Es geht in diesen Tagen ganz schnell, dass Josef Mend schlechte Laune bekommt. Das Stichwort "49 Euro-Ticket" reicht, um Zornesfalten zu erzeugen. Die Sitzung des Verkehrs- und ÖPNV-Ausschusses des Kreistags bot sich als Ventil an, um Luft abzulassen. Das Deutschland-Ticket – für den Freie-Wähler-Kreisrat eine Fehlgeburt. Etwas, das ganz oben fröhlich pfeifend und mit wenig Sinn und Verstand beschlossen werde, damit es ganz unten, in den Landkreisen, ausgebadet werde.
Nein, sagte der ehemalige Iphöfer Bürgermeister, so gehe das nicht, das sei verwerflich und müsse gestoppt werden. Was ihn zu der Frage führte, ob der Landkreis für sich genommen das Projekt stoppen oder ablehnen könne. Schon aus Prinzip, damit alle merken, was da in Berlin für ein Murks gemacht werde. Ende der Mend-Durchsage.
Der Landkreis Kitzingen kann nicht ausscheren
Stoppen? Nicht teilnehmen? Die Blicke richteten sich auf Frank Albert, der im Landkreis neben vielem anderen auch für Verkehr und ÖPNV zuständig ist. Sein Kopfschütteln ließ keinen Spielraum für Interpretationen: Ein Ausscheren aus dem 49-Euro-Projekt sei nicht möglich, Ober steche hier ganz klar Unter. Soll heißen: Der Bund hat in diesem Fall das Sagen. Deshalb stehe unumstößlich fest: Der 49-Euro-Nachfolger des 9-Euro-Tickets startet ab dem 1. Mai überall im Land und bringt zumindest für die Kundinnen und Kunden viele Erleichterungen mit sich.
Nur eben für den Landkreis nicht. Der muss, und das erzürnt Mend auch mit über 70 Jahren noch so, alle Leistungen bereit halten, damit der Nahverkehr flutscht. Nur: Wie man an das Geld dafür kommt, ist bis zum heutigen Tag unklar. Im Grunde sei es so, als greife jemand einfach so in die Kreiskasse und leihe sich das Geld aus – ohne zu sagen, wie die Rückzahlungsmodalitäten sind. Auch sonst ist laut Mend vieles unklar: Wie groß ist der Bedarf? Gibt es einen Ansturm auf das Ticket? Braucht man zusätzliche Kapazitäten? Lauter offene Flanken und wenig durchdacht.
Offene Kostenfrage ab 2024
Für 2023 gibt es immerhin das Versprechen vom Bund, dass die Kosten vollständig übernommen werden. Ab 2024 gilt das so nicht mehr. Alles in allem beinhaltet das Finanzpaket drei Milliarden Euro. Das mit den 49 Euro haut auch nur deshalb dieses Jahr hin, weil es erst im Mai losgeht und so weniger Kosten anfallen. Bei einem vollen Jahr müsse der Ticketpreis sonst bei 69 Euro liegen.
Rechtlich, so pflichtete Frank Albert dem Beschwerdeführer Josef Mend bei, sei das Vorgehen des Bundes "höchst fragwürdig". Ein Kuddelmuddel-Gesetz, das vor Ort für Ärger, einigen Stress und Fragezeichen sorgt.
Die unplanbaren Geldströme fallen in eine Zeit, in der die Kosten für den ÖPNV sowieso immens steigen. Vor Jahren schlug der Landkreis den Weg ein, sich ein bisschen mehr zu gönnen als nur das ÖPNV-Grundprogramm, das mitunter äußerst spärlich daher kommt. Es durften als mehr Linien, mehr Fahrten, mehr passgenaue Projekte wie On-Demand-Verkehr sein. Das alles kostet mehr – gewaltig mehr.
Zwischen dem, was reinkommt, und dem was man ausgibt, klafft deshalb im Landkreis eine immer größere Lücke. In diesem Jahr, so steht es im Kreishaushalt, werden es im Nahverkehr Ausgaben von neun Millionen Euro sein. Dem stehen, so rechnete Landrätin Tamara Bischof vor, Einnahmen von gerade einmal 2,3 Millionen Euro gegenüber. "Das dazwischen finanzieren wir", so die Kreis-Chefin. Macht 6,7 Millionen Euro, die sich der Landkreis aktuell seinen ÖPNV kosten lässt. Das entspricht 1,3 Millionen Euro mehr als im Haushaltsjahr davor.
Neue Kreisbauhof-Halle muss wohl warten
Eine stolze Zahl, die noch stolzer wird. Denn schon heute ist klar: Durch den eingeschlagenen Weg werden es noch mehr Millionen, die aufzubringen sind. Was im Umkehrschluss zunehmend dazu führt, dass einige Projekte auf die lange Bank geschoben oder gestrichen werden müssen. Treffen wird es hier beispielsweise den Kreisbauhof in Hoheim. Für eine geplante Erweiterung steht eine zugekaufte Fläche von 14.700 Quadratmetern bereit.
Die Errichtung einer Lager- und Bergehalle wird aber wohl länger auf sich warten lassen: Geplant wird das Projekt zwar, ob es dann aber auch wie erhofft 2024 zum Bau der 1,1 Millionen Euro teuren Halle kommt, ist in Anbetracht der allgemeinen Kostensteigerungen und Millionen-Mehrausgaben eher fraglich.