zurück
Volkach
Ostern ohne Touristen: Mainschleife unterstützt Betriebe
Marco Maiberger ist seit 15 Jahren für den Mainschleifen-Tourismus zuständig. Wie er die Corona-Krise sieht und wie die Zeit danach aussehen könnte, sagt er im Interview.
Ungewohntes Bild: Die Volkacher Altstadt ist menschenleer aufgrund der Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Krise.
Foto: Peter Pfannes | Ungewohntes Bild: Die Volkacher Altstadt ist menschenleer aufgrund der Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Krise.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 16.04.2020 02:10 Uhr

Eine menschenleere Volkacher Altstadt, 1500 leere Gästebetten und ein Millionenschaden: Corona beutelt die touristisch orientierte Mainschleife gerade ganz besonders. Wie sieht Tourismus-Chef Marco Maiberger die Situation?

Frage: Ostern ohne Touristen an der Mainschleife - wie fühlt sich das an?

Marco Maiberger: Absolut komisch! Geschlossene Hotels, Gastrobetriebe, die ihre Speisen normalerweise im Restaurant und nun to go verkaufen. Kein Start in die Ausflugs-Schifffahrtssaison, kein Mainschleifenbahn-Startschuss, kein Marktplatzkonzert am Ostersonntag, keine Flusskreuzfahrtschiffe. Ostern 2019 hatten wir Superwetter wie in diesem Jahr. Damals gab es einen Bilderbuch-Saisonstart. In diesem Jahr herrscht aus den bekannten Gründen absoluter Stillstand. Ich bin jetzt 15 Jahre für den Mainschleifen-Tourismus zuständig, da habe ich  schon einige Höhen und Tiefen um diese Zeit erlebt. Aber die Corona-Situation ist absolut außergewöhnlich.

Wie abhängig ist die Mainschleife vom Tourismus?

Maiberger: Der Tourismus ist für die Mainschleife ein wichtiger Wirtschaftszweig: 2017 wurde er mit 33,7 Millionen Euro alleine für Volkach beziffert. Rund 1000 Menschen verdienen in Volkach direkt oder indirekt ihr Einkommen mit dem Tourismus. Zahlreichen Betrieben brechen Einnahmen weg. Dabei gilt es nicht nur auf die klassischen Tourismusbetriebe wie Hotels, Restaurants und Cafés zu achten. Der örtliche Einzelhandel, Handwerksbetriebe, Bäcker und Metzger sind ebenfalls Nutznießer der Tourismuswirtschaft. Aktuell fallen Einnahmen teilweise komplett aus, Investitionen werden geschoben, weil die Situation für viele Betriebe ungewiss ist.

Marco Maiberger, Leiter der Touristinformation Volkacher Mainschleife
Foto: Atelier Zudem/Nitschke | Marco Maiberger, Leiter der Touristinformation Volkacher Mainschleife
Von welchen Zahlen sprechen wir? Wie viele Betten gibt es?

Maiberger: Wir reden von rund 1500 Gästebetten in der Region. Die Buchungen für die kommenden Monate sind zurückhaltend, bleiben aus oder werden storniert. Die Menschen warten ab, wie sich die Situation weiterentwickelt. 2019 haben wir in Volkach, Nordheim und Sommerach rund 240 000 Übernachtungen in statistisch erfassten Betrieben registriert - alleine in Volkach ein Übernachtungsplus von sechs Prozent. Die Monate März und April sind dabei Vorsaison-Monate. Die Buchungssituation ist hier in der Regel stark wetterabhängig.

Ist Ostern normalerweise das Top-Geschäft des Jahres?

Maiberger: Vom Top-Geschäft des Jahres würde ich nicht sprechen. Das gilt eher für den Zeitraum Mitte August bis Anfang Oktober. Trotzdem darf man Ostern einnahmetechnisch nicht unterschätzen. Ist Ostern erst im April und passt das Wetter, spült er es den touristischen Betrieben nach einer Durststrecke im Januar, Februar und März wieder Geld in die Kassen.

Von welchem Schaden muss man ausgehen?

Maiberger: Den wirtschaftlichen Schaden kann ich schwer beziffern. Wir wissen aber aufgrund der Studie 'Wirtschaftsfaktor Tourismus - Stadt Volkach', dass ein Tagesgast rund 30 Euro pro Tag, ein Wohnmobilist rund 43 Euro pro Tag und ein Übernachtungsgast rund 81 Euro pro Tag ausgibt. Mit diesen Zahlen kann man den finanziellen Ausfall hochrechnen.

Welche Veranstaltungen mussten abgesagt werden?

Maiberger: Wir haben zwei weinkulinarische Events mit rund 200 Teilnehmern abgesagt. Die Eröffnung der Tourismussaison am Ostersonntag entfällt. Das Weinfest in Nordheim haben wir in Absprache mit den beteiligten Winzern bereits abgesagt. Das 60. Jubiläumsweinfest soll 2021 gefeiert werden. Aktuell warten wir ab, welche Regeln nach dem 19. April für Veranstaltungen gelten. Entsprechend den Vorgaben wird dann über weitere Veranstaltungen entschieden.

Wie existenzbedrohend ist die Situation?

