Als Anfang Oktober die neue Obervolkacher Weinprinzessin Babett Endres gekrönt wurde, gab es bei der Feier im Weingut Leipold einen umjubelten Nebenschauplatz: Michael Staudt, dem die lange Dienstzeit so gar nicht bewusst war, wurde vom Weinfestkomitee des Winzerortes für seinen Einsatz über 50 Jahre als Symbolfigur des Obervolkacher Landsknechts ausgezeichnet.
Ein halbes Jahrhundert als Repräsentant der Obervolkacher Winzer und der Weine hat Michael Staudt zusammen mit seinen Landsknecht-Kollegen und vielen Weinprinzessinnen, deren Zahl er gar nicht benennen kann, viel erlebt. "Die Höhepunkte waren natürlich immer unsere Obervolkacher Weinfeste", plaudert er aus dem Nähkästchen.
Gänsehautgefühl vor 10.000 Besuchern
Aber nicht nur die heimischen Schoppentreffen haben ihm unvergessliche Momente beschert. "Die vielen Weinfeste in den Winzerorten der Mainschleife, allen voran das große Volkacher Weinfest und die Jubiläumsweinfeste habe ich mit allen Zügen genossen", schwärmt der routinierte Landsknecht. Er erzählt von unglaublichen Gänsehautgefühlen bei den Weinfesteröffnungen in Volkach, ob beim Einzug oder auf der Bühne vor 10.000 Besuchern.
Staudt ist ein geselliger Typ, der die Treffen mit Menschen, den Symbolfiguren der Nachbarorte und deren Weinhoheiten leidenschaftlich pflegte. Zu den Symbolfiguren der Mainschleife besteht ein freundschaftliches Verhältnis, auch zu den Prinzessinnen, bei denen er das Hahn-im-Korb-Dasein bis heute genießt. "Man trifft sich auf den Festen und auch privat", erzählt Staudt, der regelmäßig an den Stammtischen der Weinrepräsentanten teilnimmt.
Als Landsknecht ist Durchhaltevermögen nötig
Einmal im Jahr ist gemeinsamer Saisonabschluss, bei dem es viel zu erzählen gibt und ausgiebig gelacht wird. Vergessen sind dabei die Momente im Hochsommer, wenn der Schweiß unter dem Landsknechtkostüm und dem Hut wie aus einem Brunnen fließt. Wenn man also Landsknecht sein will, braucht man reichlich Durchhaltevermögen – von den flüssigen Verlockungen ganz zu schweigen.
Zu dem Symbolfiguren-Job ist Nicht-Winzer Michael Staudt vor 50 Jahren wie die Jungfrau zum Kind gekommen. "Als ich 18 Jahre alt war, hat es sich ergeben, dass für unsere Weinlage Obervolkacher Landsknecht, die Weinfeste und zur Begleitung der aktiven Weinprinzessin eine Symbolfigur gesucht wurde", erinnert sich der heute 69-Jährige, der damals schon bei der Landjugend und der Karnevalsvereinigung im Dorf aktiv war.
Familienvater, Büttenredner , Messdiener
Er wurde gefragt, ob er sich vorstellen könnte, im entsprechenden Kostüm als Landsknecht die Weinlage repräsentativ zu begleiten. "Das konnte ich", schildert der gelernte Radio- und Fernsehtechniker lachend. "So war der Obervolkacher Landsknecht Michael geboren."
In der Folgezeit wurde es dem späteren zweifachen Familienvater nie langweilig. Neben der Rolle als Symbolfigur trat er als Büttenredner an Fasching auf. In der örtlichen Pfarrgemeinde war er Ministrant, bis heute ist er hauptamtlich Messdiener.
Interessenkonflikte bei den vielen Tätigkeiten verneint der Jubilar: "Beruf und Familie ließen sich immer gut vereinen. Es gab nie Probleme, ganz im Gegenteil, der Partner hilft oft als Fahrer aus und ist auch bei den Empfängen der Weinprinzessinnen immer herzlich mit eingeladen."
Welche Voraussetzungen muss man als Landsknecht mitbringen? Eine Ausbildung brauche man nicht, scherzt er. Es sei nur wichtig, "dass man gerne auf Menschen zu geht, um das Gespräch zu suchen". Die Erfahrung mit den Weinen und das Kennenlernen der Weine ergebe sich mit der Zeit. Bei seinen unzähligen Einsätzen durfte er viele Auftritte bekannter Künstler aus der Unterhaltungsbranche miterleben.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder getroffen
Unvergesslich ist für ihn bis heute ein Empfang mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Oft ging es bei den Weinfesteröffnungen lustig zu. "In Escherndorf ist einmal ein weinseliger Gast, der unbedingt mit auf die Bühne wollte, von dieser hinuntergepoltert." Über den Stolperer muss der Landsknecht heute noch lachen, denn er blieb zum Glück unverletzt.
Dass Michael Staudt im Ort nie allein da stand, sieht er als großen Vorteil: "Ich hatte immer einen Landsknecht-Kollegen an meiner Seite und die Unterstützung aus der Weinfestrunde." In den letzten Jahren habe er sich immer mit Willi Bedenk und dessen Nachfolger Konstantin Kraus absprechen und die vielen Termine aufteilen können. "Oft waren mehrere Feste parallel oder ein Landsknecht ist mal ausgefallen." Am schönsten waren für ihn die "gemeinsamen Auftritte."
Seit fünf Jahren ist er beruflich Rentner, der Landsknecht-Ruhestand ist aber noch in weiter Ferne: "Ich möchte das Amt so lange ausüben, wie es mir gesundheitlich möglich ist, denn es macht mir seit 50 Jahren sehr viel Spaß."