
Der 2. Juni 2024: Ein Tag, den Kitzingen so schnell nicht vergessen wird. 55 Häuser ohne Strom, 360 Feuerwehreinsätze, unglaubliche 342 Tonnen Hochwasser-Müll: Das Starkregenereignis überraschte die Kitzingerinnen und Kitzinger in seinem Ausmaß und hinterließ eine Schneise der Verwüstung.
Der kleine Esbach, ein friedlicher Bachlauf zwischen dem Hotel Esbach-Hof und dem Betrieb WSG Bädergalerie, schwoll in kürzester Zeit an und überflutete umliegende Teile Kitzingens. Den Esbach-Hof traf es besonders schlimm. Der Schock sitzt auch nach acht Monaten noch tief.
Es dauerte 20 Minuten: Dann war der Keller des direkt am Bach gelegenen Hotels vollgelaufen, erzählt Lothar Schenk, dessen Frau den Esbach-Hof leitet. Über zwei Meter stieg das Wasser im Untergeschoss an. Seine Frau Christine Schenk konnte noch rechtzeitig den Keller verlassen, bevor Schlimmeres geschieht. Das untere Stockwerk, in dem die Heizungsanlage, die Elektronik, Lebensmittel, Bettlaken und vieles mehr untergebracht war, das für den Betrieb des Hotels unentbehrlich ist, stand vollends unter Wasser.

Ohne Heizung, ohne Strom: Eine Woche nur mit Kerzenlicht ausgekommen
"Eine Woche waren wir komplett ohne Strom", erzählt Schenk. "Beim Abendessen saßen wir eben mit Kerzenlicht da". Viel Zeit zum Verarbeiten des Schocks blieb der Familie und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Betriebs nicht. Nachdem der Keller nach 16 Stunden ausgepumpt gewesen sei, stand ein Berg an Arbeit an: Zusammen mit Familie und Freunden ging's ans begutachten, ausräumen, sauber machen und wegwerfen, was nicht mehr zu retten war. Fünf Container waren bis oben hin mit Hochwasser-Müll gefüllt.

Drei Wochen hatte der Esbach-Hof geschlossen. "So schnell wie möglich" wollte man wieder öffnen, sagt Schenk. "Viele Dinge waren bei Wiedereröffnung nur provisorisch", so auch die Heizungsanlage. Bei Wiederaufnahme des Hotelbetriebs liefen die Trocknungsgeräte noch im Dauereinsatz. Darauf folgte eine professionelle Reinigung Ende August, Handwerker verputzen die Wände neu und im Oktober reparierte man die Rohre im Keller.
Die anstehenden Arbeiten hatten und haben auch heute kein Ende. Ganz zu schweigen vom Rattenschwanz an Bürokratie, den das Ereignis nach sich zog. "Zwei bis drei Stunden am Tag bin ich zusätzlich zur eigentlichen Arbeit damit beschäftigt", sagt Schenk. "Telefonieren, Handwerker bestellen, mit der Versicherung reden."
Seit September renne er einer Genehmigung für ein kurzes Mauerstück hinterher. Eine ein Meter hohe Mauer, die die Schenks zum Schutz vor einem erneuten Hochwasser anbringen möchten. Damit das Wasser zumindest nicht nochmal ins Wohnzimmer laufe, sagt er.
Verärgert sei er über diese endlosen Prozesse, die langwierige Bürokratie. "Das Wetter wartet nicht auf uns", sagt Schenk spöttisch. Laut ihm könnten sie nun endlich mit dem Mauerbau starten, doch "beim nächsten Mal bauen wir die Mauer einfach so – ohne Genehmigung", scherzt er.
Hochwasser-Katastrophe stellte den Familiensegen auf die Probe
Nervenaufreibend und anstrengend seien die letzten acht Monate gewesen, sagt Schenk. Ihn und seine Frau, beide über 80 Jahre alt, belaste all der Stress darüber hinaus gesundheitlich, erzählt er. "Auch emotional hat uns das Erlebte mitgenommen. Man ist nicht vorbereitet auf so etwas." Das Hochwasser stellte nicht nur den Hotelbetrieb auf eine harte Probe, sondern auch den Familiensegen. "Wir waren nervlich am Ende, haben nur noch gestritten. Das war sehr schwierig."
Ende letzten Jahres habe sich die Lage in Schenks Augen etwas entspannt. Inzwischen seien "90 Prozent" der Arbeiten erledigt, die Familie komme "etwas zur Ruhe". Die Elementar-Versicherung des Hotels übernehme die Reparaturkosten von 500.000 Euro – auch wenn das Hotel noch auf knapp 150.000 Euro warte. "Da wird noch diskutiert", sagt Schenk.

Ein Schock allerdings: 14 Tage nach dem schweren Hochwasser kündigte die Versicherung den Vertrag der Familie. Und jetzt?
"Wie schnell kann so etwas nochmal passieren?", fragt Schenk in Anbetracht dessen, dass der Esbach-Hof und somit seine Existenzgrundlage und die seiner Frau aktuell ohne Absicherung im Falle eines erneuten Hochwassers da stehe. Sie seien auf der Suche nach einer neuen, doch das ziehe sich und sei gar nicht so leicht.
Keine wirkliche Strategie für das kommende Extremwetterereignis
Ob die geplante Ein-Meter-Mauer den Wassermassen Einhalt gebieten kann? Diese Frage beantwortet Schenk ohne zu zögern mit "Nein", schnauft und zieht mit trauriger Miene die Augenbrauen nach oben. Die Angst vor einem erneuten Hochwasserereignis sei groß bei den Schenks. "Das kann morgen wieder passieren. Keiner kann das Wasser aufhalten."

Zwar ist inzwischen alles neu verputzt, die neue Heizung eingebaut und die Elektronik wieder in Gang gebracht. Aber bis auf die dürftige Ein-Meter-Mauer und eine verbesserte Rückschlagklappe sei das Inventar ebenso anfällig für die Wassermassen wie zuvor. Es gebe darüber hinaus keine getroffenen Maßnahmen, um besser auf ein erneutes Extremwetterereignis vorbereitet zu sein.
Ohne Versicherung könne die Familie Schenk eine erneute Reparatur mit solch eklatant hohen Summen auch gar nicht bewältigen, meint er. Man sieht Schenk die Hilflosigkeit in Anbetracht dieser Situation ins Gesicht geschrieben.
"Wollen wir, das hier nicht verscherbeln und abhauen?", habe Schenk seine Frau gefragt. Die in den Familienbetrieb hineingewachsene Hotelleiterin schüttelte den Kopf, auch wenn auch sie das Geschehene noch nicht verdaut habe. Rückblickend sei das Ereignis ein einschneidendes Erlebnis für die Schenks gewesen. "9,5 von 10" einschneidend, sagt Schenk. Viel Luft nach oben ist da nicht.
Auf die Frage, was das Ehepaar beim nächsten Mal anders machen würde, bleibt Schenk abrupt stehen und sagt: "Ganz ehrlich? Bombe in den Keller und zünden. Noch einmal will ich das nicht mitmachen!"
Und die CSU will das auch nicht.
Bei der Klimaerwärmung ist das nächste Hochwasser oder der nächste Sturm zu erwarten - dann kein Gejammer liebe Wähler!
Wenn es aber darum geht in ein (potentielles) Hochwassergefahrengebiet bauen zu lassen und dabei Geld mitnehmen zu können schaut(e) es schon wieder anders aus.