„Es ist ein harter Kampf. In jedem Bereich.“ Strom und Heizöl, Speiseöl und Mehl, Liefer- und Reparaturkosten – egal, welche Rechnung Alexandra Bauer zur Hand nimmt, ihnen ist eines gleich: Die Preise sind nach oben gegangen und zwar gewaltig. Handwerksbetriebe wie die Marktbäckerei Fuchs, aber auch viele mittelständische Betriebe haben es derzeit alles andere als leicht.
Am 24. März hat die Regierung ein Paket beschlossen, um die Bürger in Zeiten hoher Energiepreise zu entlasten. Das Paket habe die Belange der Betriebe zu wenig im Blick, sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer danach. Alexandra Bauer würde das sofort unterschreiben. Immer wieder versucht sie die Politik auf die Probleme aufmerksam zu machen, mit denen Betriebe wie die Marktbäckerei Fuchs zu kämpfen haben. „Aber man kriegt nicht wirklich Unterstützung“, sagt sie.
Geht nicht ohne Preiserhöhung
Duftende Brötchen, leckeres Brot, Gebäck, Kuchen... Wer in einer Bäckerei einkauft, freut sich über die große Auswahl. Und schaut auf den Preis, den er dafür bezahlen muss. Es ist mehr als vor einem Jahr. Nicht weil die Betriebe sich eine goldene Nase verdienen wollen, sondern weil es einfach nicht anders geht. „Wenn wir nicht reagieren, sind wir bald nicht mehr da“, verdeutlich Alexandra Bauer die Situation. Im April wird die Bäckerei die Preise erhöhen, nach dem letzten Jahr und Anfang dieses Jahres zum dritten Mal in relativ kurzer Zeit. Bislang hatten die Kunden Verständnis. Alexandra Bauer hofft, dass das so bleibt und die Leute dem Handwerksbetrieb treu bleiben, statt zu aufgebackener, abgepackter Billigware aus dem Discounter zu greifen.
Dass die Betriebe keine andere Wahl haben, als die exorbitanten Preissteigerungen der vergangenen Monate zumindest zum Teil an die Kunden weiterzugeben, belegen die Zahlen von Alexandra Bauers Buchhaltung. Monat für Monat ist der Preis fürs Heizöl gestiegen, hat sich von Februar 2021 bis März 2022 knapp verdoppelt. „Sie können sich vorstellen, was das ausmacht, wenn man 90.000 Liter im Jahr verbraucht.“ Oder der Strompreis für die Backstube: Statt wie sonst etwa 9000 bis 10.000 Euro muss die Bäckerei dafür jetzt 15.000 bis 16.000 Euro zahlen – Monat für Monat. „Und das ist ja nur die Produktionsstätte“, gibt Bauer zu bedenken. Auch für die 14 Filialen, die Fuchs betreibt, fallen deutlich mehr Kosten an als noch vor einem Jahr. Dazu kommt das Benzin, das für die Belieferung der Filialen gebraucht wird – Bauer ist froh, hier durch eine Kooperation zumindest nicht den Preisschwankungen ausgesetzt zu sein wie an einer normalen Tankstelle, und etwas günstiger sei der Preis auch. Aber auch hier ist die Preissteigerung beträchtlich.
Die hohen Energiepreise schlagen sich auch in anderen Bereichen nieder: Lieferanten stellen Transport- und Energiekostenzuschläge in Rechnung, Wartungen und Reparaturen sind teurer. „Da bist du schnell ein paar Hundert Euro los, nur damit überhaupt einer kommt.“ 15 Euro das Ersatzteil, 500 Euro Rechnung – das hat Bauer schon erlebt.