Maiberger: Viele touristische Bereiche wie im Übernachtungsbereich generieren aktuell keine Einnahmen. Die Gastronomie versucht die Mainschleifen-Bevölkerung zu animieren, sich die Gerichte nach Hause zu holen, 'Mainschleife to go' heißt hier das Motto. Viele Betriebe erfahren hier seitens der Bevölkerung großen Zuspruch. Diese Unterstützung wird auch dringend benötigt, schließlich wollen wir alle nach der Krise unsere Lieblingsgasthöfe wieder persönlich besuchen. Gleiches gilt für den Einzelhandel. Viele Geschäfte haben einen Lieferservice eingerichtet. Bevor man etwas im Netz bei einem Onlinehändler bestellt, sollte man nachsehen, ob der Einzelhändler um die Ecke nicht auch ein Lieferangebot hat. Der Gewerbeverband Volkacher Mainschleife informiert auf seiner Homepage über die Aktivitäten seiner Mitgliedsbetriebe.

Welche Hilfen gibt es?

Maiberger: Die staatlichen Unterstützungshilfen sind bekannt. Auf lokaler Ebene versucht zum Beispiel der örtliche Gewerbeverband die Informationen seiner Einzelhändler zu Liefermöglichkeiten  auf seiner Homepage zu bündeln. Der Tourismusverein hat für seine Mitglieder die Rubrik 'Mainschleife to go' ins Leben gerufen. Auf der Facebook-Seite Volkacher Mainschleife.de können über 13 000 Follower täglich aktuell kulinarische Angebote verfolgen. Die Betriebe melden ihre Speisekarten und Aktionen an uns und wir veröffentlichen sie täglich. Die Stadt hat den Gewerbetreibenden die Möglichkeit eingeräumt, den Entfall der Sondernutzungsgebühren für Außenbestuhlung  zu beantragen.

Wie läuft die Vorbereitung auf die Zeit danach?

Maiberger: Wir haben uns entschlossen, unsere Marketingausgaben auf keinen Fall zurückzufahren. Wir setzen für unsere Mitgliedsbetriebe auf einen Tourismus nach der Krise. In Zusammenarbeit mit dem Werbeverbund Gastliche Fünf im Fränkischen Weinland haben wir im Mai eine 16-seitige Sonderpublikation produziert, die in einigen Bereichen Bayerns verteilt werden wird. Wir denken, dass viele Menschen einen möglichen Urlaub in diesem Jahr nicht zwingend im Ausland verbringen werden. Daher möchten wir uns als Ausflugsziel für Tages- und mehrtägige Reisen empfehlen.

Wer hält in der Touristinfo die Stellung - und wie?

Maiberger: Aktuell ist die Touristinformation nur telefonisch und via Mail erreichbar, Kundentermine sind nur nach terminlicher Vereinbarung möglich. Unser siebenköpfiges Team arbeitet im Schichtbetrieb. Maximal sind immer zwei Mitarbeiter gleichzeitig anwesend. Einige Bereiche haben wir via Homeoffice-Arbeitsplatz ausgelagert. Normalerweise hätten wir im April bereits sieben Tage pro Woche geöffnet. Aktuell gelten unsere Winteröffnungszeiten.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Volkach
Frank Weichhan
Coronavirus
Einzelhandel
Einzelhändler
Gaststätten und Restaurants
Gewerbetreibende
Handwerksbetriebe
Hotel- und Gastronomiegewerbe
Speisekarten
Weinfeste
Wirtschaftsbranche Reisen und Tourismus
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hallo "Maedlesschmecker" - Sie haben in der Zeit von November bis April sicherlich auch genug Zeit Volkach & Umgebung ohne Urlauber zu erleben. Denken Sie aber bitte auch an die sehr vielen Betriebe & Arbeitsplätze die direkt oder indirekt von unseren Urlaubern abhängen. Wie brachte es heute vormittag eine völlig unbeteiligte, älter Frau auf den Punkt: Wenn diese Betriebe/Beschäftigten keine oder nur wenige Einnahmen haben, dann fehlen diese Einnahmen/Ausgaben danach im Wirtschaftskreislauf, davon sehr viele in Volkach. Eine "Neiddebatte" brauchen wir wirklich nicht! Stellen Sie sich bitte jedoch einmal die Mainschleife ohne die Einnahmen der Urlauber vor - sehr, sehr tiefe Provinz. Dann gäbe es auch all jene Vorzüge & Angebote nicht, von denen selbstverständlich auch alle Einheimischen Bürger profitieren !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Maedlesschmecker
    Ich verstehe die Not der vom Tourismus lebenden Betriebe, allerdings habe ich mich in Volkach und Umgebung lange nicht so wohl gefühlt wenn ich zu Fuß oder auf dem Mountainbike unterwegs bin. Gerade am Altmain, ist es Wunderbar ohne die Flut an Paddlern und Sauftouris auf ihren Luftmatratzen, die überall Parken und ihren Müll liegen gelassen haben. Die "armen" Winzer werden das auch verkraften.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Maedlesschmecker
    Hallo Frau Dusolt, der erste Satz in meinem Kommentar fängt damit an, das ich die Menschen die vom Tourismus leben in ihrer Not verstehe. Das ist auch keine "Neiddebatte" sondern beschrieb halt eine andere Situation am heutigen Ostersonntag. Ich liebe mein Volkach so wie es ist und wieder sein wird, dafür brauch ich keine Ratschläge ihrerseits. Im übrigen ist mir das Wasser im Main, von Oktober bis April meistens zu kalt zum Baden. Schöne Ostern und Grüße aus der Nachbarschaft
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten