
Ist das Kunst oder kann das weg? Am Kitzinger Skaterplatz gehören die Baumschuhe beziehungsweise Schuhbäume schon zum gewohnten Bild. Seit Jahren baumeln so um die 80 ausrangierte Treter, meist als Paar an den Schürsenkeln zusammengebunden, an den Ästen dreier Bäume rund um die Freizeitsport-Anlage am Etwashäuser Bleichwasen. Noch länger gibt es den Schuhbaum im Notwohngebiet Egerländer Straße. Sinn und Zweck? Je nachdem, wen man fragt, bekommt man durchaus kuriose Antworten.

Dass Gummistiefel an Ortsschildern und grünen Kreuzen baumeln, kennen wir seit den Bauernprotesten des vergangenen Winters. Das Rätsel der hängenden Schuhe lösen die Landwirte jedoch nicht. Sie haben sich nur einem Trend angeschlossen, der schon seit Jahrzehnten immer mal wieder irgendwo in der Welt aufflammt: dem Phänomen der herum baumelnden Schuhe.
Zahlreiche Theorien befassen sich mit den Baumschuhen
Schon vor fast 20 Jahren gab es Berichte über Schuhe an Kabeln und Strommasten, Straßenlaternen und Ampeln, Brücken und Bäumen in Neuseeland, Kanada, Argentinien, Österreich, England und auch in vielen Städten Deutschlands. Es gab schon damals zahlreiche Theorien dafür. So hieß es, Studierende schmissen zum Abschluss ihres Studiums ihre Schuhe weg oder Drogen- und Straßenbanden markierten damit ihr Revier.

Wahrscheinlicher klingt für Kitzinger Ohren diese Erklärung: Zum Ende des Militärdienstes entledigten sich Soldaten ihrer Kampfstiefel. Denn: Auch in Kitzingen gab es in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren durchaus den Brauch der hier stationierten Army-Angehörigen, vor ihrer Rückkehr in die Staaten ihre Stiefel an der Kitzinger B8 über die Ampel zu hängen.
Mittlerweile ist Kitzingen jedoch schon seit fast 20 Jahren keine Garnisonsstadt mehr. Woher kommen also die Baumschuhe jetzt? Stadtjugendpfleger Jochen Kulczynski erklärt: "Die Schuhe am Bleichwasen stammen von den Skatern und werden schon seit sehr vielen Jahren, sobald sie kaputt gefahren sind, in die Bäume geworfen." Der Sozialpädagoge freut sich, dass die Stadt diesen Jugend-Brauch duldet. Kulczynski meint: "Den Skatern ist es wichtig und alle anderen stört es nicht."

Doch was hat es mit dem gleichen Brauch im Notwohngebiet auf sich? Wer sich vor Ort umhört, bekommt manche Schauergeschichte zu hören - von Menschen, die gestorben sind und deren Schuhe zum Andenken dort hängen sollen –, aber auch Storys mit Happy-End: von Bewohnern, die es aus dem "Ghetto" in die "normale Welt" geschafft haben.
Wie auch immer: Höchstwahrscheinlich hat der Trend des "Shoefiti" – ein Kurzwort für den englischen Begriff für Schuh und Graffiti – eben auch Kitzingen erreicht. Für die einen mögen die Baumschuhe Straßenkunst sein. Andere, die ihre alten Schlappen an den Bändeln zusammenbinden und von sich schmeißen, werfen damit wohl allerhand Altlasten von sich – symbolisch, versteht sich.