Bäcker müssen zudem starke Preiserhöhungen bei den Rohstoffen einkalkulieren. „Speiseöl ist fast 100 Prozent teurer als letztes Jahr, Mehl 70 Prozent, Zucker, Eier....“, zählt Bauer auf. „Das geht quer durch die Bank.“ Und dann steigt ab Oktober ja noch der Mindestlohn auf 12 Euro. Wo viel Handarbeit anfällt, wird sich das spürbar auswirken. Und ein Handwerksbäcker wie Fuchs macht viel mit der Hand. „Jeder Kissinger wird aus einem Teigstück in Dreiecksform mit Hand gefüllt und geformt, das Brot wird mit der Hand gewirkt“, nennt sie nur zwei von vielen Beispielen. Geschätzt wird diese Handarbeit selten, so wie Lebensmittel hierzulande nach Ansicht von Alexandra Bauer überhaupt zu wenig Wertschätzung erfahren. Beim Brot und bei der Wurst, da schaut der Deutsche aufs Geld. „Beim Handy und Fernseher nicht.“
Um auf die Situation der Betriebe aufmerksam zu machen, greift Alexandra Bauer immer wieder zum Telefon, sucht beispielsweise bei der örtlichen CSU-Landtagsabgeordneten Barbara Becker Unterstützung. Die Wiesenbronnerin, die vor ihrem Einzug in den Landtag selbst Unternehmerin war, weiß aus vielen Gesprächen: „Die Betriebe wissen nicht, wie sie die Mehrkosten schultern sollen. Gerade im Lebensmittelhandel ist es schwierig, weil die Gewinnmarge minimal ist.“ Entlastung sei dringend nötig, für alle, auch für die Unternehmen.
Becker hatte wenige Tage vor dem Beschluss zum Entlastungspaket gemeinsam mit dem Kreisverband der Mittelstandsunion zu einem Austausch mit örtlichen Betrieben geladen. Auch die mittelständischen Betriebe würden über Gebühr belastet, sagte dabei der Vorsitzende der Mittelstandsunion im Landkreis Kitzingen, Steinmetzmeister Tibor Brumme. „Nahezu jeder Betrieb ist betroffen von den hohen Energiekosten.“
Bei der Aussprache machten laut Becker viele Aussagen deutlich, wie sehr der Druck der gestiegenen Energiepreise alle Wirtschaftsbereiche treffe. In einer Pressemitteilung zitiert sie die Gesprächspartner, die teils ganz unterschiedliche Aspekte zur Sprache brachten. Auch im Gartenbau sind die Produktionskosten bis zu teilweise 100 Prozent gestiegen, machte Christian Gräbner, Vorsitzender der Gartenbaugruppe Kitzingen/Etwashausen, in der Runde deutlich und erklärte: „Eine Erhöhung der Preise für Gemüse landet nicht in der Tasche der Gärtner.“
Auch Azubis sind betroffen
Die enorm gestiegenen Energiekosten sind auch bei einem hoch energieintensiven Betrieb wie Frankenguss ein Problem – und nicht das einzige: „Daneben belasten uns die gestiegenen Kosten für Rohstoffe, der Legierungselemente und der immer problematischer werdende Markt für Stahlschrott“, so Dr. Wolfgang Knothe. „Und nicht zu vergessen, unsere Ziele für einen geringeren CO2-Fußabdruck.“
Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken, sah bei den staatlichen Bestandteilen von Energiepreisen noch erheblichen Spielraum für Entlastungen, wie zum Beispiel die Senkung der Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum und Entlastungen bei den Netzentgelten. Monika Henneberger machte auf die Folgen der hohen Energiepreise für die Auszubildenden aufmerksam. Die Berufsschulen lägen teilweise sehr weit vom Wohn- beziehungsweise Arbeitsplatz entfernt, die Azubis müssten die Mehrkosten für Benzin tragen. Wer in Kitzingen eine Friseurausbildung absolviert, wird zum Beispiel in Karlstadt unterrichtet. „Das sind einfach 40 Kilometer“, so die Obermeisterin der Friseur-Innung. Zudem würden höhere Energiekosten auch steigende Preise im Salon bedeuten. Dieter Haag, Bauunternehmer und Maurermeister, äußerte in der Runde die Sorge, dass sich bauwillige Bürger aufgrund der Mehrkosten durch höhere Energiepreise nicht mehr leisten können zu bauen und dadurch „das Bauhauptgewerbe als Motor der Wirtschaft ins Stocken kommt.“
Es brauche mittel- und langfristig Lösungen, um die Abhängigkeit von Gas und Öl aus Russland zu minimieren und grundsätzlich die Erzeugung regenerativer Energie weiter auszubauen, so Barbara Becker nach der Gesprächsrunde. Man sei sich einig gewesen, dass dabei eines wichtig ist: „Energie muss bezahlbar bleiben – egal ob für Unternehmen, Arbeitnehmer oder Rentner/innen.“