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Kitzingen
Nach dem Knall vor vier Jahren: Was wird aus dem Städtischen Museum in Kitzingen?
Zu wenig Besucher, zu hohe Kosten: So begründete die Stadt 2018 die Schließung des Hauses. Aber ist das die ganze Wahrheit? Und: Bekommt das Stadtmuseum noch eine Chance?
Das städtische Museum in Kitzingen hat vor vier Jahren die Türen geschlossen – und dabei wird es auch bleiben.
Foto: Silvia Gralla | Das städtische Museum in Kitzingen hat vor vier Jahren die Türen geschlossen – und dabei wird es auch bleiben.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 10.02.2024 05:19 Uhr

Wenn in Kürze mal wieder die Kitzinger Häckerchronik aufgeführt wird, dann gehört auch das inzwischen zur Stadtgeschichte: die Schließung des Museums in der Landwehrstraße. Kaum denkbar, dass dieses Kapitel in der aktuellen Version des Laienstücks auftaucht, obwohl mancher darin einen epochalen Einschnitt sieht. Nach 125 Jahren hat die Stadt das Museum im Herbst 2018 "bis auf Weiteres" dichtgemacht und ein Jahr später dauerhaft geschlossen.

Um keine falsche Hoffnungen zu wecken, fasste der Stadtrat im Juni 2020 mit Zweidrittelmehrheit einen "Klarstellungsbeschluss", wie es in einer Rathausvorlage heißt. Darin wird festgehalten, das Museum bleibe "dauerhaft geschlossen" und der Museumsbetrieb "weiterhin vollständig eingestellt". Am Dienstagabend tagte im Rathaus der Haupt- und Kulturausschuss des Stadtrats – und hat, wenn man so will, eine weitere Klarstellung zum Museum abgegeben.

Ein "Sachstandsbericht zum Museum" war angekündigt, und den trug der Ende Juli scheidende Hauptamtsleiter Ralph Hartner vor. Was so nüchtern klingt, hat vor zwei Jahren für Aufsehen gesorgt – weniger in der Stadt, dort nahm man die Schließung des Museums eher beiläufig zur Kenntnis. Aber in der bayerischen Museumslandschaft wurde der Schritt mit Erstaunen und Kritik aufgenommen. Ein stadtgeschichtliches Museum, so hieß es dort, mache man nicht einfach zu. Es gehe um "lokale Identität". Von "Abwickeln" war die Rede, und Oberbürgermeister Stefan Güntner ließ sich in einer großen deutschen Tageszeitung mit den Worten zitieren, ja, man habe die Formulierung "sehr scharf gewählt".

Zu wenig Besucher, zu hohe Kosten, aber ist das die ganze Wahrheit?

Die Gründe lieferte das Rathaus gleich hinterher: Wenn pro Jahr nicht einmal 1000 Leute ins Museum kämen, die Stadt aber jährlich 250.000 Euro in den Betrieb schieße, könne etwas nicht stimmen. Mangelnder Zuspruch wurde auch jetzt noch einmal als Argument genannt. Für Güntner war das "mit der wichtigste Grund", für Alt-OB Siegfried Müller der "Hauptgrund". Weitere triftige Gründe wurden nicht angeführt. Die erfährt man nur, wenn man Stadträte unter der Hand befragt. Dann ist die Rede davon, dass die Stadt das Museum geschlossen habe, um den Rechtsstreit mit der damaligen Museumsleiterin geordnet zu beenden. Das schaffte man, indem man ihr einfach die Arbeitsgrundlage entzog. So sah es im März 2021 auch das Würzburger Arbeitsgericht: Die betriebsbedingte Kündigung sei rechtens.

Mancher hatte da noch die vage Hoffnung, das Museum könne – nach einer gewissen Karenzzeit – wieder öffnen. Mit einer konzeptionellen Neuausrichtung, so sagte Manfred Paul (SPD) jetzt im Ausschuss, wäre das auch möglich gewesen. Paul gehört zu den schärfsten Kritikern der Schließung. Er verweist auf das Beispiel Kaufbeuren, wo es vor zwei Jahren gelungen sei, mit einem frischen Konzept ein modernes Heimatmuseum zu installieren. So etwas sei in Kitzingen überhaupt nicht versucht worden.

"Und jetzt? Jetzt haben wir gar nichts mehr. Die Schulen haben keine Anlaufstelle mehr, und die Kitzinger Bürger müssen in der ganzen Region herumfahren, um etwas über ihre Stadtgeschichte zu erfahren. War es das wert?" Die Antwort des OB: "Aus meiner Sicht: ja." Auch Christa Büttner (Grüne) zeigte sich "erschüttert, dass eine Stadt mit 23.000 Einwohnern ihr Museum abwickelt". Alt-OB Müller, der 2018 den Weg zur Schließung des Hauses eingeschlagen hatte, hält die konzeptionellen Überlegungen für "weit überspannt".

Einige wertvolle Stücke sind wieder zurück bei ihren Besitzern

Viele Leihgaben sind inzwischen an ihre Eigentümer zurückgegeben. Die zweibändige Paul-Eber-Bibel etwa – laut Hartner "eines der Prunkstücke der Sammlung" – sei wieder im Besitz der Kirche. Das archäologische Siedlungsmodell ist jetzt im Kirchenburgmuseum Mönchsondheim zu besichtigen und bekomme dort endlich die Aufmerksamkeit, die es verdiene. Andere Stücke verließen das Museum auf Basis "glaubwürdiger Leihverträge".

Die Paul-Eber-Bibel, einst Prunkstück des Museums, ist inzwischen wieder im Eigentum der Kirche.
Foto: Siegfried Sebelka | Die Paul-Eber-Bibel, einst Prunkstück des Museums, ist inzwischen wieder im Eigentum der Kirche.

Im Keller befinden sich noch etwa "drei Kubikmeter Scherben", Relikte aus Grabungen der 1990er-Jahre. Dass die Stadt das Museum "abwickeln" wolle, habe bei vielen Besitzern Ängste ausgelöst, die für Hartner aber unbegründet sind: Was noch da ist, lagert unter "guten Bedingungen", sei angemessen temperiert und versichert. Wenn Gemeinden Fundstücke zurückhaben wollten und die Besitzverhältnisse ungeklärt sind, sei die Stadt gerne bereit, diese auf Leihbasis herauszugeben.

Bleibt die Frage, was mit dem Gebäude passiert. Als Lagerraum sei es auf Dauer zu wertvoll, sagte der OB. Derzeit nutzt das Einwohnermeldeamt das Erdgeschoss, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen aber noch dieses Jahr ins Rathaus zurückkehren. Vor 15 Jahren hat die Stadt den Bau für 3,2 Millionen Euro herrichten lassen, moderne Räume sind entstanden, alles neu aufbereitet. Von einem Millionengrab will im Rathaus trotzdem keiner sprechen. Der OB deutete mit dem Verweis auf den schlechten Zustand des Luitpoldbaus an, wer künftig die Räume nutzen könnte. Dort residieren zurzeit Vhs und Stadtbücherei, doch das Haus soll renoviert werden, was einen Umzug erforderlich machen würde.

 
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