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Kitzingen
Hoffnung für Kitzinger Gießerei Franken Guss: Geschäftsführer spricht vor Beschäftigten über Wege aus der Krise
Wenn es gut läuft, sind Franken Guss und Sachsen Guss Ende des Jahres raus aus der Insolvenz. Die Geschäftsführung macht aber deutlich: So wie bisher wird es nicht weitergehen.
Das Feuer lodert noch bei Franken Guss in Kitzingen: In einer Betriebsversammlung verbreitete die Geschäftsführung der Gießerei diese Woche zarten Optimismus.
Foto: Daniela Röllinger (Archiv) | Das Feuer lodert noch bei Franken Guss in Kitzingen: In einer Betriebsversammlung verbreitete die Geschäftsführung der Gießerei diese Woche zarten Optimismus.
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 27.08.2024 02:41 Uhr

Bevor er ans Mikrofon tritt und zur Belegschaft spricht, legt Josef Ramthun sein Jackett ab und krempelt die Hemdsärmel hoch. Das mag der hohen Temperatur in der Halle geschuldet sein. Man kann es aber auch als Zeichen interpretieren: Damit die Kitzinger Gießerei Franken Guss es schafft, in eine gute Zukunft zu starten, müssen alle mit anpacken. Auch die Mitarbeiter.

Seit Ende April ist bekannt: Die Kitzinger Gießerei ist in Schieflage geraten. "Aufeinanderfolgende Mehrfachkrisen" wurden als Gründe genannt, steigende Kosten insbesondere für Energie, die nicht über die Preise auszugleichen waren. Geschäftsführer Josef Ramthun zog die Reißleine, leitete ein "Schutzschirmverfahren" für Franken Guss und das Schwesterunternehmen in Sachsen ein. Das Ziel: die Unternehmen erhalten. Und möglichst viele der 1400 Arbeitsplätze an den beiden Standorten.

In Kitzingen arbeiten derzeit 650 Menschen für die Traditionsgießerei, die in ihrer Geschichte schon mehrfach Krisen überwinden musste. Die letzte, 2009, hat ein Teil der Mitarbeiter, die nun den Worten der Geschäftsführung lauscht, noch gut im Gedächtnis. Franken Guss rutschte infolge der Finanzkrise in die Insolvenz. Ramthun, bis dato Geschäftsführer, kaufte das Unternehmen und führte es in die Erfolgsspur zurück. Er ist ebenso wie der externe Sachwalter Rüdiger Weiß und der Unternehmensberater Jörg Heus überzeugt, dass das auch diesmal gelingen wird.

Der Großteil der Kunden hat die neuen Preise akzeptiert

In einer Betriebsversammlung bringt das Trio die Mitarbeiter Anfang dieser Woche auf den neuesten Stand. Geschätzt etwas mehr als die Hälfte ist gekommen. Die Spannung ist zu spüren, die Unsicherheit. Ist der eigene Arbeitsplatz in Gefahr? Wie geht es mit dem Unternehmen weiter?

Das Schutzschirmverfahren ist seit Anfang August beendet, nun läuft ein richtiges Insolvenzverfahren – in Eigenverwaltung. Der Gläubigerausschuss habe einstimmig grünes Licht für diesen Weg gegeben. "Das ist ein Erfolg", sagt Josef Ramthun. Ein Zeichen, dass man an Franken Guss glaube.

Mit jedem einzelnen Kunden hat Franken Guss gesprochen, erklärt, gerungen. Es hat sich gelohnt: Die Kunden ziehen mit. Dass fast alle die neu ermittelten Preise für die insgesamt 844 Artikel des Unternehmens bereits akzeptiert haben, nennt Sachwalter Rüdiger Weiß "eine extreme Leistung" und "einmalige Chance".

 Jörg Heus (links), Chef der Beratungsgesellschaft AMBG (Naumburg an der Saale), und Josef Ramthun, Geschäftsführender Gesellschafter von Franken Guss.
Foto: Andreas Brachs |  Jörg Heus (links), Chef der Beratungsgesellschaft AMBG (Naumburg an der Saale), und Josef Ramthun, Geschäftsführender Gesellschafter von Franken Guss.

