
Der Marathon des Johannes Hofmann beginnt in der Nacht zu Freitag bei Autobahnkilometer 337, und er endet bei Kilometer 341,5. "An der Unfallstelle", wie Hofmann sagt. Keine Ahnung, wie lange er gebraucht hat für die Strecke. Viereinhalb Kilometer im Stechschritt auf der Bundesautobahn 3, Fahrtrichtung Nürnberg, ringsherum Stillstand, vorbei an Menschen, die im Auto schlafen, die sich unterhalten, die gestikulieren und die alle gefangen sind im Stau. Nichts geht mehr, weder vor noch zurück.
Hofmann aber ist kein Lkw-Fahrer, er ist kein Urlaubsheimkehrer und kein Berufspendler, Hofmann ist in dieser Nacht der Einsatzleiter einer Truppe, die bei Autobahnkilometer 341,5 helfen soll. Bergen, retten, löschen – das Motto der Feuerwehr. Tatütata, die Feuerwehr ist da, jeder kennt das Kinderlied. Aber was, wenn die Feuerwehr da ist und keiner macht Platz? Was, wenn die, die retten und helfen sollen, selbst Hilfe benötigen und im Stau stecken bleiben wie in dieser kalten Nacht auf der A3?

Um 22 Uhr am Donnerstagabend sind sie schon einmal draußen gewesen, die Männer und Frauen der Feuerwehr Geiselwind, alles Ehrenamtliche. Keine große Sache dieser erste Einsatz, schnell erledigt. Im Gerätehaus sind sie noch am Putzen und Aufräumen, als um kurz nach Mitternacht ein zweiter Alarm eingeht. "Fast das gleiche Lagebild", sagt Johannes Hofmann. Wieder raus in die Nacht, wieder auf die Autobahn. Aber diesmal gibt es ein Problem.
Die A3 ist wegen des jahrelangen Ausbaus eine Dauerbaustelle
Seit viereinhalb Jahren ist die A3 zwischen den Kreuzen Biebelried und Fürth/Erlangen eine große Baustelle. Die Erweiterung auf sechs Fahrspuren zerrt an den Nerven. Einige Bereiche sind schon durch, das Nadelöhr liegt aktuell zwischen Geiselwind und Schlüsselfeld. Nur zwei verengte Fahrspuren stehen in beiden Richtungen zur Verfügung. Sieben Fahrzeuge sind dort in der Nacht zu Freitag zusammengestoßen.

Die Fotos von der Unfallstelle zeigen Fahrzeuge, die ineinander verkeilt sind, die teils übereinander hängen. Die Polizei wird später von zwei Schwer- und fünf Leichtverletzten berichten, unter ihnen zwei Kinder, 5 und 13 Jahre alt. Einer der schwer verletzten Männer wird vom Rettungshubschrauber in die Klinik gebracht, er schwebt offenbar in Lebensgefahr. So meldet es noch am Morgen das Nachrichtenportal News5. Die Unfallursache ist zu dieser Stunde unklar.
Die Geiselwinder Feuerwehr rückt mit vier Fahrzeugen aus – und bleibt mit allen im Stau stecken. In einem sitzt Ernst Nickel, der seit 22 Jahren Bürgermeister und seit 44 Jahren Feuerwehrmann ist. "Keine Chance, da durchzukommen", sagt er mit Blick auf die kilometerlange Blechlawine, die ihnen den Weg versperrt.
Der Einsatzleiter bahnt sich zu Fuß den Weg durch den Stau
Kommandant Johannes Hofmann ist in dieser Nacht der Einsatzleiter. Er muss irgendwie vor an die Unfallstelle. Also steigt er in voller Montur aus seinem Fahrzeug, in den Händen zwei Funkgeräte, in die er fortwährend spricht. Er bahnt sich den Weg zwischen stehenden Pkws und Lkws; wie lange es dauert, bis er am Ziel ist, kann er am Morgen danach nicht mehr sagen. Den Leuten, die hier im Stau stecken, macht er keinen Vorwurf: Eine Rettungsgasse sei aufgrund der Enge in der Baustelle gar nicht möglich gewesen.
Vorwürfe erhebt er gegen andere. "Es ist erschreckend", sagt er, "wie die Regierung hier mit Menschenleben umgeht." Siebzig Kilometer Autobahn in derart kurzer Zeit bauen zu lassen gehe zu Lasten der Sicherheit. "Man konnte darauf warten, dass so etwas passiert", sagt er. Deshalb habe er vor einiger Zeit darauf gedrängt, dass es in Fällen wie diesen eine Parallel-Alarmierung gibt: Nur weil von der anderen Seite die Schlüsselfelder Feuerwehr ausgerückt sei, sei die Rettungskette in dieser Nacht nicht gerissen. Noch am Morgen um 6 Uhr, als der Unfall längst gelaufen war, seien vereinzelt Rettungswagen im Stau gestanden.
Die Autobahn war wegen der aufwendigen Bergung bis in den Morgen gesperrt, der Schaden liegt laut Polizei weit über 100.000 Euro.
wenn bei erlaubten 80die LKW mit 88 fahren
was muss da noch riskant überholt werden..
aber das ist scheinbar ein deutsches Problem
mal nicht schneller sein zu können..
wenns dann aber mal wieder gekracht hat
dann haben sie alle Zeit..
Wer sich im Internet die Seiten der Autobahn GmbH ansieht, wird die Aufgabe „Betriebsstörungen managen“ vermissen und genau so laufen seit Jahren die größeren Unfälle ab.
Bei solchen Megastaus bekommt man den Eindruck Polizei, Feuerwehr und Autobahn GmbH schieben sich wegen Fachkräftemangel den Schwarzen Peter zu.
Warum gibt es beim Autobahnausbau in den langen Bauabschnitten keine Not-Ein und -Aus-Fahrten (zur Not über Feldwege)?
Warum werden bei solchen Betriebsstörungen durch eine schnelle Eingreiftruppe nicht eine rückwärtsliegenden Autobahneinfahrten gesperrt und der Verkehr zwangsabgeleitet oder durch öffnen der Leitplanken der Gegenverkehr einspurig mit Gegenverkehr genutzt …. ?
Wo sind die Notfallpläne für solche Situationen?
Geht's noch Herr Hofmann?
So ein Unfall kann in jeder ähnlichen Autobahnbaustelle passieren.
Danke an die die diesen Dienst Freiwillig machen und in der Verantwortung als Führungskraft stehen.
wenn man nicht selber so etwas verursacht, aber beim Anblick des "Titelbildes" schießt mir automatisch die Frage durch den Kopf, wie schnell wohl an einer so kritischen Stelle gefahren wurde.
Wer in einer Baustelle die erlaubte Geschwindigkeit fährt, muss sich doch des öfteren fragen, ob vielleicht sein Tacho erheblich "vorgeht". Mehr Kontrollen und entsprechende Strafen (Fahrverbot etc.), ich glaube da wird es "ganz schnell" ruhiger in den Baustellen...
Das ist dem Autofahrer jedoch nicht zu vermitteln. Und den Lkw fahrern schon gar nicht…
Gut gedacht ist manchmal eben auch schlecht gemacht…