Termine und Veranstaltungen abzusagen und – wenn möglich – neue Termine zu finden. Fest steht: „Auch die Künstler und Kulturschaffenden leiden unter der Situation“, wie Bellanti aus vielen Gesprächen weiß. Abgesagt ist auch das Weinfest im Stadtteil Nenzenheim, das jedes Jahr Ende April den Weinfestreigen im Landkreis eröffnet. Doch auch hier tauchen Fragen auf: Wenn der Staat keine klaren Handlungsempfehlungen gibt, wer zahlt dann für Musikbands und Ausrüster, mit denen die Veranstalter rechtsverbindliche Verträge geschlossen haben?
Gäste sollen sich ein Stück Kitzingen nach Hause holen
Mit solchen Fragen muss sich derzeit auch Vanessa Feineis, die Leiterin der Tourist-Info in Kitzingen, beschäftigen. Dabei hat sie im örtlichen Stadtmarketingverein einen Partner, mit dem sie eng kooperiert. Auch sie hat eine ganze Reihe von Veranstaltungen abgesagt – und nimmt neue vorerst nicht mehr an. Da das Tourismusbüro geschlossen ist, habe sie gerade viel Zeit, Dinge nachzubereiten und zu analysieren – dabei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass Deutschland als Tourismusziel verstärkt gefragt sein werde, wenn die Krise erst einmal vorbei sei. Das merke sie auch an den vereinzelten Anfragen, die sie und ihre täglich bis zu drei Kolleginnen noch erreichen. Jetzt, da die Leute nicht zu den Betrieben kommen könnten, müssten die Betriebe zu den Menschen kommen. In den sozialen Medien gebe es „gute Angebote“, etwa von Weinhändlern. So könnten Kunden sich ein Stück Kitzingen nach Hause holen.
Wie keine andere Stadt im Landkreis ist Volkach vom Tourismus abhängig. Eine Studie aus dem Jahr 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass dort mehr als 1000 Menschen ganz oder zum Teil vom Tourismus leben und die Gäste für etwa 33,7 Millionen Euro jährlichen Umsatz sorgen, die Hälfte davon im Gastgewerbe. Den Rest teilen sich Einzelhandel und Dienstleister. Auch in Volkach gibt es hin und wieder Diskussionen, dass in Stoßzeiten zu viele Touristen in der Stadt unterwegs seien. Als Bürgermeister Peter Kornell dieser Tage aus seinem Bürofenster im Rathaus auf den Marktplatz blickt, sagt er: „So tot wie jetzt will es ja auch keiner. Ich sehe gerade vier, fünf, sechs Leute. Normal wären es 250.“
In Volkach arbeitet das Tourismusbüro in Schichten
Die Arbeit im städtischen Tourismusbüro teilen sich zurzeit drei Zweierteams, wie Gerhard Wagenhäuser, der Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Volkach, berichtet. Ein Team arbeitet vormittags, ein zweites nachmittags, das dritte von zu Hause aus. „Wir haben auf Schichtbetrieb umgestellt“, sagt Wagenhäuser. Die Mitarbeiter sollen sich nicht begegnen, denn auch wenn sie aus Sicherheitsgründen gerade nicht persönlich empfangen können und das Büro von außen geschlossen ist, sollen und müssen sie erreichbar bleiben.
Ihr Job unterscheidet sich laut Wagenhäuser nicht allzu sehr von dem, was die Kollegen in Kitzingen oder Iphofen tun: Kontakt zu Gästen und Betrieben halten, Informationen über die entsprechenden Kanäle streuen und Veranstaltungstermine stornieren. Dass das Volkacher Weinfest, das jährlich Zehntausende Besucher lockt, erst Mitte August stattfindet, kommt der Stadt entgegen. Natürlich werde in diesen Tagen auch darüber diskutiert, räumt Wagenhäuser ein, „aber bis August ist es Gott sei Dank noch etwas hin“.