Einer der größten Unterschiede zu anderen Insolvenzen sei, dass die Forderungen der Mitarbeiter nicht hinten anstehen. "Oberstes Ziel ist, dass die Mitarbeiter möglichst unbeschadet aus der Sache herauskommen", sagt Weiß. Derzeit werden Überstundenkonten, Punktekonten, Boni und Ähnliches für jeden Mitarbeiter aufgelistet. Geplant sei, dies alles zu erfüllen, so Ramthun. Eine Garantie dafür könne er aber nicht abgeben, schränkt der Geschäftsführer ein.

Nicht alle 650 Arbeitsplätze bei Franken Guss werden erhalten

Klar ist dagegen: Nicht alle 650 Arbeitsplätze werden erhalten bleiben. Von 75 Beschäftigten wird man sich in diesem Jahr trennen, die Betroffenen wüssten Bescheid, sagt Ramthun. Und: Bei dieser Zahl wird es nicht bleiben. Man sei im Austausch mit Vorgesetzten, wo der Personalstand an die aktuelle und künftige Auftragslage angepasst werden könne. Mit dem Betriebsrat gebe es Gespräche über einen Tarifvertrag für Bereiche, in denen das Personal nicht zu reduzieren sei. Und es stehe der Drei-Schicht-Betrieb in einigen Abteilungen zur Debatte – allerdings nicht im Schmelzbetrieb, der voll ausgelastet sei. Dort brauche man sogar mehr Leute.

Mit einer Zahl verdeutlicht Jörg Heus einen Teil des Problems: Franken Guss beschäftigt 109 Mitarbeiter mehr als vor einigen Jahren, vor allem im Niedriglohn-Segment. Die Leistung im Produktionsbereich ist dagegen gleich geblieben.

Die Kitzinger Gießerei Franken Guss befindet sich in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.
Foto: Andreas Brachs | Die Kitzinger Gießerei Franken Guss befindet sich in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Die Fehlzeiten sind mit durchschnittlich 20 Prozent sehr hoch, in manchen Abteilungen noch höher. Seit Corona sind sie stark gestiegen, ein Rückgang auch nach der Pandemie ist nicht zu erkennen. Manche Schichten sind laut Ramthun kaum zu organisieren. Es gebe Mitarbeiter, die immer wieder einspringen, viele Schichten leisten, während andere oft und lange fehlen. Man werde sich genau anschauen, wer da sei und wer nicht.

Auf eine genaue Zahl von Stellen, die abgebaut werden, legt er sich auch auf Nachfrage aus der Belegschaft nicht fest. Der Geschäftsführer betont aber: "Mitarbeiter, die zuverlässig anwesend sind, müssen sich weniger Sorgen machen als andere." Und er nimmt die Forderung der Belegschaft auf, öfter und genauer über die Lage zu informieren.

Am 17. Oktober steht ein Gerichts- und Prüftermin an, bei dem auch darüber gesprochen wird, wie es mit dem Unternehmen mittelfristig weitergehen soll. Die Hoffnung sei, bis dahin alles so weit vorzubereiten, dass ein angestrebter Insolvenzplan ebenfalls erörtert und abgestimmt werden kann, erklärt Rüdiger Weiß. Sollte das klappen, wären Franken Guss und Sachsen Guss Ende des Jahres formal raus aus der Insolvenz.

 
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  • Peter Koch
    2022, als es noch etwas Pandemie gab, lagen die Fehlzeiten in der Metallindustrie bei 7%.
    Bei 20% , falls das schon vor der Insolvenzanmeldung so war, stimmt etwas im Betrieb grundsätzlich nicht. Auch aus einer persönlich erlebten Insolvenz kenne ich solche Fehlzeiten nicht.

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6159/umfrage/krankenstand-in-der-metall-und-elektroindustrie-seit-1991/
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