zurück
Landkreis Kitzingen
Hochwasser im Kitzinger Land: Vorbereitung auf die nächste Welle
Eine Zwischenbilanz nach dem Unwetter: Nach dem Aufräumen beginnt die Sicherung von Hab und Gut, bevor der nächste Regen fällt. Wie sich die Gemeinden vorbereiten.
Großreinemachen nach dem Starkregen: In diesem Keller in Wiesentheid stand das Wasser kniehoch. Am Wochenende war der grobe Dreck beseitigt.
Foto: Patty Varasano | Großreinemachen nach dem Starkregen: In diesem Keller in Wiesentheid stand das Wasser kniehoch. Am Wochenende war der grobe Dreck beseitigt.
Andreas Brachs
 |  aktualisiert: 09.02.2024 00:16 Uhr

Klaus Köhler hat am Montag noch immer Muskelkater und ist völlig übermüdet. So wie dem Wiesentheider Bürgermeister geht es vielen seiner Einwohner, drei Tage nachdem der Starkregen über die Marktgemeinde gezogen ist. Inzwischen sind nicht nur die meisten betroffenen Keller, sondern viele Hausbesitzer und freiwillige Helfer ausgepumpt. Insgesamt 20 Feuerwehren, BRK und THW lösten sich im Dauereinsatz ab. 

"Die Leute räumen auf; viele von ihnen haben bis zur Erschöpfung geackert", zieht Köhler Zwischenbilanz. Zwischenbilanz deswegen, weil der sonnige und trockene Montag wohl nur eine Atempause bedeutet. Ab Dienstag sind schon wieder starke Regenfälle angekündigt. Wo und wie viel genau, weiß in diesem Moment noch niemand zu sagen. Aber der Bürgermeister rechnet laut Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes mit großflächigem Regen und mit Mengen von 50 Litern pro Quadratmeter.

Vorbereitung auf den nächsten Regen

Deshalb ist der Bypass, der das Wasser des Feuerbachs vom Innenort fernhalten soll, in Griffweite und kann installiert werden, sobald er gebraucht wird. Sandsäcke türmen sich noch immer an den Straßenrändern und die Absperrgitter liegen bereit. Zuletzt ist nur noch die Straße nach Untersambach gesperrt, und zwar an der Unterführung unter der Bundesstraße 286. Ansonsten wäre der Wiesentheider Albtraum vorerst beendet.

Straßensperrung wegen Hochwassers zwischen Wiesentheid und Untersambach.
Foto: Patty Varasano | Straßensperrung wegen Hochwassers zwischen Wiesentheid und Untersambach.

Ein solcher war der Regen, "der uns am Freitag auf dem falschen Fuß erwischt hat", wie Köhler sagt. Er spricht von einem 100-jährlichen Hochwasser, das die Wiesentheider aus dem Nichts überrascht hat. Die Folge: Der Bürgermeister hat in den vergangenen Tagen in viele verzweifelte Gesichter geschaut und sich viel Ärger anhören müssen. Doch in dieser emotionalen Ausnahmesituation habe er versucht, Verständnis zu zeigen. "Manche Leute erleben einen furchtbaren Stress-Level", sagt das Gemeindeoberhaupt.

Umso erfreulicher sei die "tolle Solidarität" der Gesellschaft gewesen. Nicht nur die Blaulichtfamilie habe engagiert geholfen. Auch Unternehmen hätten unterstützt. Von einer Bäckerei und einer Pizzeria seien bis spät in die Nacht auf dem kleinen Dienstweg Verpflegungen gekommen. Und Bürger hätten immer wieder Sandsäcke vollgeschaufelt. Damit das schneller geht, habe der Bauhof Pylonen abgesägt, sie umgedreht und als Trichter zum Einfüllen benutzt. "Hat hervorragend funktioniert", erzählt Köhler.

Stadelschwarzach am stärksten betroffen

In Prichsenstadt waren gleich mehrere Stadtteile betroffen. Am stärksten, so berichtet René Schlehr, habe es aber Stadelschwarzach erwischt. Dort seien die Fluten des Altbachs mit den Wassermassen von Järkendorf zusammengelaufen. "So etwas haben die Anwohner dort noch nicht erlebt", sagt der Bürgermeister. Fast sämtliche Keller seien vollgelaufen.

In Stadelschwarzach riss das Wasser einen Holzstapel um.
Foto: Dominik Berthel | In Stadelschwarzach riss das Wasser einen Holzstapel um.

