Im Hintergrund ploppten die Sektkorken, die Kirchenglocken erklangen zum 12-Uhr-Läuten, und am Rednerpult war der Minister gerade fertig mit seinem Vortrag: Wenn der Freistaat 75 Millionen Euro in der Provinz verbuddelt, darf eine kleine Party nicht fehlen. Und so blinzelten am Donnerstag zur Mittagsstunde mehrere Dutzend Ehrengäste in die wärmende Maisonne, als regionale und überregionale Prominenz zum Spaten griff und den offiziellen Startschuss für den Neubau des bayerischen Staatsarchivs am Kitzinger Deustergelände gab.
Von einem "neuen Fixpunkt in Unterfranken für das kulturelle Gedächtnis unseres Landes" sprach Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). Aber was bedeutet das eigentlich? Und was meint Blume, wenn er sagt, "jeder Euro" hier sei "gut angelegtes Geld"?
Orientiert man sich an den Fakten, dann entsteht auf dem parkähnlichen Gelände ein skulpturartiger, moderner Baukörper, der auf 8000 Quadratmeter Nutzfläche einmal Platz für 40.000 laufende Meter Archivmaterial bieten soll. "Unersetzbares Kulturgut" werde dort verwahrt, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns, Bernhard Grau. Und es werde ständig mehr. Viele Behörden und Gerichte sitzen laut Grau auf "gewaltigen Aktenbergen", die sie dadurch zu schrumpfen versuchen, dass das Material nach und nach digital erfasst wird. Die Originale verschwinden dann in den Tiefen des Staatsarchivs.
Das Archiv in Würzburg stoße gerade an die Kapazitätsgrenzen. Deshalb ist Grau froh, nun eine neue Perspektive zu haben, um den "ständigen Zustrom" an Akten zu kanalisieren. Der Standort in Kitzingen war und ist allerdings nicht unumstritten – zu tief in der Provinz, sagen die Kritiker. Eine Aufwertung der Provinz, sagen Minister Blume und sein "Chef", Ministerpräsident Markus Söder. Man stehe zur Strategie, brachte Blume als Botschaft aus München mit, in "allen Gegenden Bayerns" für gute Lebens- und Arbeitsbedingungen zu sorgen. Die 75 Millionen Euro, die der Minister beim Festakt nannte, sei eine "Investition in die gesamte Region". Kalkuliert war das Projekt anfangs mit 33 Millionen Euro.
Das grüne Umfeld des Staatsarchivs soll künftig von allen genutzt werden
Den Standort Kitzingen habe der frühere Landtagsabgeordnete Otto Hünnerkopf ins Spiel gebracht. Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) dankte bei dem Festakt jenen, die "durchgehalten" haben bei der Standortdiskussion. Wo einst "verwaiste Wildnis" war, entstehe nun ein "Mehrwert", von dem auch die Bevölkerung in der Region profitiere. Dann das weitläufige grüne Umfeld des Gebäudes könne künftig von allen genutzt werden. Ende 2025 soll der Bau abgeschlossen sein. Für Anfang 2026 ist der Umzug geplant.
Habe ich was überlesen? Von Aufregung im Artikel keine Spur. Selbst in den Leserbriefen:
"Mich überraschen die Kosten auf keinen Fall." (Nikolz)
Die Kosten bereits mehr als verdoppelt und es wurde erst mit dem Spaten gefuchtelt. Die dreistellige Millionenmarke eines Würzburger Theaters (im wahrsten Sinne des Wortes ) scheint in erreichbarer Nähe.
Aber schade dass keine Erwähnung findet, wie viele *neue* Arbeitsplätze in Kitzingen entstehen. Vielleicht sind die (bis dahin) ü100 Millionen Euro ja doch eine schöne Subvention in die ... "tiefe Provinz".
Wenn ich mich richtig erinnere, wurde das Gelände einst als Leuchtturmprojekt "FILETSTÜCK"teuer gekauft. Bei der Aussicht gäbe das ein tolles Wohnprojekt.
Früher sind die Grosskopferten da hingezogen. Siehe den Eselsberg als Nachbarschaft
Und die Kitzinger lassen das als Aktengrab verkommen
Ich bin auf jeden Fall froh das die Baulücke geschlossen wird. Eine Stadt lebt davon, dass wertvolle Flächen effektiv genutzt werden.
Ob die Nutzung hier wirklich das Potential des Grundstücks voll ausnutzt wage ich zwar zu bezweifeln, aber ich denke auch nicht das ein Privatinvestor hier etwas besseres hin gestellt hätte.
Der Platz wäre eigentlich perfekt für einen Vollsortimenter mit Tiefgarage und am besten noch Wohnungen im Obergeschoss gewesen. Gute Verkehrsanbindung ohne durch die Innenstadt zu müssen, fußläufige Erreichbarkeit der Innenstadt und fehlende Nahversorgung der Altstadt und des Eselsberges hätten definitiv genug Käufer angelockt.
Gerade jetzt wo REWE und Aldi in die Marshall Heights weichen sollen.
Lieber verbrate ich dann 75 Millionen brumme den Bürger noch weitere Gesetze, auf, dass sie ihre Häuser isolieren müssen, Heizungen einbauen und dann auf Kosten von 150.000 €+ sitzen.
Scherz beiseite, Ihre Befürchtungen kann ich verstehen.
Muss das sein? Macht das Sinn? Denkt hier jemand an die Umwelt, an die Steuerkosten, wenn z. B. Politiker extra aus München wegen "sowas" anreisen, andere ihre Arbeit einfach liegengelassen, um sich hier selbst zu feiern oder feiern zu lassen.
Hut ab Herr Oberbürgermeister!