Tagsüber die Scooter-Fahrer und Biker, abends die Skater: Im Skatepark am Bleichwasen ist gerade in der Ferienzeit viel los. Die Jugendlichen sausen zwischen der Halfpipe, der Funbox und den Rails hin und her, nehmen konzentriert Anlauf und üben verschiedene Tricks in der Luft und auf dem Boden. Die Jüngeren schauen sich von den Älteren viel ab und blicken zu ihnen auf. Wer regelmäßig kommt und seine Tricks zeigt, ist bei allen bekannt.
„Wir kennen uns alle untereinander“, bestätigt der 17-jährige Noah aus Kitzingen. „Jeder scootet hier für jeden und man lernt immer wieder neue Leute kennen.” Dazu muss man gar nicht mal auf dem Board stehen, denn viele kommen auch vorbei, um zuzuschauen, zu entspannen oder Musik zu hören. Sie trifft man dann in der ehemaligen Halfpipe, die als Sitzecke umfunktioniert wurde. Vor allem am Wochenende treffen sich dort ab und an auch verschiedene Skategruppen, die schon länger bestehen und zusammen grillen, berichtet Noah.
Skater-Boom
Zwei dieser langjährigen Skater aus Kitzingen sind Andreas La Rosa, 31, und Lucas Reuther, 29. Sie engagieren sich ehrenamtlich bei der Stadtjugendpflege Kitzingen und berichten von Workshops, die sie vor Corona im Rahmen der städtischen Jugendarbeit Kitzingen durchgeführt haben. „Damit haben wir den Jugendlichen das Skaten näher gebracht, Skateboards und Ausrüstung gestellt und die ersten Tricks gezeigt“, erinnert sich La Rosa. Dabei hat er festgestellt: Skaten boomt. Auch viele Jüngere sind daran interessiert. Für das neue Jahr sind deshalb auch wieder verschiedene Veranstaltungen geplant.
Neben jungen Skatern versammelt sich am Skateplatz aber auch eine neue Generation Jugendlicher, die hauptsächlich Scooter, teilweise auch Bike, fährt. So wie der 17-jährige Noah: „Ich bin vom Skateboard auf das Scooter-Fahren umgestiegen.“ Die Jugendlichen sind eisern bei der Sache, probieren die Tricks mit dem Scooter immer wieder, ob Flips, No Foots oder Bunny Hops, und verbringen gemeinsam mit Freunden viele Stunden auf dem Skatepark. So ist der Platz längst wichtiger Treffpunkt für Jugendliche geworden.
Die Skate-Szene in Kitzingen war laut La Rosa schon immer recht groß. Jetzt differenziert sie sich nochmals aus und wird vielfältiger. „Gerade durch die Renovierung des Parks vor vier Jahren, als einige Rampen der geschlossenen Skateanlage aus den Marshall Heights, wie zum Beispiel die Quarterpipe, in den Skatepark am Bleichwasen integriert wurden, kamen einige neue Skater hinzu”, erklärt der 31-Jährige.
Noah findet die Vielfalt des Parks super. Er skatet zwar auch in Schweinfurt, kommt aber immer gerne nach Kitzingen, weil der Platz so viel bietet. „Das Besondere hier ist, dass es neben den Boxen, den Rails und den Halfpipes auch noch die zwei großen Hügel gibt. Das habe ich bisher sonst nirgendwo gesehen.” Für Scooterfahrer oder Biker, die bei bestimmten Tricks Anlauf nehmen müssen, um auf den Rampen hoch genug springen zu können, sind die Hügel ideal, sagt der 17-Jährige. Außerdem könne man über die Hügel auch schön mit dem Longboard fahren – das Gerät, mit dem Noah vor Jahren in das Skaten eingestiegen ist.
Doch was braucht es überhaupt, um auf dem Scooter zu bestehen? Grundsätzlich sind bei den Tricks sowohl Gewichtsverlagerung und Geschick als auch Schnelligkeit und Oberkörpermuskulatur gefragt, da die Jugendlichen den Scooter oft in der Luft mit einer Hand drehen müssen, wie zum Beispiel beim Bri-Flip, den Noah gerne praktiziert. Auch bei dem Invert-Trick, den viele auf der Anlage mit dem Skateboard üben, steht man quasi für kurze Zeit im Handstand, aber nur auf einem Arm.
