Etwa 100 Einwohner, eine Wirtschaft und Natur, sehr viel Natur – das ist Ebersbrunn (Lkr. Kitzingen). Nicht einmal jedem im Landkreis Kitzingen bekannt, aber dafür vielen in der Oldtimer-Szene aus ganz Deutschland ein Begriff. Denn dort repariert und restauriert Danny Martin alte Volkswagen und Porsche. Nur die und nur luftgekühlt. Gerade steht ein Käfer, Baujahr 1951, auf der Hebebühne. Getriebeschaden. "Die Szene ist total gut vernetzt", sagt der 36-Jährige. "Jeder kennt jeden." Deswegen läuft seine Werkstatt auch ohne Werbung gut, deswegen kann er seinen Traum auch in Ebersbrunn verwirklichen.
Dort hat der Sauerländer mit seiner Partnerin einen alten Bauernhof gekauft. "Was Schönes, Altes mit Charakter" haben sie gesucht. In einer der Scheunen hat er seine Werkstatt eröffnet. "Passt megagut zu meinem alten Zeug", sagt der gelernte Lackierer. Tipptopp präsentiert sich die Werkstatt. Im Gegensatz zum Wohnhaus. Irgendwann wollen sie dort leben, doch im Moment fehlt die Zeit zum Renovieren.
Ein Problem übrigens, mit dem sich Martin auskennt. Der Grund, warum er jetzt an alten Autos rumschraubt – neben einem Referat über den VW Käfer in der Schule – steht in einer Garage. Ein 62er Bulli T1. Gekauft vor 20 Jahren mit dem Geld von der Oma. Da war er gerade 17. "Meine Schwester bekam Geld für ihre ersten Möbel", erinnert er sich. "Ich wollte einen Bulli." Den gibt es immer noch, die Möbel sind schon lange weg. "Und meine Eltern haben einen neuen Korkboden", erzählt er und grinst. Nachdem seine Schwester ausgezogen war, entstand Platz in ihrem Zimmer. Den nutzte Martin, um den Motor komplett auseinanderzulegen.
In Danny Martins Garage steht ein 1962er Bulli US-Import aus Kalifornien
Sehr zum Missfallen seiner Eltern. Aber die sind an seiner VW-Leidenschaft schuld, zumindest ein bisschen. "Ich kannte ja nichts anderes", erklärt er, wie er zu seiner Lieblingsautomarke gekommen ist. Fahrtüchtig ist der Bulli, ein US-Import aus Kalifornien, auch nach so vielen Jahren immer noch nicht. "Entweder hatte ich Zeit und kein Geld oder Geld und keine Zeit", sagt er. Und so wurde der alte Bus vor vier Jahren vom Sauerland in den Steigerwald gebracht. Einer anderen Liebe wegen.
Im Urlaub lernte Martin seine Julia kennen. Als Tochter von Fahrlehrern genauso motorenverrückt wie er. Ihr Auto hat noch lange kein H (für Oldtimer) auf dem Kennzeichen, und ein VW ist es auch nicht. Damit kann Martin leben. Schließlich hätten auch neue Autos ihre Berechtigung, aber bei alten Wagen, "da rappelt's, da scheppert's, da stinkt's", und man kann nur hoffen, dass er auch seiner Freundin solche liebevollen Blicke zuwirft wie dem Käfer, der gerade in der Werkstatt steht.
In den gemeinsamen Urlaub geht es auf jeden Fall immer mit einem Oldtimer. Im Hof steht ein T3, in auffälligem Orange, Baujahr 1979, luftgekühlt. Es komme ihm weniger auf das Ziel an. "Es ist das Lebensgefühl", erzählt Martin. "Es ist wie ein Schalter, und plötzlich ist die Welt schön." Und nicht nur seine. Martin erzählt, dass die Leute strahlen, wenn sie alte Autos sehen, und auch nicht so schnell hupen, wenn man an der Ampel nicht gleich losfährt. Im vergangenen Jahr war er mit seiner Freundin an der Côte d’Azur, 2600 Kilometer. Den Werkzeugkasten immer dabei. Sicher ist sicher.
Wobei Oldtimer-Fans weltweit vernetzt sind und sich helfen. Vor kurzem standen ein paar VW-Verrückte aus Malaysia in der Ebersbrunner Garage. Mit drei Bullis und einem Käfer waren sie auf Europatour. Bei Nürnberg ging der Käfer kaputt. Danny Martin konnte helfen. "Der eine war Koch", erzählt er. "Der hat dann in der Werkstatt ein Curry gekocht. Lecker."
Oldtimer sind auch als Wertanlage zu betrachten
Überhaupt ist der Kontakt zu seinen Kunden, oft sind es ältere Männer mit entsprechendem Einkommen, eher familiär. Nicht selten werkeln sie mit, wenn ihr Oldtimer auf der Hebebühne steht. Auch Robin Heim aus Kitzingen ist gekommen. Ihm gehört der Käfer mit dem Getriebeschaden. "Hast du auch meine Sukkulente gegossen?", fragt er gleich. Was im New Beetle die Blumen in der Vase neben dem Lenkrad war, ist ihm die Pflanze im Aschenbecher. Gekommen ist er mit einem neuen Modell, aber alte Fahrzeuge. . . "Die entschleunigen alles."
Ein, zwei Stunden kommt er jeden Tag. Heute soll die neue Antriebswelle eingebaut werden. Stellt sich die Frage, wo Martin die Ersatzteile für die alten Autos herbekommt. "Reproduktionen", sagt er. "Ist alles noch zu haben." Auch hier sei die Szene gut vernetzt und organisiert. Die Frage sei aktuell eher, wann geliefert wird. Und wie schaut es mit einem E-Motor unter der Haube aus? "Kann man machen", sagt der Experte, der sich 2010 hat er sich mit seinem Hobby selbstständig gemacht hat. "Aber meins ist es nicht." Da scheppert's und kracht's zu wenig.
Gar nicht wenig ist dagegen die Nachfrage nach Bullis. "Es gab immer eine Szene, und die ist auch nie weggebrochen", erklärt Martin. Den aktuellen Hype schiebt er vor allem auf die Medien. Auch als Wertanlage könne man ein altes Auto betrachten. Seinen T1, mittlerweile in alle Bestandteile zerlegt, könnte er ohne Probleme mit Gewinn verkaufen. Würde er nie tun, denn irgendwann hat er Zeit und Geld. Und bis es soweit ist, "komme ich jeden Morgen mit einem Lächeln rein. Es ist mein absoluter Traum."