Die Idee klingt verlockend: ein neuer, moderner Bildungsstandort in Kitzingen mit dritter Grundschule und weiterem Kindergarten. Kein übertriebener Luxus, sondern eine „Pflichtaufgabe“, wie es in einem Antrag heißt, den die CSU-Stadtratsfraktion jetzt im Rathaus eingereicht hat. Unterzeichner sind Fraktionsvorsitzender Andreas Moser, Stadtentwicklungsreferent Thomas Rank sowie Jugend- und Familienreferent Stephan Küntzer. „Im Sinne des Ausbaus unserer familienfreundlichen Stadt“ werben sie „um alle Stimmen des Stadtrates“.
Es gibt nur ein Problem: Der in den Fokus genommene Standort für das neue städtische Bildungszentrum in der Dagmar-Voßkühler-Straße ist im Moment noch besetzt: von den Lebensmittelversorgern Aldi und Rewe. Sie müssten das Gelände räumen, und das möglichst rasch. Tun sie das? Werden sie sich anderswo in der Stadt ansiedeln? Und was bedeutet das – vor dem Hintergrund der Schließung der Rossmann-Filiale und des Norma-Marktes – für die Nahversorgung der Kitzinger Innenstadt?
Für den OB geht es darum, den Bildungsstandort zu verorten
Stellt man all diese Fragen Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU), dann verweist er zunächst auf die „Planungshoheit der Stadt“. Dass das Grundstück bislang nicht der Stadt gehöre, „macht nicht wirklich etwas“. Auch ohne ein Grundstück zu besitzen, sei es möglich, Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten zu entwerfen – so wie gerade auf dem Nahversorger-Areal von Aldi und Rewe. „Sinn der Sache ist ja, durch den CSU-Antrag den Bildungsstandort in der Dagmar-Voßkühler-Straße zu verorten“, sagt der OB.
Mit dem Erlass einer „Veränderungssperre“, wie im Antrag vorgesehen, könnte der Stadtrat seine Planungsziele an dieser Stelle sichern. Dieser Kniff im Baugesetzbuch bewirkt, dass auf dem Grundstück keine Vorhaben und wertsteigernden Veränderungen mehr vorgenommen werden dürfen. Voraussetzung ist, dass die Stadt möglichst schnell einen Bebauungsplan aufstellt und darin ihre Ziele verankert.
Klar ist: Wenn es etwas werden soll mit der dritten Grundschule am jetzt ins Auge gefassten Standort, dann muss es schnell gehen. Ab dem Sommer 2026 soll es nach dem Willen der Bundesregierung für jedes Grundschulkind, das neu eingeschult wird, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben. Bis 2029 wird der Anspruch von Schuljahr zu Schuljahr auf alle Erst- bis Viertklässler ausgeweitet. Sie sollen an Werktagen mindestens acht Stunden in Ganztagsschulen oder Horten betreut werden können. Auf dieses Datum zielt auch der Antrag der Kitzinger CSU-Stadtratsfraktion.
Ist das Projekt binnen viereinhalb Jahren zu stemmen?
Im konkreten Fall bedeutet das, der Stadt und allen Beteiligten muss es binnen viereineinhalb Jahren gelingen, den kompletten Prozess abzuwickeln: von der Grundstücksübertragung, der Änderung des Bebauungsplans, der Umsiedlung der bestehenden Märkte, der Planung von Grundschule und Kita bis schließlich zu deren Bau. Ein äußerst ambitionierter Zeitplan, wenn man an die deutsche Bürokratie und die überhitzte Baukonjunktur inklusive Materialmangel denkt. Deshalb, so heißt es im Antrag, müsse die Stadt „unverzüglich die notwendigen Planungsschritte“ einleiten.
Die Notwendigkeit einer dritten Grundschule wird inzwischen kaum noch in Frage gestellt. Laut Güntner arbeiten die beiden bestehenden Schulen (St. Hedwig und Siedlung) schon jetzt am Limit. Sie seien im September mit etwa 200 Schülerinnen und Schülern sowie jeweils fünf Eingangsklassen gestartet. Um dem Ganztagsanspruch gerecht zu werden, müssen diese Schulen zum Teil umgerüstet und die neue Schule mit Speisesaal und Küche ausgestattet werden.
