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Kitzingen
Gegen den "Ruch nationalistischer Tendenzen": Der lange Weg zum Marktbreiter Friedensdenkmal
Am Volkstrauertag wird jährlich der Opfer von Gewalt an der Kreiskriegergedächtnisstätte in Marktbreit gedacht. Der sperrige Name soll jetzt verschwinden und das Denkmal eine neue Bedeutung bekommen.
Foto: Robert Haaß | Am Volkstrauertag wird jährlich der Opfer von Gewalt an der Kreiskriegergedächtnisstätte in Marktbreit gedacht. Der sperrige Name soll jetzt verschwinden und das Denkmal eine neue Bedeutung bekommen.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 09.11.2024 02:31 Uhr

Manche Dinge brauchen ihre Zeit. Das zeigte sich einmal mehr beim Wirtschafts- und Kulturausschuss des Landkreises am Montagnachmittag deutlich, als es ein altbekanntes Thema auf die Tagesordnung geschafft hatte: die Kreiskriegergedächtnisstätte. Die soll eigentlich schon länger nicht mehr so heißen. Vielmehr möchte man das sperrige Wort durch "Friedensdenkmal" ersetzen. Wobei sich nicht nur die Bezeichnung ändern wird, sondern auch inhaltlich eine Neuausrichtung dazukommen soll.

Die Kreiskriegergedächtnisstätte steht in Marktbreit und rückt zumindest einmal im Jahr in den Mittelpunkt, wenn die zentrale Gedenkfeier des Landkreises am Volkstrauertag dort stattfindet. Die Namensänderung ist schon länger beschlossene Sache: 2022 hatte das Kreisgremium eine Umbenennung für die Gedächtnisstätte auf dem Kapellenberg auf den Weg gebracht. Freie Wähler, FDP, BP und USW setzten sich seinerzeit dafür ein.

Die Idee: Aus Kreiskriegergedächtnisstätte soll ein Friedensdenkmal werden. Statt ausschließlich an die Millionen Toten durch die Weltkriege zu erinnern, ist die Aufgabe der Kapelle umfassender: ein Mahnmal gegen Gewalt und Krieg, gegen Diskriminierung und Rassismus, gegen Terror und Hass und Extremismus. Ein Fingerzeig der Demokratie.

Das Friedensdenkmal landet auf der langen Bank

Nach der Willensbekundung tat sich erst einmal ein Jahr nichts. Vergangenen November wurde der Stillstand dann damit begründet, dass das Thema "in diesem Jahr nicht priorisiert" worden sei, wie es damals auf Anfrage hieß. Anderes hatte Vorfahrt, das Friedensdenkmal war auf der langen Bank gelandet.

Die Bank blieb auch in den vergangenen Monaten lang, allerdings tat sich hinter den Kulissen nunmehr etwas. Im Sommer gab es die Idee, für die Weiterentwicklung des Denkmals Studenten der Fachhochschule Würzburg/Schweinfurt ins Boot zu holen. Wenig später folgten ein Ortstermin und die Einsicht, dass Studenten des Fachbereichs Architektur vielleicht doch nicht auf das Denkmal losgelassen werden sollten. Es sei eben ein sehr spezielles Thema mit "viel Sensibilität", wie Sachbearbeiter Joachim Gattenlöhner den Kreisrätinnen und Kreisräten in der Sitzung deutlich machte.

Das Thema ist zu sensibel für eine Studentenarbeit

Deshalb wurde noch einmal neu nachgedacht – und ein anderer Weg beschritten: Man ging auf das Landesamt für Denkmalpflege (LfD) zu. Das vertrat ebenfalls die Ansicht, dass das Thema zu sensibel für eine Studentenarbeit sei. Die Empfehlung des LfD: Der Landkreis solle Kontakt mit einem Kulturbüro aufnehmen. Ein Büro, das bereits Erfahrung mit der Umsetzung derartiger Projekte hat. Einige dieser Erfahrungen wurden beispielsweise in Willanzheim und Marktsteft gemacht, wo das Kulturbüro tätig war.

Anfang September gab es die Kontaktaufnahme, vier Wochen später folgte ein Ortstermin. Kurz darauf traf im Landratsamt eine "Ideenskizze zur Umgestaltung der Kreiskriegergedächtnisstätte" ein. Dazu eine Rechnung über gut 2400 Euro. Das Geld wurde am Montag nun von dem Ausschuss einstimmig genehmigt.

Denkmal wird baulich und inhaltlich neu ausgerichtet

Landrätin Tamara Bischof bob in Anbetracht der längeren Zeitachse hervor, dass das Thema "nicht verloren gegangen" sei. Es stehe aber "nicht vorne auf der Tagesordnung". Wie es weitergeht, blieb am Montag zwar offen. Dafür aber hatte Kreisheimatpfleger Reinhard Hüßner noch Redebedarf: Er wollte sichergestellt haben, dass das Denkmal nicht nur baulich, sondern auch inhaltlich neu ausgerichtet wird. Das bekam er zugesichert: Es gehe eben nicht nur ums Erinnern, vielmehr gehe es auch um eine in die Zukunft gerichtete Mahnung.

Das Kreiskriegerdenkmal beschäftigt das Kreisgremium nicht zum ersten Mal. Bereits um die Jahrtausendwende hatte es Streit gegeben, wer eigentlich wofür zuständig ist. Damals war es um die bauliche Bewahrung gegangen und um die Frage, in wessen Zuständigkeit das Ehrenmal falle: Stadt oder Landkreis? Regelmäßig entbrannte damals der Streit, wer denn eigentlich die Baulast trage.

Zudem gab es auch damals schon die Forderung, der Gedächtnisstätte "den Ruch nationalistischer Tendenzen und den Krieg verherrlichender Gedanken zu nehmen", wie der damalige Kreisheimatpfleger Hans Bauer ausführte. Er war es auch, der den Begriff von der "Friedenskapelle" erstmals ins Spiel brachte. 

Kreiskriegergedächtnisstätte in Marktbreit

Die kleine Marktbreiter Kapelle wird in der Denkmalliste als "Kapellenruine St. Moritz" geführt. Erste urkundlich erwähnt wurde sie 1324. Aus dem Jahr 1510 stammen die Umfassungsmauern. 1844 folgte eine Renovierung, danach verfiel die Kapelle wieder zur Ruine. Dann der Wiederaufbau 1936 und die Umgestaltung zur Kriegergedächtnisstätte des damaligen Bezirks Kitzingen. Seit November 1951 trägt die kleine Kapelle den sperrigen Namen Kreiskriegergedächtnisstätte.
Quelle: MP
 
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