In Prichsenstadt selbst habe man einen Wassereinbruch in der Altstadt noch verhindern können. Aber die Seen entlang des Altbachs seien abgesperrt, Wiesen und Wege überschwemmt. Der Altbach ist immer noch über die Ufer getreten. Schlehr spricht von "Unmengen von Wasser".

In Vorbereitung auf die nächsten Tage seien die neuralgischen Punkte gesichert worden. Sandsäcke liegen in den Stadtteilen bereit, Absperrungen ebenso. Und die Seen seien so weit wie möglich abgesenkt worden, um einen Puffer für neue Wassermengen zu haben. Für Montagabend rief Schlehr zur Lagebesprechung mit den Feuerwehren. Der Bürgermeister fordert die Bürger auf, auch selbst Vorkehrungen zum Schutz ihrer Gebäude zu treffen und nicht gerade "die wertvollsten Dinge am tiefsten Punkt zu lagern".

Neuer Kindergarten durch Wasser beschädigt

"Immense Schäden" verzeichnet der Schwarzacher Bürgermeister, auch wenn er sie noch nicht beziffern kann. So sind neben vielen privaten Gebäuden in der Gemeinde in Münterschwarzach der neue Kindergarten und ein ehemaliges Klostergebäude betroffen. Im Kindergarten ist der Keller im Altbau vollgelaufen. Eine Mühle sei komplett überschwemmt, und mancher Bürger weiß nicht, wo er noch wohnen kann. Volker Schmitt spricht von einem Hochwasser, das "wesentlich schlimmer" als das 100-jährliche sei und auch gravierender als 2013. 

Vorbereitung auf den Regen der kommenden Tage in Schwarzach.
Foto: Patty Varasano | Vorbereitung auf den Regen der kommenden Tage in Schwarzach.

Für die nächsten Tage rechnet Schmitt erneut "mit dem Schlimmsten". Die Böden seien voll und nicht mehr aufnahmefähig. Das Problem der Marktgemeinde: Die Schwarzach entwässert rund 170 Quadratkilometer Fläche aus dem Steigerwald. Sollte also wieder großflächig Regen fallen, wird alles irgendwann durch die Straßen und in die Keller Schwarzachs laufen. 

Was ein wenig hilft: Die Marktgemeinde hat ein Hochwasser-Audit durchgeführt und kennt inzwischen die neuralgischen Punkte. Nun befreien die Verantwortlichen die Bachläufe von Anlagerungen, selbst eine eingefallene Brücke über die Schwarzach habe man aus dem Wasser ziehen müssen, damit sie den Ablauf nicht blockiert. Und auch in Schwarzach wird weiter Sand geschaufelt: am Montag um 17 Uhr am Bauhof.

Doch Schmitt gibt zu, dass man damit nur bedingt auf die Wassermassen reagieren könne; er wünscht sich, dass die Politik und folglich das Wasserwirtschaftsamt der Schwarzach grundsätzlich den Schrecken nehmen. Aber ein baulicher Hochwasserschutz ist noch Zukunftsmusik.

Obernbreit kam noch glimpflich davon

Hochwasser in  Obernbreit nach den Regenfällen vom Freitag.
Foto: Theresa Striffler | Hochwasser in  Obernbreit nach den Regenfällen vom Freitag.

Auch in Obernbreit war das Hochwasser schlimmer als im Jahr 2013, das für viele Gemeinden bisher das Maß der Dinge in diesem Jahrtausend war. Am Freitagnachmittag war der Breitbach über die Ufer getreten. Sein Pegel lag 15 Zentimeter höher als 2013, und der Abfluss betrug mehr als 32 Kubikmeter pro Sekunde, erzählt Bürgermeisterin Susanne Knof. Die Breitbachstraße bis zum Rathaus, Flächen um den Einkaufsmarkt diska und um die Firma Elektro Löther waren überflutet. 

Die Schäden hätten sich aber in Grenzen gehalten; etwa ein Dutzend Keller sei vollgelaufen, und die Straßen seien am Samstagmorgen wieder frei gewesen. Auch in Obernbreit laufen seither die Aufräumaktionen, um dem Wasser der kommenden Tage die Wege zu bahnen. Danach bleiben Warten, Bangen, Hoffen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Wiesentheid
Prichsenstadt
Obernbreit
Schwarzach
Andreas Brachs
Bauhöfe
Bürgermeister und Oberbürgermeister
Deutscher Wetterdienst
Feuerwehren
Hochwasser und Überschwemmung
Hochwasserschutz
Klaus Köhler
Marktgemeinden
Ortsteil
Regen
René Schlehr
Susanne Knof
Technisches Hilfswerk
Volker Schmitt
Wasser
Wasserwirtschaftsämter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top