Michael Bissert (58) ist seit einem Jahr Präsident der Handwerkskammer Unterfranken. Im Interview gibt er einen Überblick über die Lage im Bausektor und für das Handwerk im Landkreis Kitzingen insgesamt.
Michael Bissert: Ja. Zwar haben uns Umfragen im Handwerk gezeigt, dass die Branche weitgehend robust war, aber die Aussichten sind mit Blick auf den Neubau deutlich eingetrübt. Wohin genau die Reise geht, wissen wir noch nicht. Was uns aber im Handwerk zugute kommt, sind die Umbau-, Renovierungs- und Reparaturarbeiten, die immer wieder anfallen.
Bissert: Nein, das ist bayern- und deutschlandweit ähnlich.
Bissert: Die Verunsicherung bei den Häuslebauern ist groß. Aber es ist absehbar, dass die Preise in naher Zukunft nicht sinken, sondern eher noch steigen werden. Wir haben hier die höheren Material- und Rohstoffkosten sowie die steigenden Lohnkosten zu berücksichtigen. Dazu kommen die anziehenden Kreditzinsen – ein weiteres Handicap.
Bissert: Vor allem, dass die öffentliche Hand ihre geplanten Bauvorhaben auch durchführt und nicht streicht. Und wir erwarten von den Kommunen im Landkreis, dass sie in diesen schwierigen Zeiten auch zuverlässige Partner für das Handwerk sind. Es ist wichtig, dass wir die Strukturen in der Region stärken und auf regionale Betriebe setzen. Sie bieten Ausbildungsplätze vor Ort und sichern unser aller Lebensqualität.
Bissert: Vor einigen Monaten wäre das Thema Corona an erster Stelle gewesen, doch das hat seinen Schrecken weitgehend verloren. Inzwischen ist es eine Summe von Problemen: der Krieg in der Ukraine, die daraus resultierenden Energiepreissteigerungen, die Erhöhung der Einkaufspreise, der Material- und Fachkräftemangel. Und was zurzeit dazukommt: die Grippewelle. Teilweise hält sie die Hälfte der Belegschaft von den Betrieben fern. Niemand kann sich daran erinnern, dass es je so schlimm war wie in diesem Jahr.
Bissert: Das Problem, das alle haben, sind die enorm gestiegenen Energiepreise. Besonders betroffen ist das Nahrungsmittelhandwerk mit seinen energieintensiven Öfen und Kühlkammern. Ähnlich ist es bei den metallverarbeitenden Betrieben, den Wäschereien und den Brauereien. Sie alle haben es schwer, die Energiepreise ganz an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben. Daher kann ich mir vorstellen, dass der ein oder andere Betrieb auch 2023 die Preise erhöhen muss.
Es gibt auch Branchen, denen es gut geht: Durch die Energiewende ist das die Sanitär- und Heizungsbranche, das Elektro-Handwerk und durch die Mobilitätswende das Kfz-Handwerk.
Bissert: Ganz wichtig für die Betriebe ist die Fachkräfte- und Nachwuchsgewinnung. Dazu kommt, dass die Betriebe trotz der schwierigen Lage ihre Transformation voranbringen müssen, also die Umsetzung der Energiewende und die Digitalisierung. Das ist nötig, denn das Handwerk ist ein Stabilitätsanker und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region und für ganz Deutschland.
Wenn die Umsetzung der Energiewende im Lande gelingen soll, brauchen wir das Handwerk. Denn die Handwerker sind diejenigen, die die Anlagen der erneuerbaren Energien aufbauen, anschließen, warten und reparieren. Davon erwarten wir auch wir uns einen gewissen Schub.
Bissert: Betriebe, die in Schwierigkeiten sind, können sich gern an die Handwerkskammer wenden. Wir haben sehr gute Unternehmensberater, die über verschiedene Möglichkeiten und auch über Zuschussprogramme informieren.
Bissert: Ab 2023 haben wir die große Chance, den Jugendlichen in allen Schulformen den Tag des Handwerks zu präsentieren. Die Staatsregierung hat diese Berufsorientierung für alle Schulen auf Forderung des Handwerks als Pflichtveranstaltung eingeführt.
Bissert: Wir brauchen in unserer Gesellschaft mehr Wertschätzung für das, was jeder einzelne Handwerker leistet. Alles scheint tagtäglich selbstverständlich: die Brötchen vom Bäcker, die Reparatur der Heizung. Und wir brauchen mehr Wertschätzung und mehr Förderung für die berufliche Bildung. Handwerk ist vielfältig, bietet viele Karriere- und Verdienstmöglichkeiten und noch nie war der Spruch "Handwerk hat goldenen Boden" so richtig.