Ein schuldenfreier Landkreis – dieser Traum rückt in weitere Ferne. Ende 2021 konnte der Schuldenstand unter die Zehn-Millionen-Euro-Marke gedrückt werden. Ende 2022 waren es dann noch neun Millionen. Es dürfte der beste Wert für viele Jahre gewesen sein. Seit diesem Jahr geht es wieder in die umgekehrte Richtung: Zwar stehen fast 900.000 Euro für Schuldentilgung bereit, erstmals seit 15 Jahren muss aber wieder ein Kredit über fast 1,2 Millionen Euro aufgenommen werden. Überspitzt gesagt wird also für die Rückzahlung der Kredite ein neuer Kredit aufgenommen.
Ende 2023 dürfte die Verschuldung bei 9,4 Millionen Euro liegen, was 102 Euro pro Einwohner entspricht. Die weiteren Aussichten: eher schlecht. Über 13,9 und 18,5 Millionen könnte der Schuldenberg bis 2026 auf 22,2 Millionen Euro wachsen, was dann 242 Euro pro Einwohner entspräche.
Ob es so heftig kommen wird, ist offen – aber der Trend der nächsten Jahre wird hier gut sichtbar: Längst wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel, das Zeitalter der Schulden ist wieder da. Viele Kosten drohen davonzulaufen: In der Sozialhilfe gibt es saftige Steigerungen. Die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr türmen sich, dazu kommt die immer teurer werdende Reaktivierung der Mainschleifenbahn. Die Sanierung der Berufsschule steht an: über 27 Millionen Euro. Die Kreisstraßen gehen schneller kaputt, als sie saniert oder ausgebessert werden können.
Die Klinik Kitzinger Land kämpft mit wachsendem Defizit
Und dann ist da noch die Klinik Kitzinger Land: Die laufende Generalsanierung schlägt zunehmend auf den Kreishaushalt durch, die Rücklagen sind aufgebraucht. Und der laufende Klinik-Betrieb, der bislang verlustfrei lief, wird zunehmend zum Problem. Vergangenes Jahr wurde erstmals ein Defizit eingefahren, genaue Zahlen liegen noch nicht vor. Aber: Es geht um einen Millionenbetrag. Und: Ähnlich wird es dieses Jahr laufen, wie Landrätin Tamara Bischof in ihrer Haushaltsrede am Montagnachmittag im Kreistag andeutete.
Der Landkreis-Haushalt umfasst fast 130 Millionen Euro, und auf den ersten Blick deutet nichts auf größere Probleme hin. Einiges relativiert sich aber schnell: 11,8 Millionen Euro stehen beispielsweise für Investitionen bereit. Das ist durchaus respektabel, relativiert sich aber, wenn man weiß, dass die Gemeinde Wiesentheid in diesem Jahr 18 Millionen Euro investiert. Diese Zeichen zu erkennen, schnell genug auf sich andeutende finanzielle Verschlechterungen reagieren – darum geht es ab sofort. Weshalb sich entsprechende Warnungen wie ein roter Faden durch die Haushaltsreden der Fraktionen zogen. Der Haushalt wurde am Ende einstimmig verabschiedet. Die warnenden Töne zuvor unterlagen aber auch einer gewissen Einstimmigkeit.
Josef Mend gibt den Mahner und fordert "mehr Mut"
Josef Mend trat dabei als Chef-Mahner auf und betonte für die Freien Wähler, dass die wirtschaftliche Entwicklung "auf absehbare Zeit große Unsicherheiten" habe. Der Kreis müsse "zu einer restriktiveren Ausgabenpolitik zurückkehren". Es sei klar, "dass die schwierigen Haushaltsjahre erst kommen". Man habe "die finanziellen Grenzen erreicht". Seine Forderung: "Wir brauchen mehr Mut zu einer klaren Ausgaben- und Aufgabenpolitik, mehr Mut auch zu einem Nein!" Und, auch das ein durchaus neuer Ton in dem Gremium: "Auch Verzicht ist Nachhaltigkeit!"
"Was ist erforderlich?" Diese Frage müsse ab jetzt ständig gestellt werden, so SPD-Fraktionschef Robert Finster. Auch er hob hervor, dass man "an Grenzen gekommen" sei. Allerdings sei es grundverkehrt, "wenn der Landkreis nur noch seine Pflichtaufgaben erfüllt". Werner Knaier (CSU) stellte die "vielen offenen Fragen" in den Mittelpunkt, was die genauen Kosten der verschiedenen Großprojekte betreffe. Für ihn ist klar: "Wir müssen den Gürtel enger schnallen!"
Andrea Drexelius (Grüne) forderte, dass man "die finanzielle Stabilität sicherstellen" müsse. Für sie ist klar: "Wir müssen sparen – aber nicht auf Kosten des Klimaschutzes!" Und Hans Müller betonte für FDP, UsW und Bayernpartei, dass zwar "die Gemeinden noch gut dastehen", es aber "immer weniger Spielräume" gebe. Wenn man nicht Steuern erhöhen wolle, sei jetzt "die Zeit des Sparens angebrochen".
Ich hoffe Herr Mend sagt dies in aller Deutlichkeit unverzüglich auch seinem Parteichef Hubert Aiwanger.
Aiwanger, Söder und Co. posaunen nämlich derzeit noch ganz andere Parolen ins Land.
Leider fehlt es an Politikern, die den Leuten die Wahrheit sagen und deren oberste Priorität nicht ihre eigene nächste Wiederwahl bzw. der Macherhalt für die eigene Partei ist.
Demzufolge werden von den meisten Politikern Umweltzerstörung (z.B. Flächenfraß), Wasserknappheit, Klimawandel, usw. verharmlost und der Bevölkerung in den "reichen" Nationen wird der bequeme „Luxus-Status quo“ auch für die Zukunft versprochen; auch wenn diese Politiker genau wissen, dass sie ihre Wahlversprechen nicht einhalten können.