Als die ersten Feuerwehrleute am frühen Freitagmorgen in der Volkacher Schelfengasse eintreffen, dringt dichter, beißender Qualm aus dem zartrosafarbenen Gebäude mit der Hausnummer 2. Wenige Augenblicke später droht die Situation zu eskalieren: Rollover oder Rauchdurchzündung nennen Fachleute das Phänomen, wenn sich Rauchgase unter großer Hitzeeinwirkung plötzlich entzünden. "Mehrere Meter hohe Flammen loderten in den Straßenraum hinein", berichtet Moritz Hornung am Tag nach dem Brand im "Techtel-Mechtel". Der Sprecher der Volkacher Feuerwehr war in der Nacht selbst dabei, als die kultige Musikkneipe mitten in der Altstadt völlig ausbrannte.
Gegen 1.40 Uhr war die Feuerwehr von Anwohnern der Gaststätte alarmiert worden. Ein Nachbar sprach am Freitagmittag gegenüber unserem Fotografen von einem "lauten Knall" und "starker Rauchentwicklung". Auch wenn die örtliche Wehr mit Bränden in der Altstadt gewisse Routine hat und regelmäßig dafür übt, solche Einsätze bleiben immer etwas Besonderes und Heikles. Die Enge der Gassen, die dichte Bebauung – die 40 Wehrleute aus Volkach und Astheim stehen vor einer echten Herausforderung. In diesem Fall bekommen sie das Feuer mit einem gezielten Löschangriff "relativ schnell unter Kontrolle", wie Hornung sagt. Sie inspizieren von einer Teleskop-Hebebühne aus regelmäßig die empfindliche Dachhaut, durch die ein Feuer oft unbemerkt überspringt – und können verhindern, dass die Flammen auf Nachbargebäude übergreifen. Nach gut 20 Minuten ist der Brand gelöscht. Eine weitere Stunde später sind letzte Glutnester beseitigt.
Giftige Rauchgase in den oben liegenden Wohnungen
Für die Feuerwehr ist der Job damit getan. Andere Beteiligte werden mit den Folgen dieser Nacht noch länger zu kämpfen haben. Die Wohnungen im Obergeschoss sind durch die giftigen Rauchgase unbewohnbar geworden. Vier Personen, unter ihnen Andrea Haupt, die Inhaberin des "Techtel-Mechtel", haben sich in der Nacht rechtzeitig ins Freie retten können. Aber der Schock ist ihr noch anzuhören, als sie am Freitagmittag am Telefon über die Geschehnisse spricht.
Sie sei völlig fertig und könne gerade nicht in ihre Wohnung, sagt die Volkacherin. Seit einem knappen Jahr macht Haupt die CSU-Fraktion des Volkacher Stadtrates ein wenig bunter. Von ihrer quirligen Art ist am Tag nach der Brandnacht aber nichts zu spüren. "Wir wissen noch gar nichts", sagt die erschöpfte Kneipenwirtin am Telefon. Zu dem Zeitpunkt ist sie gerade auf dem Weg zu einer Freundin – noch im Schlafanzug.
Die Kripo bittet um Zeugenhinweise zur Brandursache
Was sie aber freue, sind die vielen netten Angebote von Freunden und Mitbürgern: "Alle wollen uns helfen, das ist ganz toll." Auch ihr Fraktionskollege, Volkachs Bürgermeister Heiko Bäuerlein, habe sich schon bei ihr gemeldet. Er habe sich eigentlich auf das erste Bier nach Corona im Techtel gefreut. Der Brand habe ihn "heute früh sehr schockiert", sagt er. Die Kneipe sei einfach der Treffpunkt für die Volkacher gewesen. Und nicht nur für die Volkacher. Ein buntes Publikum traf sich dort in Vor-Corona-Zeiten zu entspannten Musik- und Szeneabenden. Auf Schildern vor der Gaststätte steht –mit weißer Kreide geschrieben – noch das Getränkeangebot aus besseren Tagen: Krautheimer Urtyp, Distelhäuser Hefeweizen, Bayreuther Zwickl. Inzwischen sind die Zugänge zum Gebäude verrammelt. Am Freitagmorgen untersuchen Brandexperten der Kripo das Gebäude.
Was die Brandursache angeht, hält sich die Sprecherin des Polizeipräsidiums Unterfranken auf Nachfrage der Redaktion bedeckt. Sie verweist auf eine Pressemitteilung ihres Hauses, eine dürre Depesche, in der es unverbindlich heißt: "Die Kripo Würzburg hat die Ermittlungen bereits aufgenommen und geht der Frage nach, wie es zu dem Feuer kommen konnte." Offenbar wabern in sozialen Medien bereits wilde Gerüchte. Nach Informationen dieser Redaktion hat die Besitzerin des Techtel-Mechtel mit dem Ausbruch des Brandes nichts zu tun. Die Polizei setzt auf Hinweise von Zeugen. Wer zur Tatzeit etwas Verdächtiges beobachtet hat oder sonst Hinweise geben kann, die zur Aufklärung der Tat beitragen können, wird gebeten, sich unter Tel. (0931) 457-1732 zu melden.
Zumindest so viel teilt die Polizei mit: Der Schaden wird auf rund 50 000 Euro geschätzt. Fröhliche Musikabende im Techtel Mechtel dürften – nicht nur wegen Corona – vorerst nur eine schöne Erinnerung bleiben. Der Gastraum der Kneipe wurde bei dem Feuer vollständig zerstört.