Es ist ein Vorgeschmack auf die Zeit nach den 18 Jahren als Bürgermeister von Volkach: Die Corona-Krise hat das Hamsterrad an Terminen gestoppt, das sich bei Peter Kornell (FWG) in manchen Wochen unaufhörlich drehte. Abend für Abend. Ab 1. Mai mehr Zeit zu haben für die Familie, das Musik hören, die kleine Landwirtschaft mit den Streuobstbäumen, darauf freut er sich. Angst vor zu viel Ruhe nach drei Amtsperioden als Bürgermeister hat der 58-Jährige nicht. Im Gegenteil. "Ich bin total glücklich, dass ich es so gemacht habe."
Als Kornell das sagt, sitzt er gerade an Volkachs Altem Bahnhof im Schatten. Es ist das Ende eines Rundgangs durch eine fast menschenleere Altstadt. Corona-Stillstand bei strahlend blauem Himmel statt Eröffnung der Touristensaison. Das ist auch für einen baldigen Pensionisten doch zu viel der Ruhe. Aus der Musikschule gegenüber dringt kein einziger Ton. Diese zu fördern sei ihm immer "echt ein Anliegen" gewesen. Seine drei mittlerweile erwachsenen Töchter haben dort ein Instrument gelernt. Er selbst spiele Gitarre, "aber miserabel", sagt er.
Beginnen wollte Kornell den Spaziergang zu Projekten seiner Amtszeit allerdings auf dem Pausenhof der Grund- und Mittelschule. Dort wird gerade Haus III für 3,6 Millionen Euro saniert, zuvor waren schon die anderen beiden Gebäude dran. Direkt daneben liegt das generalsanierte Hallenbad, die kleine Schulturnhalle wird als nächstes energetisch erneuert. Eine "schöne Situation" findet Kornell diese räumliche Verbindung von Schulen, Sport sowie Alten- und Pfarrheim und dem Kindergarten direkt daneben.
Vom Schulgelände aus führt der Spaziergang Richtung Busbahnhof einmal quer durch Volkach, am Rand der sanierten Altstadt entlang. Deren Neugestaltung war eine der "Herkuslesaufgaben" in Kornells Amtszeit. Dabei gelernt hat der Bürgermeister eines: "Es muss nicht nur funktionieren, es muss auch schön sein." Das habe er nicht von Anfang an so gesehen. Aber gerade für die Gestaltung von öffentlichen Straßen, Plätzen und Gebäuden ist in seinen Augen ein schönes, langfristiges Konzept wichtig. Dieses Ziel sieht er für die Altstadtsanierung als erreicht an.
Schlaflose Nächte haben ihm solche Großprojekte, zu denen auch die Generalsanierung der Kläranlage oder der Umbau des ehemaligen Tanklagers gehören, aber nicht bereitet. Robust müsse man schon sein für den Job als Bürgermeister. Allerdings, räumt Kornell ein, sei er "dünnhäutiger" geworden. "Die letzten drei Jahre waren schon heftig." In manchen Diskussionen von der Umgehungsstraße bis zum lauten Protest gegen die Freibad-Schließung erkennt er eine "Wutbürgerei". Es sei gut, dass Bürger ihre Meinung äußern. Was ihn aber ärgert: "Nicht die Gesamtschau zählt, sondern die lautesten Schreihälse."
Von der ersten Mainbrücke bis zur fehlenden Umgehung
Man müsse aber die Zusammenhänge verstehen. Und die, das beweist Kornell bei jeder Stadtratssitzung, kennt er in Volkach bis ins Detail. Auch bei dem Spaziergang holt er weit aus, spannt den Bogen vom Bau der ersten Brücke über den Main 1892 bis zur fehlenden Umgehungsstraße. Diese nicht auf den Weg gebracht zu haben in den 18 Jahren, das bedauert er. Für ihn seien Umgehungen "Menschenschutz", für mehr Lebenskomfort.
Und was hätte er noch gerne geschafft als Bürgermeister? Den Aldi-Kreisel, für den die Vorarbeiten gerade laufen. Fast noch interessanter in dem Zusammenhang ist allerdings, was er auf die Frage nach Unerreichtem nicht nennt: die Sanierung des Freibads. Er erklärt nur noch einmal, wie schon so oft, dass keine Stadt in Volkachs Größe sich zwei Bäder leiste. "Ohne diese Belastung stünden wir finanziell viel besser da."
Warum Peter Kornell in den Stadtrat wollte
Noch eine kritische Frage hinterher: Warum ließ er sich aufstellen für den Stadtrat nach drei Amtszeiten als Bürgermeister? "Ich glaube, dass ich sehr viel weiß über unser Städtchen, vor allem über die Zusammenhänge." Diese Wissen wolle er nutzbar machen. Er betont, als Stadtrat gut mit dem neuen CSU-Bürgermeister Heiko Bäuerlein zusammenarbeiten zu wollen. Und schiebt hinterher: "Wenn ich merke, das tut nicht gut oder sollte ich besserwisserisch sein, dann höre ich auf."
Besser Bescheid wissen, im positiven Sinn, möchte er aber noch über einiges: Der baldige Pensionist mit der Leidenschaft für Geschichte möchte sich durchs Volkacher Archiv wühlen – und sich in Sachen Orgelbau bilden. Bei der Firma Vleugels in Hardheim (Baden-Württemberg) entsteht das neue Instrument für Volkachs Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus und St. Georg. Dessen Bau wird sich der 58-Jährige einige Tage bei einem Praktikum anschauen. Und er will helfen, Spenden dafür zu sammeln.
Das passt zu seinem Faible für musische Bildung, deren Vorteile er am Ende des Rundgangs mit Blick auf die Musikschule nochmals betont. Ihn freut, dass sich seine Töchter zuhause immer ans Klavier setzen, wenn sie da sind. Und vielleicht hat ihr pensionierter Vater neben Ehrenamt und Landwirtschaft ja bald sogar noch Zeit, sein Gitarrenspiel zu verbessern.
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