Also hat Wirtin Andrea Haupt doch recht gehabt mit ihrer Prognose: Als vor neun Monaten noch alles in Schutt und Asche lag, stand sie mit rußgeschwärztem Gesicht vor dem Eingang des "Techtel-Mechtel" und sagte trotzig: "Zur Jahreswende machen wir wieder auf!"
Keiner der Umherstehenden und Freunde glaubte ihr das damals. Vermutlich durch einen Brandanschlag war die Volkacher Kneipe im April 2021 innen großteils zerstört worden. Selbst Handwerker aus ihrem Bekanntenkreis sprachen von einem "unmöglichen Wunsch aus dem Reich der Fantasie", als sie Haupts Zeitplan für die Renovierung hörten. Aber jetzt, wenige Tage nach der Jahreswende, steht die Kultkneipe aus der Volkacher Altstadt tatsächlich vor der Eröffnung: Am Freitag, 14. Januar, startet der Betrieb um 17 Uhr.
Anders, moderner, heller, aber dennoch umgeben von dem ursprünglichen Ambiente. Ein großer Gästekreis aus verschiedenen Bevölkerungsschichten hatte sich zusammengefunden, um dieses Rekordergebnis zu schaffen. "Es ist noch nicht alles perfekt," sagt Haupt und schiebt gleich hinterher: "Aber das muss es auch nicht sein!"
Sven Lorentz kommt als Geschäftsführer
Diese Woche war ein Angehöriger der Lebensmittelüberwachung vor Ort. Über Stunden ging man zusammen die Hygienevorschriften durch. Mit dabei der neue Geschäftsführer des "Techtel", Sven Lorentz, "ein Freund der Familie, der schon über 20 Jahre mitgearbeitet hat", so nennt ihn Haupt. Jetzt hat der gelernte Betriebsschlosser mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Gastronomie einen festen Job bekommen. "Einen Full-Time-Job" wie Sven, Spitzname "Svenko", erklärt.
Viel Eigenleistung war angesagt. Das Herzstück ist der lange Thekenbereich. "Die Theke habe ich vom Wirt der ehemaligen Gaststätte Rehberger aus Heidenfeld geschenkt bekommen", erzählt die Wirtin. Dahinter hat sie die ursprüngliche Mauer belassen, wie sie sich nach dem Abklopfen des Brandschadens zeigte. "Schaut das nicht toll aus?", strahlt sie.
Indirektes Licht gibt den dort befestigten Glasböden eine besondere Note. Und darauf: eine große Anzahl verschiedener Gläser, die ihre eigene Geschichte haben: Andrea Haupt war vor Wochen am Altglasconainer, um restliches verrustes Glas wegzuwerfen. Sie sah dabei zufällig einen Mann, der aus mehreren Kartons einzeln verpackte Gläser entsorgen wollte und sie gerade aus der Umhüllung nahm. Es waren Gläser, die er einst zu seiner Hochzeit geschenkt bekommen hatte.
Da seine Ehe zu Ende ging, wollte er sich auch von dieser Erinnerung trennen. Als er von Haupts Schicksal erfuhr, schenkte er ihr spontan die Gläser. "Bin ich nicht ein Glückskind?", fragt die Wirtin rückblickend. Die lange Zeit der Verzweiflung sieht man ihr nicht mehr an. Zuversicht strahlt sie aus. Neben dem Eingang steht eine lebensgroße männliche Puppe, welche ihr Gäste geschenkt haben. "Das soll mein Beschützer sein", sagt sie. Neu ist in den Räumlichkeiten auch die Küche. Ein neues Kühlhaus ist erst vor wenigen Tagen gekommen. Gerade werden noch die Spüle, ein Waschbecken und eine Arbeitsplatte installiert.
Am Freitagabend ist Eröffnung
Kleine Gerichte will die Wirtin künftig anbieten: Curry-Wurst, Pizza und ähnliches. "Wir sind ja eine Schank- und Speisewirtschaft", erklärt sie. "Nur als Pilskneipe dürften wir ja gar nicht aufmachen." An alles ist gedacht. Mittlerweile hat ihr das Landratsamt die Erlaubnis für den Wirtschaftsbetrieb gegeben. "Es gab keine Probleme", berichtet Haupt.
Jetzt beginnen die Feinabstimmungen. Ein Nebenraum wird zu einer Lounge eingerichtet. Mit Sofas und Sesseln. "Dort kann man chillen." Das Wohl ihrer Gäste hat die quirlige Gastronomin stets im Blick. Nun hat sie festgestellt, dass noch eine Garderobe fehlt. Also hat sie in einem Einrichtungshaus einen rollbaren Garderobenständer besorgt, der im hinteren Gastraum steht. "Alles ist möglich, wenn man will", sagt Haupt stolz zum in der Kürze der Zeit gelungenen Umbau.
Fast mystisch wird es, als sie von einem Geschenk ihrer Tochter erzählt. Diese hatte am Brandtag auf der Theke im Schutt die verkohlten Reste eines Kartenspieles erkannt. Beim Aufräumen bemerkte sie, dass eine Spielkarte noch völlig unzerstört war: die Kreuz-Dame. Sie hat das fotografiert und ihrer Mutter das Foto in einem Glasrahmen zur Eröffnung geschenkt. "Das bist du, Mama", hat sie gesagt.
Wer wirklich will, und auch selbst mit anpackt, der kann auch!
Es muss zum Anfang ja auch nicht alles gleich perfekt sein, aber mit der Zeit wird es das dann...
Habe einen Wahnsinns-Respekt vor dieser Wirtin, die dieses Projekt jetzt ausgerechnet während der Corona-Krise gestemmt hat.
Ich kann Ihr nur viel Erfolg für die Zukunft wünschen...