Was bedeutet das Projekt jetzt für die Nahversorgung in der Stadt? Aldi und Rewe dürften sich in der kürzlich vom Stadtrat genehmigten neuen Einkaufsgalerie unterhalb der Wohnsiedlung Marshall Heights ansiedeln, auch wenn dafür von keiner Seite eine offizielle Bestätigung zu erhalten ist. Rewe lässt über seine Pressestelle mitteilen, man werde sich gegenwärtig nicht zu den Spekulationen äußern. Aldi Süd hatte bis Freitagabend nicht auf eine Anfrage reagiert. Auch vom OB und dem Investor der Einkaufsgalerie ist dazu keine Stellungnahme zu bekommen. Dabei dürfte klar sein, dass die Lebensmittelmärkte ohne entsprechende Alternative den jetzigen Standort kaum verlassen werden.
Die Schließung von Norma und Rossmann trifft die City
Güntner sähe im Fall einer bloßen Verlagerung an den wenige hundert Meter entfernten Standort kaum Effekte auf die Nahversorgung der Innenstadt. Für die Menschen am Eselsberg, in der Repperndorfer Straße oder im Muldenweggebiet sei eine „geringfügige Verschlechterung“, für die Bewohner der Marshall Heights eine „geringfügige Verbesserung“ zu erwarten. Alle anderen könnten ihre Einkäufe ohnehin nicht zu Fuß erledigen, sondern müssten die Märkte mit dem Auto ansteuern.
Anders sehe es bei zwei anderen Versorgern in der Innenstadt aus. Rossmann hat gegenüber Vermieter Wolfgang Rosentritt überraschend angekündigt, seine Filiale am Stadtgraben (vormals Kaufhaus Storg) zum 8. November zu räumen – so stellt es Rosentritt gegenüber der Redaktion dar. Beim Norma-Markt im Schwalbenhof – auch dort ist Rosentritt der Vermieter – gibt es zwar keinen Auszugstermin, aber seit Jahren wird auch dort über ein nahes Ende spekuliert.
Damit brächen zwei Säulen der Kitzinger Nahversorgung weg. „Diese würden definitiv fehlen“, sagt der OB. Wenig Hoffnung macht er all jenen, die einen raschen Ersatz für die zwei Märkte erwarten. Für einen Lebensmittelmarkt in der Altstadt sei Kitzingen – was Parkplätze, Ladengröße und Kundengröße angeht – wohl nicht mehr attraktiv genug. Und ob sich Rossmann an einem anderen zentrumsnahen Standort niederlassen wird, ist derzeit unklar.
Wie der OB die Zukunft der Innenstadt sieht? Güntner sagt: „Es wird eine Mischung aus Einzelhandel, Kultur und Wohnen sein.“
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Lange hat es gedauert ( > 30 Jahre !! ) bis endlch eine Nahversorgung im Muldenweg Gebiet da war. Alles ist für die Anwohner fußläufig erreichbar ! Mit dem Plan das Ganze in das ehemalige amerikanische Wohngebiet zu verlegen, werden doch durch die Hintertüre den Plänen von den Stadtratskollegen Wittmann neuer Auftrieb gegeben.
Ich frage mich doch, was soll ein zweiter Kindergarten in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden Kindergarten ( Alemannenstrasse ) , der ja auch zur Zeit noch erweitert wird ? Außerdem gibt es doch bereits eine Schule im ehemalgen amerikanischen Wohngebiet, die von verschiedenen Schularten bereits in der Vergangenheit genutzt worden ist. Warum plant man nicht dort das neue Schulzentrum als Erweiterung. Vermutlich wäre das ganze wohl zu schnell umzusetzen und der Stadtrat wäre bösarigerweise mit dem Tempo überfordert!