Mit der Anlage am Bleichwasen sind die Skater durchaus sehr zufrieden: „Es gibt jetzt nichts, wo ich sagen würde, das fehlt für uns Skater. Ich finde es im Gegenteil gut, dass der Platz nicht so vollgestellt ist wie beispielsweise in Würzburg”, erklärt Stephan. Der 22-jährige Kitzinger probiert besonders gerne Tricks am Boden und auf den Rails oder Boxen aus. Bewundert wird er von den anderen für das Grinden, also das Schlittern über die Kanten der Boxen – dafür muss man lange üben. Auch Noah hat nur lobende Worte für das Gelände: „Ich finde den Platz top“, sagt er, fügt aber dann doch an: „Eine Bowl wäre natürlich für Scooter-Fahrer noch optimal.” Ein solches großes, in den Boden eingelassenes Becken aus Beton müsste man allerdings extern platzieren. „Hier in den Skaterpark würde es nicht mehr reinpassen“, gibt er zu bedenken. Denn die Halfpipe, die aktuell existiert, sei zwar für Skater optimal, für Scooter aber fast zu wenig in die Länge gezogen, erklärt Noah.
Die Tricks der Skater
Die Tricks, die die Jugendlichen üben, sind so vielfältig wie die Ausstattung des Skateparks und hängen natürlich davon ab, ob man Anfänger oder Fortgeschrittener ist. Willkommen sind jedenfalls alle und alle werden gern in die Gruppe aufgenommen. Auch das Alter ist egal. „Die meisten Skater sind über 20, aber bei uns sind alle Altersgruppen dabei“, erklärt La Rosa. „50 ist da noch lange keine Grenze.“ Auch wenn sich die Jugendlichen gerne gegenseitig Tricks zeigen und miteinander üben, messen sie sich trotzdem gerne aneinander. „Ab und an starten wir hier kleine Spiele oder Battles untereinander, wie das Game of Scoot, um zu sehen, wer der Beste im Park ist und die Tricks am saubersten ausführt“, erzählt Noah. Einer zeigt einen Trick und die anderen müssen versuchen, ihn genau so zu imitieren. Fortgeschrittene probieren gar mehrere Tricks hintereinander aus: „Die verschiedenen Whip-Tricks kann man gut miteinander kombinieren, wie zum Beispiel den Thailwhip mit dem Fingerwhip“, sagt Noah. Er kennt sich nicht nur mit den Fachbegriffen bestens aus, sondern zeigt auch gleich, wie's geht: Er dreht im Sprung den Scooter aus dem Handgelenk heraus und durch die Kraft, die beim Absprung entsteht, einmal um seine Achse und tippt dabei mit der Hand auf das Brett des Scooters.
Leonard, 12, springt derweil Bunny Hops der besten Klasse, auch in Form von No Foots – dabei springt er in der Luft auf dem Bike auch selbst noch nach oben. Er hat sich extra ein spezielles Downhill Bike gekauft, das selbst gebraucht noch ziemlich teuer war, um auf verschiedenen Pfaden und in Bikeparks zu fahren. Dafür braucht er dicke Reifen, gute Bremsen sowie eine gute Dämpfung. Voraussetzung für Spaß auf zwei Rädern sind die Downhill Bikes aber nicht unbedingt. Wer vorzugsweise springt, kann auch Trail-Bikes, die Allrounder unter den Fahrrädern, verwenden oder Dirt Bikes, kleinere halbsteife Mountainbikes, die nur für Tricks und Sprünge eingesetzt werden, erklärt der Biker. Lukasz, 10, aus Kitzingen sowie seine Kitzinger Freunde Fero und Lukas, beide 9, probieren mit jedem Versuch, höher springen zu können und schauen Leonard eifrig zu.
Vor allem wenn sie schwierige Tricks ausprobieren, lassen sich Stürze nicht immer vermeiden – fast alle auf der Anlage haben Schürfwunden. „Gerade beim Skaten trennt sich die Spreu vom Weizen. Da braucht man Durchhaltevermögen, bis der Trick sauber klappt, und muss immer wieder aufstehen“, weiß Andreas La Rosa. Wer eine schlimme Verletzung hat, muss dann allerdings doch erst einmal pausieren oder aufhören: „Ein Kumpel hat sich mal die Achillessehne gerissen und darf jetzt nicht mehr fahren und ich selbst bin auch nur knapp an einem gebrochenen Fuß vorbeigekommen“, gibt Noah zu.
Auch Stephan, der seit sechs Jahren skatet, musste wegen einer Verletzung schon einmal drei Jahre pausieren. Trotzdem hat er sich auch in dieser Zeit gerne in der Skategruppe vor Ort getroffen: „Da waren von den 20 Leuten in der Gruppe immer fünf da.“ Ein Treffpunkt, den er nicht missen möchte.